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Rudern Apruptes Ende des Trainingslagers

Die Corona-Pandemie zwingt derzeit alle Sportler zur Wettkampfpause, auch die Talente von den Sportschulen sind im Homeoffice „gefesselt“.

Von Ingolf Geßler 23.04.2020, 07:45

Wernigerode l Nach Kanusportlerin Annette Wehrmann aus Ilsenburg gibt nun auch Ruder-Talent Elena Carius aus Wernigerode einen Enblick in ihren etwas ungewohnten Tagesablauf.

Auch für Elena Carius, die für den SC Magdeburg startet, normalerweise das Sportgymnasium besucht und in der Kaderabteilung Rudern sechs Tage die Woche in Magdeburg trainiert, hat mit der Coronakrise der Saisonverlauf eine gefühlte Vollbremsung hingelegt. Die 16-jährige Wernigeröderin, die als Quereinsteigerin aufgrund ihrer Athletik innerhalb der Schule erst vor knapp drei Jahren gesichtet wurde und so zum Rudern kam, hört mittlerweile zum festen Stamm des A-Junioren-Kaders beim SC Magdeburg.

Bereits im ersten Jahr wurde sie mit ihrer Partnerin Vize-Landesmeisterin, im letzten Sommer gewann die Harzerin im Vierer mit Steuermann Bronze bei den Deutschen Jugendmeisterschaften. Über den Winter und für dieses Jahr richtete sich die tägliche Trainingsarbeit voll und ganz auf die Teilnahme bei der Junioren-Weltmeisterschaft im August in Slowenien. Doch die wurde bereits abgesagt, ebenso wie alle nationalen und internationalen Regatten, an denen die Trainingsgruppe teilnehmen wollte.

„Da Rudern in erster Linie eine Kraft-Ausdauer-Sportart ist, werden die konditionellen Grundlagen entscheidend durch intensives Training im Winter gelegt. Das Pensum ist hoch und kräftezehrend. Wer das nicht wirklich will oder liebt, sollte es lieber lassen. Denn das Training bedeutet in erster Linie viele Trainings­kilometer und -stunden auf dem Ruder-Ergometer, viel Laufen, viel Radfahren, im Winter auch Schwimmen und aufbauende Kraft- und Athletikeinheiten. Aber auch Yoga und andere Fitnessformate fließen regelmäßig ein. Sollte das Wetter es zulassen, geht es natürlich bis an die Null-Grad-Grenze auch auf’s Wasser, um technische Abläufe und die Koordination mit dem Partner im Boot in etlichen Trainingskilometern zu trainieren“, gibt Elena Carius einen Einblick in ihr Trainingspensum.

Bereits im Februar stand das erste konditionell geprägte, zweiwöchige Trainingslager in Sachsen in einem Ski-Sportzentrum an, bevor es eine Woche später für drei Wochen nach Kroatien zum ersten Ruder-Trainingslager ging. Erstmals wieder richtig auf‘s Wasser, erstmals konstantes Training mit ihrer neuen Partnerin, die normalerweise in Dresden trainiert und mit der sie alle Regatten bestreiten sollte. Doch dann kam Corona und die für den 14. März geplante Rückfahrt musste überstürzt bereits einen Tag früher erfolgen, weil plötzlich unklar war, ob man überhaupt noch die Grenze nach Österreich passieren konnte. So traf man des nächtens in Magdeburg ein, wo bereits das Sportinternat sowie das Bootshaus geschlossen wurden.

Ein Trainingslager fand so ein abruptes Ende und am nächsten Tag saßen die fünf Athleten plötzlich daheim, was ungewohnt war, wenn auch erstmal schön, da man durch das hohe Trainingspensum normalerweise eher nie oder nur selten zuhause ist. „Der Landestrainer hat uns dann sofort noch mit Ergometern und unseren Rennrädern versorgt, damit der Trainingseffekt nun nicht völlig verloren geht. Er steht täglich mit uns per Videochat und Messenger im Kontakt, arbeitet weiter individuelle Trainingspläne aus, die wir nun von Montag bis Samstag umsetzen“, berichtet Elena Carius.

Über die Fitnessuhren werden die täglichen Belastungsdaten per App ausgewertet und individuell nachgesteuert. Vormittags stehen meist bis zu zwei Stunden Einheiten auf dem Ruder-Ergometer an, danach Dehnungsprogramme, am Nachmittag meist mehrstündiges Laufen oder Radfahren auf dem Rennrad durch den Vorharz. Dazwischen werden Hausaufgaben im Homeschooling gemacht.

„Einzig das aufbauende Krafttraining kann daheim nur mit dem Eigengewicht erfolgen, was nicht so schön ist, da hier keine steigernde Entwicklung erfolgen kann. Wichtig für uns ist sicherlich auch die mentale Unterstützung durch den Trainer, denn eigentlich fehlt nach den Absagen aller Rennen ein greifbares Ziel. Auch das wir uns nicht direkt sehen, zusammen trainieren und unterstützen können, ist manchmal nicht so einfach“, so die junge Sportlerin.

„Vielleicht geht in zwei Wochen für uns auch wieder die Schule los und wir können dann in Magdeburg, sicher unter geschützten Bedingungen, wieder trainieren. Das, und dass der internationale Ruderverband vor wenigen Tagen die Planung einer Europameisterschaft im September in Belgrad plant, gibt neuerdings wieder Hoffnung, allmählich zu gewohnten Routinen zurückkehren zu können und zu wissen, wofür man sich täglich quält“, sagt Elena lächelnd und skullt weiter durch den Garten – denn die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt.