Finanzielles Minus Goldschmiede der Reiter vor Olympia in der Krise
Die Deutsche Reiterliche Vereinigung gilt als Medaillen-Garant. Doch vor den Olympischen Spielen in Paris hat der Verband Probleme. Kann das gut gehen?
Warendorf - Der Präsident ist schon weg, der Finanz-Geschäftsführer ebenso. Und auch der Generalsekretär geht bald. Nur das Loch in der Kasse, das bleibt. Kurz vor den Olympischen Spielen präsentiert sich die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) in einem erbärmlichen Zustand. Der Verband, der wegen der vielen gewonnenen Medaillen auch Goldschmiede genannt wird, steckt in einer personellen und finanziellen Krise.
„Das ist eine schwere Zeit, das ist unbestritten“, sagte Sport-Geschäftsführer Dennis Peiler der Deutschen Presse-Agentur. „Gerade vor den Olympischen Spielen potenziert sich das.“ Die unübersehbare Krise „geht am Team sicher nicht spurlos vorüber“.
Unerwartet hohes Minus
Spätestens seit April sind die Probleme offensichtlich. Die FN hat im abgelaufenen Geschäftsjahr ein unerwartet hohes Minus verbucht, wie sie damals mitteilte: Statt der geplanten 450.000 Euro beträgt das Defizit 976.000 Euro. Der Finanz-Geschäftsführer musste gehen - und wehrt sich nun juristisch.
Bei der folgenden Mitgliederversammlung in Dresden ging es turbulent zu. Mehrere Funktionäre erhielten keine Entlastung. Bei der außerordentlichen Sitzung des Verbandsrates gab es anschließend ein ähnliches Ergebnis. Präsident Hans-Joachim Erbel trat daraufhin ebenso zurück wie Finanzkurator Gerhard Ziegler.
Generalsekretär zögert mit Rücktritt
Generalsekretär Soenke Lauterbach versuchte, sich im Sattel zu halten - und hielt dem Druck nur wenige Tage stand. Der Jurist hatte das Gefühl, „dass ich zunehmend zur Belastung für die FN geworden bin“. Lauterbach kündigte daher vergangene Woche seinen Vertrag zum 30. September und sagte weiter: „Das Vertrauen in meine Person hat massiv gelitten, und die Kritik am Verband hat sich in den letzten Wochen immer mehr auf meine Person zugespitzt.“
Von vier Geschäftsführern bleiben also nur noch zwei. Einer davon ist Sportchef Dennis Peiler, der nun die FN-Delegation in Paris anführt und trotz der Turbulenzen auf ein ähnliches Ergebnis wie zuletzt in Tokio hofft. Drei goldene Medaillen gab bei sechs Reitsport-Entscheidungen, dazu eine silberne. Offizieller Zielkorridor für Paris seien drei bis fünf Medaillen, sagte Peiler. „Das ist ambitioniert, aber realistisch.“
Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl gehört wieder zu den Topfavoritinnen in der Dressur. Auch die Vielseitigkeits-Mannschaft um den dreimaligen Olympia-Sieger Michael Jung, die am Samstag erstmals an den Start geht, gehört zu den Medaillen-Kandidaten.
Welche Rolle das Chaos am Verbandssitz in Warendorf bei den Spielen in Paris spielt? Er sei optimistisch, „dass es uns gelingt, das vom Team weitestgehend wegzuhalten“, betonte der Sport-Geschäftsführer. Das sehe er „als Aufgabe der Teamführung, das ist auch meine Aufgabe“, betonte Peiler. Zudem seien Reiter und Reiterinnen „Profis, die so etwas bestmöglich ausblenden können. Sie waren schon alle in Ausnahmesituationen.“
Schwierige Zukunft
Auch wenn sich der sportliche Erfolg wie erhofft einstellt und die Medaillenjagd für knapp zwei Wochen alles andere in den Hintergrund rückt, steht der Verband vor schweren Zeiten. Es ist einiges zu erledigen. Die Geschäftsführung muss neu aufgestellt, ein neuer Generalsekretär gefunden werden. Ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht steht an. Ein neuer Präsident muss gefunden werden, Wahlen sollen noch in diesem Jahr stattfinden. Und dann ist da noch das Minus in der Kasse, das irgendwann auch noch ausgeglichen werden muss.