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Reformationsjubiläum Wittenberg wegen Bettensteuer in Kritik

Das Reformationsjubiläum hat Witttenberg Rekordzahlen im Tourismus beschert. Verbände laufen Sturm gegen die neue Steuer der Lutherstadt.

23.11.2017, 12:11

Wittenberg (dpa) l Wittenberg erhebt künftig als landesweit erste Gemeinde eine Bettensteuer und erntet dafür Kritik. "Es ärgert uns, dass Touristen, die ohnehin schon Geld in Museen, im Einzelhandel und in Hotels und Gaststätten lassen, zusätzlich belastet werden", sagte der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Sachsen-Anhalt, Michael Schmidt, am Donnerstag. Die Einnahmen aus der neuen Steuer seien nicht zweckgebunden, kritisierte er weiter. "Das Geld kann zum Stopfen der Haushaltslöcher der Stadt Wittenberg genutzt werden." Der Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt sprach von einem unnötigen und unsinnigen Abkassieren.

Der Wittenberger Stadtrat hatte am Mittwochabend die Übernachtungssteuer beschlossen. Ab dem 1. April 2018 sollen für Privatreisende fünf Prozent des Übernachtungspreises fällig werden. Die Stadt rechnet für 2018 mit nahezu 120.000 Euro aus der neuen Einnahmequelle.

Dehoga-Präsident Schmidt betonte, sein Verband prüfe rechtliche Schritte gegen die Bettensteuer in Wittenberg. Er befürchte einen "Flächenbrand". Andere Kommunen könnten dem Vorbild folgen. Dabei gebe es das bewährte Instrument der Kurtaxe. Das Geld daraus müsse zweckgebunden eingesetzt werden. Der Dehoga-Bundesverband unterstützt bereits drei Hoteliers aus Bremen, Hamburg und Freiburg beim Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Damit soll grundlegend geprüft werden, ob überhaupt eine Steuer auf Übernachtungen erhoben werden darf. "Wir prüfen, ob wir uns anschließen", sagte Schmidt.

Die Bettensteuer sorgt bundesweit immer wieder für Diskussionen. Erst vor einer Woche lehnte beispielsweise der Gemeinderat von Heidelberg (Baden-Württemberg) die Einführung der Zwangsabgabe ab und entschied sich stattdessen für ein Alternativkonzept, bei dem Hoteliers unter anderem an das Unternehmen Heidelberg Marketing spenden und bestimmte Eintrittskarten teurer werden. Die Furcht vor mehr Bürokratie und negativen Auswirkungen auf den Fremdenverkehr war groß. Im mitteldeutschen Raum gibt es laut einer Übersicht des Dehoga-Bundesverbands einige Städte, die die Bettensteuer erheben. Dazu gehörten Eisenach, Erfurt, Weimar, Gera und Dresden.

Der Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt kritisierte, dass der Aufwand für die Erhebung der Steuer in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehe. Ein Teil der Einnahmen werde für zusätzlichen Verwaltungsaufwand ausgegeben. "Die Einnahmeseite wird schön gerechnet, der Bürokratieaufwand klein geredet", teilte der Steuerzahler-Bund weiter mit. Außerdem könne die zusätzliche Belastung der Besucher zu einem Imageschaden für die Stadt führen.

Insbesondere Wittenberg habe im Zusammenhang mit dem Reformationsjubiläum in den vergangenen Jahren erhebliche Fördermittel für die Verbesserung der Infrastruktur erhalten. "Die Einführung der zusätzlichen Steuer nunmehr mit dem notwendigen Aufwand für die Infrastruktur zu begründen, kann aus Sicht unseres Verbandes nur als Witz bezeichnet werden."

Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) hatte betont, die Übernachtungssteuer sei ein wichtiges Mittel für die Stadt, um in die Infrastruktur investieren zu können, die den Touristen auch wieder zugute komme. Für Übernachtungen von Geschäftsreisenden wird die neue Abgabe nicht erhoben. Über die Steuer war in Wittenberg schon mehrere Jahre diskutiert worden, auch in Form einer Kulturförderabgabe.