1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Kneer wird zur tragischen Figur

Handball-Bundesliga Geburtstagskind macht in Göppingen acht Tore, aber auch entscheidenden Fehler Kneer wird zur tragischen Figur

Von Janette Beck 21.12.2012, 01:28

47 Stunden Zeit blieben den Handballern des SC Magdeburg nach der 26:28-Niederlage in Göppingen, um Kraft für das heutige Spiel beim TSV Neuhausen zu tanken. So musste auch das Geburtstagsbierchen für Stefan Kneer verschoben werden. Was dem "tragischen Helden" des Spiels (O-Ton Trainer Frank Carstens) ganz lieb war: "Es gibt keinen Grund zu feiern."

Göppingen l Stefan Kneer lag am späten Abend seines 27. Geburtstages auf dem Boden. Seine Schwester, die mit Familie und Freunden zum Spiel nach Göppingen gereist war, leistete seelische Aufbauarbeit für das Bruderherz und gab auch gleich noch Hilfestellungen beim Dehnen. Um die Stimmung etwas aufzuheitern, "schimpfte" sie über die am Hacken etwas ausgedünnten Sportstrümpfe: "Wenn das Mutti sieht, was du hier für Socken anhast."

Die Bemerkung konnte Stefan Kneer nur ein müdes Lächeln abringen. Nicht, dass der Rückraumspieler des SCM am Boden zerstört war, dazu gab es aus statistischer Sicht trotz der knappen Niederlage eigentlich keinen Grund. Aber er war "enttäuscht, dass wir uns wieder einmal mit leichten Fehlern selbst im Weg gestanden haben". Dabei war der von Bundestrainer Martin Heuberger fest für die WM gesetzte Nationalspieler mit acht Toren überragender Schütze des SCM gewesen. Damit hatte er auch nach Meinung von Frank Carstens "uns lange im Spiel gehalten".

Dennoch sei Goalgetter Kneer "so etwas wie der tragische Held gewesen", konstatierte der Coach mitfühlend, "denn mit seinem Ballverlust in der entscheidenden Schlussphase", als Magdeburg die Chance auf den 25:25-Ausgleich hatte (58.), habe sein Schützling den Gastgebern die Chance zum Sieg in die Hände gespielt. Und diese ließen sie sich nicht mehr nehmen.

Und so haderte das Geburtstagskind mit sich, der in der 45. Minute nicht weiter ausgebauten 21:19-Führung, der Niederlage und dem damit vermasselten Geburtstagsgeschenk. "Ein Sieg war alles, was ich mir gewünscht habe. Aber es war dieser eine Fehler zu viel, und wir haben verloren. Das tut mir auch für meine Leute leid, die in Sinzheim ja nicht gerade um die Ecke wohnen, sich aber auf den Weg gemacht haben, um mich zu überraschen."

Während Kneer noch Zeit brauchte, um die Niederlage zu verdauen, war der torlos gebliebene Bartosz Jurecki schon dabei, den Hebel umzulegen. Dabei hatte er sich eben noch an der Seite auf Strümpfen ausgelaufen und dabei wild gestikulierend auf Spielmacher Stian Tönnesen eingeredet. Anscheinend ging es gerade darum, warum die legendäre "Achse" an diesem Abend nicht zum Tragen gekommen war. "Für mich gab es keinen Platz, für Stefan dafür umso mehr, und er hat das ja auch hervorragend genutzt." Dass dies nur Minuten später bereits abgehakt war und sich der Blick schon wieder nach vorne richtet, wurde bei der Antwort auf die Frage deutlich, ob die Mannschaft Kneer doch noch irgendwann hochleben lassen würde.

"Abgesehen davon, dass Alkohol ohnehin tabu sei, weil wir schon das Spiel in Neuhausen vor der Brust haben, heben wir uns das Geburtstagsbierchen für die Rückfahrt nach Magdeburg auf. Nach einem Sieg schmeckt es sowieso viel besser." Ein doppelter Punktgewinn heute Abend in Tübingen (19.45 Uhr) wäre es auch, was Kneers Stimmung nach dem verregneten Geburtstag aufhellen würde: Kneer: "Wir sind Neunter, Neuhausen auf Tabellenplatz 15. Also egal wie, wir müssen dort gewinnen. Die zwei Punkte sind für uns absolute Pflicht." Und dann wird gefeiert...