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Untersuchungsausschuss Das lange Schweigen des Zeugen

Der Lotto-Untersuchungsausschuss im Landtag brachte am Freitag erstaunliche Erkenntnisse.

Von Michael Bock 14.12.2019, 00:01

Magdeburg l Knapp 90 Minuten schweigt sich der Zeuge beharrlich aus. Lutz Ostermann, externer Geldwäsche-Beauftragter für die Lotto-Toto GmbH, lässt seinen Anwalt reden. Der gilt als Experte im Wirtschaftsstrafrecht. Der Umgang mit Landtagsabgeordneten in einem Untersuchungsausschuss gehört nicht unbedingt zu den Stärken des Rechtsanwalts – wie der Verlauf der Sitzung zeigt.

Doch zunächst zum Hintergrund: Der Ausschuss geht dem Verdacht der Geldwäsche nach. 2018 investierte ein Spieler bei Oddset-Sportwetten 1,349 Millionen Euro. Und holte sogar noch mehr raus – insgesamt 1,531 Millionen Euro. Die AfD mutmaßt, die Lotto-Geschäftsführung scheine in diesem Fall nicht an einer ernsthaften Überprüfung von möglicher Spielsucht oder Geldwäsche interessiert gewesen zu sein. Lotto-Toto bestreitet das. Die Verdachtsmeldung sei der nationalen Zentralstelle für Finanztransaktions-Untersuchungen, der Fiu, gemeldet worden. Diese habe aber keine Verstöße gegen das Geldwäschegesetz festgestellt.

Der U-Ausschuss möchte sich ein eigenes Bild machen. Doch zunächst beißt das Gremium auf Granit. Der Anwalt des Zeugen beruft sich auf das Auskunftsverweigerungsrecht. Er äußert die Befürchtung, sein Mandant könnte sich durch Aussagen selbst belasten: "Ich kann mir keine Frage vorstellen, die er gefahrlos beantworten kann." Die Gefahr einer Strafverfolgung sei nicht auszuschließen.

Eduard Jantos, CDU, will allgemein etwas erfahren über die Tätigkeit eines Geldwäsche-Beauftragten. "Die Frage wird er nicht beantworten", sagt der Anwalt knapp. André Schröder, CDU, verlangt Auskunft über die vertraglichen Beziehungen des Geldwäsche-Beauftragten mit Lotto-Toto – wieder keine Antwort. Auch aus vielen harmlosen Fragen könne letztlich ein Bild entstehen, das seinem Mandanten schaden könne, belehrt der Anwalt die staunenden Abgeordneten über die "Mosaik-Theorie".

Der Ausschussvorsitzende Andreas Steppuhn, SPD, leitet die Sitzung ruhig und souverän. Er erinnert daran, dass der Ausschuss ein Recht auf Fragen habe. Werde diesem nicht nachgekommen, könnten Aussagen auch erzwungen werden.

Verbirgt sich hinter dem Schweigen womöglich mehr? Steppuhn formuliert es so: "Ich weiß nicht, ob sie der Sache einen Gefallen tun. Es entsteht ja der Eindruck, als wenn da irgendwo etwas ist. Ich halte das für sehr grenzwertig, Herr Rechtsanwalt, was sie hier vortragen." Harry Lienau, CDU, sagt, mit Antworten auf einfache Fragen bringe sich niemand in die Bredouille.

Andreas Schmidt, SPD, wundert sich, dass bei sehr allgemein formulierten Fragen ein komplettes Auskunftsverweigerungsrecht gelten solle. Der Anwalt beharrt darauf, sein Mandant habe das Recht, "dass er sich nicht in Gefahr begeben muss". Auch wenn der Ausschuss keine "fiesen Fragen" stelle, könne er seinen Mandanten nicht vor möglicher Verfolgung schützen.

Es folgt eine längere Auszeit. Danach verblüfft der Anwalt die Abgeordneten erneut: "Haben Sie sich Gedanken gemacht, wie man die Fragen so strukturieren könnte, dass mein Mandant nicht in die Gefahr einer Verfolgung gerät?" Thomas Leimbach, CDU, kontert: "Sie können keine Bedingungen stellen, mit Verlaub. Ihr Mandant muss Auskunft geben zu banalen Alltagsfragen."

Ein Vertreter aus dem Finanzministerium, welches alleiniger Gesellschafter der Lotto-Toto GmbH ist, verweist darauf, dass der externe Auftragnehmer vertraglich verpflichtet sei, an der Aufklärung von Geldwäsche-Verdachtsmomenten mitzuwirken.

Nach eineinhalb Stunden redet der Zeuge doch noch. Er bestätigt, dass es in puncto Geldwäsche "Auffälligkeiten" gegeben habe. Doch der Verdacht auf Geldwäsche habe sich letztlich nicht bestätigt: "Sonst hätte ich es ja gemeldet." Der Ausschuss wird den Zeugen voraussichtlich noch einmal anhören.