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Handball Effektivität schlägt Leidenschaft

Trotz ansprechender Leistung kassierte Oberligist HV Rot-Weiss Staßfurt gegen die SG LVB Leipzig eine 25:28-Niederlage.

Von Enrico Joo 18.03.2018, 23:01

Staßfurt l In der wieder einmal bedrückenden Stunde fand auch die Frohnatur Sven Liesegang schon so kurz nach dem Spiel wieder zu einem kleinen Lächeln. Auch wenn da eine ganze Menge Ironie mitschwang. Im Duell Schlusslicht gegen Tabellenführer in der Mitteldeutschen Oberliga – also HV Rot-Weiss Staßfurt gegen die SG LVB Leipzig – wurde Leipzigs Trainer Enrico Henoch in der Pressekonferenz nach dem Spiel gerade nach den Trainingsumfängen in Leipzig gefragt. „Wir trainieren viermal abends und viermal früh“, erzählte Henoch freimütig. Und Staßfurts Coach Liesegang ging ein deutlich sichtbarer Schmunzler über die Lippen. Die Augenbrauen hatte er hoch gezogen.

Will man wissen, warum die Staßfurter am Sonnabend bei der 25:28 (10:13)-Niederlage gegen die SG LVB die fünfte Pleite am Stück kassierten, muss auch viel über die Bedingungen geredet werden. Denn bei Lichte betrachtet trafen da am Sonnabend zwei Welten aufeinander. Nicht unbedingt von den spielerischen Qualitäten her, aber ganz bestimmt von den unterschiedlichen Voraussetzungen, die viel erklärten. Auch wenn das freilich keiner mehr hören will: Die Trainingsbeteiligung beim HV Rot-Weiss ist aus nachvollziehbaren Gründen nicht gut. „Bei uns gehen eben alle arbeiten“, sagte Liesegang. Und es wird nur halb so oft wie in Leipzig trainiert.

Was aber nicht heißt, dass sich die Staßfurter trotz des drohenden Abstiegs nicht voll reinknallen würden. So auch am Wochenende. Die doch wieder zahlreichen treuen Fans rieben sich nämlich in der ersten Halbzeit die Augen. Mit effektivem Spiel aus dem Positionsangriff wischten die Staßfurter die Favoritenstellung der Leipziger vom Tisch. 4:3 führte Staßfurt in der 10. und 7:5 in der 15. Minute. Bis zum 9:8 (23.) gab Rot-Weiss den Ton an.

Und dann lief es doch wieder wie immer: Staßfurt vergab ein paar leichtfertige Chancen, rannte sich ohne Plan zu sehr in der Deckung fest, während der Gegner mit beispielloser Effektivität den Bodestädtern Stück für Stück den Zahn zog. „Es war gar nicht ein so schlechtes Spiel von uns“, meinte Nils Hähnel nach der Partie. „Die Deckungsarbeit war gut. Aber in den entscheidenden Momenten haben wir Leipzig nicht unter Druck gesetzt, freie Würfe vergeben und uns zu viele technische Fehler geleistet.“

Was System hatte. Denn viele Spielzüge kann Staßfurt wegen der Trainingsproblematik gar nicht bis ins Detail durchproben. „Es ist das alte Lied“, sagte Liesegang. „Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen. Nachdem wir die Leidenschaft zuletzt etwas vermissen lassen haben, war das vor allem in der ersten Halbzeit gegen Leipzig viel besser. Aber in den engen Phasen kamen die Fehler. Da hätte ich mir ein bisschen mehr Kopf, ein bisschen mehr Struktur gewünscht. Manchmal fehlt das Abgezockte.“

Vor allem: Die Gäste machten keine Fehler, spielten ihre Angriffe permanent konsequent bis zum Torerfolg zu Ende. Oder wie es Liesegang ausdrückte: „Leipzig ist wie eine Spitzenmannschaft aufgetreten.“ Jeder sah, dass nicht ein Angriff beim Gastgeber dem Zufall überlassen war. 14:10 führte Leipzig in der 32. Minute, 21:16 in der 42.. Zwar kam Staßfurt noch einmal auf drei Tore heran (18:21, 45.), aber wirklich zittern musste Leipzig nicht mehr. So gab es ein „normales Ergebnis“, so Liesegang, wobei die Gastgeber am Ende den 21:28-Rückstand noch in ein 25:28 verwandelt hatten.

Nein, keiner ließ sich hängen. „Wir müssen jetzt alles mobilisieren“, sagte Liesegang. „Eines verspreche ich: Die Mannschaft wird bis zum Schluss alles geben.“ Das ist sie den Fans und sich selbst schuldig. Ein würdevoller Abschied aus der Oberliga ist das Mindeste, auch wenn der Abstieg noch nicht zu 100 Prozent feststeht. Und es gibt ja noch kleine Ziele. „Jetzt wollen wir nicht Letzter werden“, sagte Tobias Ortmann. Schlusslicht Staßfurt ist punktgleich mit Glauchau. In vier Wochen spielen die Teams gegeneinander. Das ist also durchaus ein realistisches Unterfangen. Dafür gilt es die Ärmel hochzukrempeln.

Staßfurt: Tuchen, Schliwa – Hoffmann, Fanselow (2), Zimnick, Ortmann, Ernst (1), Retting (4/1), Jacobi (7), Steinbrink, Frank, Schöne (1), Hähnel (8), Tiganasu (2)

Siebenmeter: Staßfurt 2/1 – Leipzig 4/4 Zeitstrafen: Staßfurt 4 – Leipzig 1