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Handball Nordhorn für Weber eine Dauerlösung

Robert Weber, der zehn Jahre für den SC Magdeburg um Punkte kämpfte, könnte nun mit Nordhorn-Lingen von einem Saisonabbruch profitieren.

Von Anne Toss 14.04.2020, 01:01

Magdeburg l Zwei Abende hat es seit dem vergangenen Juni gegeben, an denen Robert Weber intensiv an den SC Magdeburg gedacht hat. Und zwar – zwangsläufig – am 4. September, als er erstmals im Trikot von Nordhorn-Lingen in die Getec-Arena zurückkehrte und „Tausende Zuschauer aufgestanden sind und applaudiert haben. Das war sehr emotional“, berichtet er. Und am 27. Februar, als ihm mit dem Underdog ein Sieg bei den Füchsen Berlin gelang. Auch dank seiner 14 Tore und einer makellosen Trefferquote. „Danach haben meine Frau Lisa und ich viele Nachrichten aus Magdeburg bekommen. Die Niederlage der Füchse hat dort einige gefreut“, sagt Weber mit einem breiten Lächeln.

Der SCM ist weiterhin ein Teil im Leben des Robert Weber. Wenn auch nur noch ein recht überschaubarer. Distanziert beschreibt das Verhältnis wohl ganz gut. Nach zehn Jahren in Magdeburg, einer nicht ganz geräuschlosen Trennung und einem geplatzten Wechsel nach St. Gallen ist der 34-Jährige mit seiner Familie im niedersächsischen Nordhorn wieder zur Ruhe gekommen. Und das könnte auch auf Dauer so bleiben.

Denn: Seinen Vertrag hat Weber schon im Dezember vorzeitig bis 2023 verlängert. „Das Gespräch hat zehn Minuten gedauert, am nächsten Tag habe ich unterschrieben“, erzählt Weber rückblickend: „Meine Leistung hat gepasst und ich habe hier die Möglichkeit, dabei zu helfen, etwas aufzubauen.“ Und damit meint er auch die Zeit nach seiner sportlichen Karriere. Obwohl Weber hier nicht weiter ins Detail gehen will, könnte er in Zukunft wohl „Vereinstätigkeiten“ übernehmen. Eine Rückkehr nach Österreich ist somit „aktuell annulliert“.

Derweil verdichten sich die Anzeichen, dass ein Saisonabbruch in der Handball-Bundesliga immer wahrscheinlicher wird. In diesem Fall gäbe es keine sportlichen Absteiger. Nordhorn-Lingen, mit 4:50 Punkten abgeschlagenes Schlusslicht in der Tabelle, der große Gewinner der Corona-Krise?

Weber macht keinen Hehl daraus, dass das für ihn und seine Teamkollegen einem Geschenk gleichkommen würde. Begeistert klingt er über diese Vorstellung allerdings nicht. „Wir wollen die Liga eigentlich spielerisch halten, die Chance ist rein rechnerisch auch noch da. Obwohl das natürlich verdammt schwierig wird“, sagt der Rechtsaußen. Wird die Spielzeit jedoch abgebrochen – „dann hat es kein Verein mehr selbst in der Hand“, bedauert Weber. Und das nicht nur mit Blick auf den Abstieg, sondern auch auf die Meisterschaft.

Im Moment sei er vor allem froh darüber, dass er die Entscheidung nicht treffen muss. „Egal, was passiert – allen kannst du es sowieso nicht recht machen.“ Er wirbt dafür, „auch mal mehr den Menschen zu sehen“. Gerade halten sich alle Profis so gut es geht individuell fit – „wenn es jetzt zu schnell wieder losgeht und sich alle reihenweise verletzten – das will doch auch keiner haben“, sagt Weber. „Vielleicht ist es dann wirklich am besten, wenn man im Sommer neu beginnt.“

Vorerst aber hat Weber keine andere Wahl, als weiter der Dinge zu harren. Langweilig wird’s ihm dabei nicht. Sohn Lio (6) wird im Sommer eingeschult, Familie Weber hat ein Haus gekauft, ist gerade dabei, es auszubauen. Es gibt genug zu planen, zu tun – auch deshalb kam wohl die Überlegung auf, kürzerzutreten. Abstriche wollte Weber bei der österreichischen Nationalmannschaft machen, aber: „Trainer Ales Pajovic hat mir verboten, aufzuhören“, sagt Weber und lacht.

Bei der Europameisterschaft im Januar, die zu Teilen ja auch in seinem Heimatland ausgetragen wurde, landete die Auswahl auf dem achten Platz. Das beste Endrundenergebnis in der Geschichte des Österreichischen Handball-Bundes. Trotzdem: „Ich war etwas sauer darüber“, meint Weber. „Wir sind erhobenen Hauptes aus der EM gegangen. Aber wenn wir mal einen Schritt weiterkommen wollen, müssen wir eine der großen Mannschaften schlagen.“ Das Rücktritts-„Verbot“ seines Trainers in allen Ehren – es ist zu großen Teilen der eigene Ehrgeiz, der Weber immer noch antreibt.

Auch in Nordhorn. Schon der Start war eine Herausforderung. Trainer Heiner Bültmann legte während der Vorbereitung aufgrund eines Erschöpfungssyndroms sein Amt nieder. „Darauf folgte ein Auf und Ab“, sagt Weber, „wir konnten immer wieder zeigen, dass wir mithalten können. Aber es hat meistens an Erfahrung gefehlt.“ Allein mit einem Marko Bezjak als Spielmacher, meint Weber mit einem Lachen, „hätten wir mehr Punkte geholt“.

So aber stellte sich am Ende des Tages heraus, „dass es eben nicht so funktioniert wie noch in der 2. Liga. Man muss – auch im Training – mehr geben, härter und einfallsreicher spielen. Bis sich diese Erkenntnis eingestellt hat, hat es einfach zu lange gedauert“, bilanziert Weber. Nach all diesem Trubel und der Ungewissheit freut er sich deshalb besonders auf eines: „Endlich wieder in Ruhe arbeiten zu können.“