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Fußball „Der Tod für den Amateursport“

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) hat den Spielbetrieb bis zum Jahresende ausgesetzt.

Von Tobias Zschäpe 23.11.2020, 23:01

Salzlandkreis l Dieser Beschluss gilt für alle Alters- und Spielklassen im Landes- und Kreisspielbetrieb der Jugend, der Frauen und der Herren. Der kommissarische FSA-Präsident Frank Hering erklärte dazu: „Nach der Bund-Länder-Konferenz der vergangenen Woche gibt es aktuell keine Anhaltspunkte dafür, den Spielbetrieb im Dezember fortzuführen. Aufgrund der weiter steigenden Infektionszahlen ist dies kein realisierbares Ziel und mit dieser Entscheidung schaffen wir Klarheit unabhängig von den politischen Entscheidungen.“ Wie die Vereine in der Region diese Entscheidung einschätzen und welche Folge sie für den Amateursport im Salzlandkreis hat, dazu haben wir uns bei den Trainern und Verantwortlichen umgehört.

Unvorbereitet getroffen hat die Entscheidung bei den Vereinen auf Landesebene niemanden. „Es ist im Endeffekt die richtige und vernünftige Entscheidung für alle – sowohl für die Vereine und Sportler als auch aus gesundheitlicher Sicht“, hält Michael Buschke, Trainer von Fußball-Landesklassist SV Förderstedt fest. Und auch Thomas Sauer, Coach bei Landesliga-Vertreter Union 1861 Schönebeck schlägt in die gleiche Kerbe. „Mir war schon klar, dass der Teil-Lockdown verlängert wird, denn die Fallzahlen sind nicht nach unten gegangen. Natürlich sind wir traurig, dass wir unserem Hobby nicht nachgehen können. Aber es ist auch verständlich.“

Ohnehin hatten die wenigsten Vereinsvertreter zu Beginn des zweiten Lockdowns und der damit verbundenen neuerlichen Spielpause im Amateursport damit gerechnet, dass es nach nur vier Wochen weitergehen würde. Schnell wurden Stimmen laut, dass einerseits der kurze Zeitraum kaum ausreichen würde, um eine merkliche Eindämmung des Corona-Virus zu erreichen. Zum anderen sei auch der darauf folgende Kaltstart kaum umsetzbar. Entsprechend skeptisch sind die Übungsleiter auch mit Blick auf einen Start am 16./17. Januar, wie es vom FSA-Präsidium angedacht ist.

Als „sportlich“ bezeichnet Buschke die 14-tägige Vorbereitungszeit, sollte mit Beginn des neuen Jahres wieder Training möglich sein. „Zweimal die Woche Laufen ersetzt sicher nicht das Pensum eines Punktspiels, sodass ich es kritisch sehe, so kurzfristig einzusteigen.“ Patrick Stockmann von Landesligist SV 09 Staßfurt wird noch deutlicher. „Ich bin nicht für einen Start im Januar, weil vorher kein beziehungsweise nur wenig Training möglich ist. Zwei Wochen reichen einfach nicht aus. Bei den Verbandsligisten ist man da wohl anderer Meinung, aber der FSA hat in der Videokonferenz der Landesligisten am vergangenen Wochenende auch angekündigt, dass verschiedene Szenarien möglich sind.“

Somit könnte die Verbandsliga, bei der noch einmal vier Partien mehr absolviert werden müssen als in der Landesliga, eher starten, wenn sich alle Vereine einig sind. Doch Einigkeit herrscht auch im Salzlandkreis nicht in allen Belangen. Marcel Würlich, Trainer der TSG Calbe in der Landesklasse IV, würde sich – anders als Buschke und Stockmann – über eine Saisonfortsetzung im Januar freuen. „Wir hoffen natürlich, dass wir im Januar zurück auf den Platz können. Wir sind Hobbykicker und betreiben das Ganze aus Spaß an der Freude. Die Jungs sind so ehrgeizig, dass jeder selbst darauf achtet, dass er sich fit hält.“ Einen Trainingsplan für die freie Zeit hat er seinen Spielern nicht mit auf den Weg gegeben. „Ich bekomme schon mit, wenn einer nichts macht“, lacht der TSG-Übungsleiter.

Anders handhabt das Union-Trainer Sauer. „Die Mannschaft hat von mir ein paar Aufgaben bekommen für die spielfreie Zeit. Zwei mal die Wochen sollen sie laufen gehen, um die Grundfitness zu halten, da die Winterpause deutlich verkürzt wird. Ob wir allerdings im Januar wirklich wieder spielen können, steht noch in den Sternen.“ Neben schwierigen Witterungsverhältnissen, welche die Plätze unbespielbar machen könnten, ist vor allem die Entwicklung der Corona-Fallzahlen entscheidend, wann es weitergehen kann.

09-Coach Stockmann sieht genau in dieser Ungewissheit einen Risikofaktor für den Amateursport. Da bereits die zweite Saison „verkorkst“ ist, hofft der Übungsleiter auf eine langfristige Lösung, damit sich so etwas nicht jedes Jahr wiederholt. „Gerade bei den etwas älteren Spielern, die eine eigene Familie haben und an den freien Wochenenden nun sehr viel Zeit mit ihrer Frau und den Kindern verbringen können, muss man schauen, ob sie sich danach noch motivieren können und überhaupt wiederkommen. Wir brauchen eine zündende Idee, sonst ist die aktuelle Situation langfristig der Tod für den Amateursport.“

Gesicherte Aussagen über eine Saisonfortsetzung kann aktuell allerdings niemand machen. Klar ist nur, dass jede Entscheidung durch den Landesverband ein geteiltes Echo hervorrufen wird. „Es wird immer Befürworter und Gegner geben, egal was beschlossen wird“, hält auch Staßfurts Trainer Stockmann fest. „Ich habe mittlerweile aufgehört, die Entscheidungen für gut oder schlecht zu befinden und sehe es einfach realistisch. Ändern können wir es eh nicht.“

Doch wie kann die Spielzeit beendet werden, wenn mit jeder Woche mehr Partien ausfallen, die irgendwann nachgeholt werden müssen. Auch hier gehen die Meinungen auseinander. Während Stockmann beispielsweise eine Wertung nach dem Absolvieren aller Spiele der Hinrunde favorisiert, stößt diese Lösung nicht überall auf Wohlwollen. Union-Trainer Sauer hält diesen Ansatz für falsch und erklärt: „Es wäre wünschenswert, dass wir die Saison mit allen Mitteln zu Ende spielen.“

Auch Förderstedts Trainer Buschke sieht keine andere Lösung, merkt aber auch an, dass ein Re-Start am 16. Januar, wie durch den FSA angedacht, nicht für alle Vereine möglich ist. „Wenn die Plätze im Januar nicht bespielbar sind, geht es noch später los. Das heißt, der Spielplan wird noch engmaschiger. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass wir im Drei-Tage-Rhythmus spielen, wie vor ein paar Jahren schon mal, um alle Partien über die Bühne zu bringen.“