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Bahn sperrt Knoten Köthen für Technikmodernisierung

Die Technik im Bahnhof Köthen ist mehr als 100 Jahre alt und dringend erneuerungsbedürftig. Die Bahn baut den Knoten in mehreren Abschnitten um - und nimmt ihn dafür jetzt ein halbes Jahr vom Netz. Was bedeutet das für Bahnfahrer?

Von Franziska Höhnl, dpa 10.06.2019, 10:33

Köthen (dpa/sa) - Vertreter der Deutschen Bahn nennen den Halt in Köthen schon länger ein "lebendiges Eisenbahnmuseum". Die Technik ist an vielen Stellen schon über 100 Jahre alt. In mehreren Stufen und über viele Jahre sollen Bahnhof und benachbarte Streckenabschnitte modernisiert werden. Von Dienstag an ist der Bahnhof deshalb planmäßig ein halbes Jahr lang in fast alle Fahrtrichtungen gesperrt. Das trifft die Köthener, die wichtige Pendlerstrecke Magdeburg-Halle und wirkt darüber hinaus. Darum geht es:

Was passiert bei der Sperrung?

Mit Betriebsstart am 11. Juni (4.00 Uhr) läuft am Bahnhof Köthen alles anders. Der Fernverkehr umfährt die Kreisstadt von Anhalt-Bitterfeld komplett, beim Nah- und Regionalverkehr sind für die Züge nur die Wege von und nach Dessau offen. Das heißt für Bahnfahrer andere Fahrpläne, Umleitungen, Ersatzbusse und deshalb möglicherweise zusätzliches Umsteigen auf gewohnten Routen. Die Änderungen können den Angaben zufolge sowohl bei Abellio als auch bei der Deutschen Bahn online eingesehen werden. Kommen die Bauarbeiten in und um Köthen planmäßig voran, soll die Strecke ab 15. Dezember wieder regulär befahrbar sein.

Was bedeutet das für die Köthener?

Die Köthener können nur noch in Richtung Dessau Züge nutzen, ansonsten sind Ersatzbusse angesagt. Wer von Köthen in die beiden Großstädte will, sollte auf die Ticketpreise achten. Günstig seien Fahrten mit den angebotenen Ersatzbussen zum kleinen Bahnhof Sachsendorf beziehungsweise nach Halle, um dort in Züge umzusteigen, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Diese Wege seien von den Planern beispielsweise für Fahrten nach Magdeburg oder Halle als sinnvollste Option identifiziert und mit günstigen Preisen versehen worden. Die Verbindungsauskunft der Bahn wirft auch die Möglichkeit aus, mit dem Zug nach Dessau zu fahren und dort umzusteigen. Diese Tickets sind ein Vielfaches teurer.

Wen betreffen die Behinderungen noch?

Der Bahnhof Köthen liegt an der "wichtigsten Strecke des Landes", wie der Sprecher der landeseigenen Nahverkehrsgesellschaft Nasa, Wolfgang Ball sagt. Gemeint ist Magdeburg-Halle. Sehr viele Menschen pendeln zwischen beiden Städten täglich zur Arbeit. Sie müssen Umleitungen in Kauf nehmen. Die beiden Intercity-Linien werden über Dessau und Bitterfeld umgeleitet. Nur noch jeder zweite IC fährt hält dann auch in Halle. In der versetzten Stunde könnten Fahrgäste aber auch die eigens eingerichtete Regionalexpress-Linie 8 nutzen, wie ein Bahnsprecher sagte. Sie fährt von Halle über Dessau nach Magdeburg.

Die Fahrzeiten verlängern sich auch: Durch die Umleitung brauchen die Intercity-Züge zwischen Magdeburg und Halle laut Bahn 15 Minuten länger. Wer den RE8 nutzt, muss sogar 30 Minuten mehr einplanen.

Und auch an ungewöhnlicher Stelle wirken sich die Beschränkungen aus: Weil durch die Umleitungen so viele Züge zwischen Magdeburg und Burg unterwegs sind, fährt dort der RB 40 nicht mehr. Reisende sollen laut Bahn den RE1 Richtung Berlin beziehungsweise Magdeburg nutzen.

Was wird gebaut?

Die Bahn startet nach eigenen Angaben mit der Sanierung der überalterten Technik in und um Köthen. So wird am Bahnhof selbst die mehr als 100 Jahre alte Stellwerkstechnik ebenso ersetzt wie auf der Strecke bis Zöberitz. Dort gibt es vier Kilometer neue Gleise, 39 neue Weichen und 20 Kilometer erneuerte Oberleitungen sowie moderne Bahnübergänge in Weißandt-Gölzau, Stumdorf und Niemberg. Zudem werden zwei Eisenbahnbrücken in Wulfen und Zöberitz erneuert. Für die Arbeiten werden laut Bahn 120 Millionen Euro ausgegeben.

Was sagen Kritiker?

Aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn ist die Sperrung des Bahnknotens mit Blick auf die Maßnahmen unverhältnismäßig lang. "Der Fahrgast wird nach einem halben Jahr wieder an den Bahnhof kommen und keine Verbesserung sehen", sagt Verbandssprecher Tom Bruchholz. Ein marodes Überfahrbauwerk werde nicht angefasst und zwinge die Züge damit auch künftig kurz hinter Köthen stark abzubremsen. "Da fahren die Züge zwei Kilometer lang extrem langsam - und verlieren bis zu fünf Minuten an Zeit", so Bruchholz. Auch der in die Jahre gekommene Bahnhof selbst werde trotz langer Sperrung nicht saniert.

Wie geht es weiter?

Die Bahn will nach 2020 auch den Bahnhof modernisieren - und auch die Eisenbahnbrücken am Gelände sanieren. Auch neue Bahnsteige sind vorgesehen. Die Planungen dafür sollen demnach zeitnah starten. Konkret wird es dann aber erst ab 2022, wie die Bahn mitteilte. Auch der Abschnitt zwischen Köthen und Sachsendorf soll bei künftigen Bauarbeiten elektronische Stellwerkstechnik bekommen.

Informationen der Deutschen Bahn zum Bauprojekt

Mitteilung der Deutschen Bahn zum Bauprojekt