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Wintersport Die Pistenmacher vom Wurmberg

Mit Beschneiungsanlagen sind die 15 Pisten im Harzer Skigebiet am Wurmberg an der Landesgrenze Sachsen-Anhalts schneesicher.

Von Bernd Kaufholz 15.01.2019, 07:00

Braunlage l Fabian Brockschmidt wischt sich mit der Hand die Augen. Man sieht ihm die Müdigkeit an. Die Nacht zuvor hatten die Leute vom Skigebiet Wurmberg bei Braunlage (Niedersachsen) Schwerstarbeit zu leisten. „Die Feuchtigkeit und der kalte Wind haben den Liften zugesetzt. Wir mussten von den Rollen des CF 4 (Vierpersonen-Sessellift) das Eis mit dem Hammer abschlagen. Schließlich sollte doch heute ab 9 Uhr der Betrieb ungestört und sicher laufen.“

Brockschmidt, der 45-Jährige mit dem Namen, der eigentlich mehr zum ein paar Kilometer entfernten höchsten Berg Norddeutschlands passt, winkt ab: „Alter Spruch. Schon hundertmal gehört“.

Der Mann aus Sankt Andreasberg ist seit 2015 die „Frau Holle“ vom Wurmberg. Andere nennen ihn technischer Betriebsleiter. Und als solcher ist er dafür verantwortlich, dass Skifahrer, Snowboarder und Schlittenrutscher auch ihren Spaß haben, wenn rings um die Pisten herum der blanke Fels hervorlugt.

Vor vier Jahren hat er bei der Landeseisenbahnbehörde seine Prüfung abgelegt, nachdem er sich bereits einige Monate zuvor mit dem Job vertraut gemacht hatte. „Eisenbahnbehörde?“ Brockschmidt erklärt. „in Bayern und Österreich gibt es Seilbahnbehörden, die zuständig sind. Aber weil Niedersachsen ja nun kein ausgesprochenes Berg-Land ist, mussten wir paar Pisten-Füchse ja in irgendeine Schublade gesteckt werden. Und das waren die Eisenbahner.“

Acht Beschneier sind täglich unterwegs, um die Pisten in Schuss zu halten. Sie bedienen die 100 schlanken Schneelanzen und die 15 „dicken Bertas“, die blauen Schneekanonen.

Er sei „Beschneier mit großer Liebe zur Sache“, sagt er. Und er lasse es sich auch nicht nehmen, an jedem Morgen, bevor die ersten Wollbemützten und Skibeschuhten die Kassenhäuschen stürmen, die zwölf Kilometer der 15 Pisten zu inspizieren. Außerdem komme es gut an, wenn „der Chef selbst an der Front“ stehe, schmunzelt er.

Eigentlich ist es aber gar nicht unbedingt nötig, sich vor Ort ein Bild zu machen. Das Programm, das in der kleinen Chefbude, gleich neben dem Skiverleih, über den Computermonitor flimmert, spuckt alle Daten aus, die die Schnee-Spezialisten wissen müssen. „Jede einzelne Abfahrt ist erfasst und jede Beschneiungsanlage. Der Schneefall kann manuell gestartet werden oder automatisiert. „Die optimale Temperatur sind minus drei Grad.“

In diesem Zusammenhang verrät der Andreasberger das Geheimnis, warum Beschneier schwarze Anoraks tragen. „Wir halten einen Arm vor den Sprühnebel, der aus der Kanone schießt. Sind nach kürzester Zeit kleine Kristalle auf dem dunklen Stoff zu sehen, ist alles im weißen Bereich.“

Gleich neben der Kinderskischule ist eine mobile „Ventus“ in Betrieb. Aus den 80 Düsen kommt der „weiße Nebel“, der als Schnee zur Erde fällt. Ein paar Meter weiter steht ein „Titan“, der große Bruder, mit 200 Düsen. Brockschmidt erklärt: „Durch die Kanonen werden Schneehügel angehäuft. Dann kommt der Mensch ins Spiel. Die weiße Pracht wird gleichmäßig verteilt.“ Natürlich geschehe das nicht mit der Schippe. „Dafür haben wir unsere Pistenraupen.“

Und wie aufs Stichwort rattert die Maschine mit den Schiebeschildern heran. Am Steuer sitzt Rüdiger Meyer. Er ist nicht nur die rechte Hand vom Chef, er ist auch Freund und Musik-Kumpel. Mit einem Augenzwinkern wird der Vorarbeiter von seinen Kollegen auch der „Lakai vom Alten“ genannt.

„Nachdem wir uns kennengelernt hatten, habe ich Rüdiger erst mal eine Freundin organisiert und dann in unsere Musikkapelle aufgenommen“, erzählt Brockschmidt. Das gemeinsame Hobby, die Musik, verbinde, sagt der Vorsitzende vom „Waldarbeiter-Instrumental-Musikverein St. Andreasberg“. Ein Ensemble mit Tradition, gibt es den WIM doch schon seit 1914. Doch der Pisten-Chef ist nicht nur Vereinsvorsitzender. Er spielt zwar nicht die erste Geige wie am Wurmberg, sondern die Zugposaune, sein Spezi Rüdiger schmettert das Tenorhorn. „Die Pisten sind super, sagt ein Wernigeröder, der gerade den „Hexenritt“ heruntergebrettert ist und sich nun auf ein Wiener Schnitzel in der „Hexenritt Alm“ freut. „Meine Frau und die Kinder rodeln.“

Gespeist werden die Schneeerzeuger durch die Warme Bode, deren Wasser zum Teil in einem Teich aufgefangen werde. Drei Pumpen fördern bei Bedarf 620 Kubikmeter Wasser pro Stunde. Aus einem Kubikmeter Wasser werden fünf Kubikmeter Schnee.

„Naturschnee und der technische Schnee passen gut zueinander“, weiß Brockschmidt. „Dabei werde die Qualität in zehn Stufen eingeteilt. „Die Level neun und zehn stehen für die beste Qualität – Pulverschnee.“ Die Eins ist sogenannter Pappschnee – gut zum Schneemannbauen. Und selbst, wenn es wie zurzeit an der weißen Pracht nicht mangelt, wird beschneit, um eine optimale Mischung zu erhalten. „Gegenwärtig liegt bei uns die Schneehöhe zwischen einem halben und einem Meter“, so der technische Leiter.

Brockschmidt hört den Wetterbericht. Es werden Sturmböen vorausgesagt. „Schneesicher sind wir. aber der Wind macht uns in dieser Saison schon zu schaffen. Wir werden wohl morgen die Lifts erneut sperren müssen.“