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Tag der Stimme Aus dem Leben einer Magdeburger Opernsängerin

Seit 20 Jahren gibt es den "Welttag der Stimme". Die Volksstimme stellt Menschen vor, die ihren Lebensunterhalt mit der Stimme verdienen.

Von Elisa Sowieja 13.04.2019, 01:01

Magdeburg l Undine Dreißig würde eigentlich gern mal zum FCM-Spiel gehen. Schon allein, um mit ihrem Sohn auf der Tribüne zu stehen. Doch sie lässt es lieber sein. Sie will ja nicht, dass im Eifer des Gejubels ihre Stimme baden geht. Selbst, wenn sie beim Bäcker sieht, dass die Verkäuferin eine rote Nase hat, ist sie vorsichtig. Da marschiert sie gleich wieder raus. Schließlich braucht sie ihre Stimme zum Operngesang. Dreißig gehört seit 1989 zum Ensemble am Theater Magdeburg, hat dort schon alle großen Rollen gesungen; zudem ist sie Kammersängerin – ein Ehrentitel, den ihr die Stadt verliehen hat.

Es lag also offensichtlich nicht am Talent, dass sie einst im ersten Anlauf durch die Eignungsprüfung fürs Gesangsstudium fiel. „Ich hatte zu wenig Übung. Operngesang ist zu mindestens 50 Prozent Training“, erzählt die 57-Jährige. Und dafür braucht es Geduld. Nachdem man sie beim zweiten Versuch aufgenommen hatte, dauerte ihr Studium sechs Jahre; bis sie dort bei ihrer Gesangslehrerin überhaupt mal ein Volkslied singen durfte, standen monatelang nur Übungen auf dem Plan. Atmung, Körperhaltung, Vokalbildung. Erst im dritten Studienjahr, sagt sie, klang ihr Gesang langsam nach Oper.

Wenn die Mezzosopranistin über ihren Beruf redet, spricht sie viel in Bildern. „Ich kann mein Instrument nicht sehen, also nutze ich meine Vorstellungskraft“, erklärt sie. Geht es etwa darum, wieso sie sich noch immer jedes Jahr zum Intensivtraining mit einer Gesangslehrerin trifft, vergleicht sie sich mit einem Auto, das in die Inspektion muss. Die Fachfrau – selbst das ist wie beim Wagen – findet dann auch immer etwas.

Für die regelmäßige Pflege ihrer Stimme setzt Dreißig auf simple Hausmittel: Kräuterbonbons und Tee. Würden die doch auch gegen Lampenfieber helfen. Das plagt sie bis heute, verrät sie. Kaum zu glauben, strahlen Opernsänger doch diese unerschütterliche Selbstsicherheit aus. „Auf der Bühne ist das auch so. Wenn du dort stehst und nur aus deinem Körper heraus Musik machst, wirst du dir deiner Fähigkeiten bewusst.“

Bei aller Achtsamkeit und Pflege passiert es der Magdeburgerin trotzdem ab und zu, dass sie morgens mit einer Kehlkopfentzüngung aufwacht. Manchmal singt sie dann am Abend rotzdem noch die Vorstellung. Danach ist sie aber wieder vorsichtig – und schweigt zwei Tage lang.