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Kohle-Strukturwandel: Kommunen und Haseloff beraten Projekte

Wie soll die Zukunft im Süden Sachsen-Anhalts aussehen, wenn die Kohle nicht mehr da ist? Erstmals haben die betroffenen Kommunen und die Landesregierung gemeinsam über konkrete Projekte beraten.

Von Franziska Höhnl, dpa 10.07.2020, 18:41

Hohenmölsen (dpa/sa) - Wenn es nach dem Landkreis Mansfeld-Südharz geht, dann brummt und summt es bald wieder in den alten unterirdischen Schächten, die der lange aufgegebene Bergbau als Andenken im Gebiet hinterlassen hat. Wo über Jahrhunderte hinweg Kupfer und andere Bodenschätze abgebaut wurden, könnten künftig große Datenspeicherzentren Platz haben. Das ist einer von Dutzenden Vorschlägen, die sich in einem Konzept des Kreises finden, um den Wegfall der Braunkohleförderung in der Region abzufedern.

Am Freitag trafen sich die Landräte von Mansfeld-Südharz, Anhalt-Bitterfeld, dem Saale- und dem Burgenlandkreis und der Oberbürgermeister von Halle mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), um erstmals gemeinsam zu besprechen, mit welchen Projekten die Infra- und Wirtschaftsstruktur im Mitteldeutschen Revier verbessert werden soll.

Die ersten Ideen sollen noch in diesem Jahr umgesetzt werden, wie Regierungssprecher Matthias Schuppe nach dem Treffen in Hohenmölsen sagte. Aus den langen Katalogen mit Ideen sollen die Kommunen in den nächsten Wochen jeweils drei auswählen, die sich schnell umsetzen lassen und spätestens nächstes Jahr starten können.

Erste Vorschläge sind schon bekannt und betreffen vor allem den Ausbau von Industriegebieten und Forschungsmöglichkeiten. So wollen Halle und der Saalekreis in Merseburg ein Zentrum aufbauen, in dem an den Grundlagen für Chemie, Energie und Logistik sowie für digitale Helfer in der Medizin und Pflege geforscht werden können, wie beide Kommunen mitteilten. In Halle soll ein Gewerbegebiet entstehen, das die Voraussetzungen für klimaneutrale Produktion erfüllt. Der Kreis Anhalt-Bitterfeld will zunächst den Mulderadweg bei Bitterfeld-Wolfen sanieren - auch, damit Pendler zum Chemiepark besser mit dem Rad ans Ziel kommen.

Der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich, verwies darauf, dass die Strukturhilfe in erster Linie in den Kern des Reviers rund um Zeitz fließen solle. Sein Kreis will unter anderem im Industriepark Zeitz eine Werksfeuerwehr etablieren. Das erweitere den Kreis der Industrien, die sich ansiedeln könnten, sagte der CDU-Politiker. Es gebe schon mehrere Interessenten. Auch alte Industrieflächen in Zeitz sollen geräumt und so wieder nutzbar gemacht werden.

Tatsächlich ist die Mibrag mit Sitz und Tagebau vor allem im Burgenlandkreis aktiv. Die wichtigen Chemiestandorte mit der Total-Raffinerie in Leuna und dem Chemiepark in Bitterfeld liegen im Saalekreis und in Anhalt-Bitterfeld. Trotzdem wurden auch der besonders strukturschwache Landkreis Mansfeld-Südharz und die besonders verschuldete Großstadt Halle in den Kreis der Kommunen aufgenommen, die Kohle-Hilfen bekommen können.

Vor einer Woche beschlossen Bundestag und Bundesrat, dass spätestens 2038 Schluss sein soll mit dem Verbrennen von klimaschädlicher Kohle. Das trifft dem Burgenlandkreis und die Region, wo der Kohleförderer Mibrag ein wichtiger Arbeitgeber ist. Damit das Revier ohne seinen fossilen Brennstoff nicht abgehängt wird, soll Sachsen-Anhalt Bundeshilfen von bis zu 4,8 Milliarden Euro bekommen, um die Folgen des Kohle-Ausstiegs in der Region abzufedern. Rund 84 Millionen Euro pro Jahr kann das Land nach seinen eigenen Vorstellungen verplanen, beim Rest entscheidet der Bund.

Dabei geht es auch um eine bessere Bahnanbindungen der Region in Richtung Leipzig und um den Ausbau von leistungsfähigem Breitband und Mobilfunk. Viele dieser Vorschläge müssen noch länger geplant werden, einige sind nur erste Vorschläge. So wie die Idee aus Mansfeld-Südharz, in den verlassenen Bergbaustollen riesige Rechenzentren aufzubauen.

Die Vorteile lägen auf der Hand, heißt es im "Masterplan" aus Mansfeld-Südharz: "Tief im Untergrund gelegen, sind diese Bergbautunnel hervorragend geschützt vor äußeren Witterungseinflüssen, Temperaturschwankungen oder terroristischen Angriffen." Ob aus der Idee etwas wird, ist völlig offen, doch anderswo ist sie schon Realität: So habe etwa der Internetriese Google in Finnland ein unterirdisches Rechenzentrum geschaffen. Weitere Beispiele gebe es aus Island oder Norwegen.