Boxen Nach Eklat am SES-Abend: Steinforth unterstützt Ermittlungen
Schöne Kämpfe, bitteres Nachspiel: SES-Promoter Ulf Steinforth will bei der Suche nach den Tätern helfen. Nach jenen Menschen, die einen Schatten auf seinen 150. Kampfabend geworfen haben.

Magdeburg - Kevin Johnson beeindruckte nicht nur während des Kampfes zum Beispiel mit seiner ansatzlosen Linken, er beeindruckte auch durch seine Fairness und Lässigkeit nach dem letzten Gongschlag. Erst umarmte er freundschaftlich den Sieger, dann applaudierte er dem Sieger bei der Gürtelübergabe. „Sportlich fair nach einem richtigen Männerkampf“, lobte SES-Promoter Ulf Steinforth. Dann legte der 41-jährige Johnson seinen kolossalen Körper in die Ringseile, drückte die rechte Hand in die Hüfte, verschränkte die Beine. Es fehlte nur noch das leise Pfeifen eines Liedchens, dann wäre der Moment perfekt gewesen.
Stattdessen war es der letzte Moment der Stille nach dem Kampf um den Continental-Titel der WBA auf der Magdeburger Seebühne, den er am Sonnabend kurz vor Mitternacht gegen seinen Gastgeber Agit Kabayel verloren hatte. Johnson musste mit ansehen, wie verängstigte Zuschauer in den Ring stürmten, als plötzlich und offenbar in Kabayels Fanlager einige durchdrehten. Zum einen waren womöglich die Provokationen zwischen dem Lager und Johnsons Trainer Christian Hiller daran nicht unschuldig. Zum anderen saß im Zentrum des Aufruhrs ein junger Mann im Rollstuhl, ein „großer Fan aus Bochum“, wie Kabayel mitteilte, der sich seinem Idol für ein Autogramm nähern wollte. Und weil die einen das wollten, die anderen aber nicht, entzündete sich eine Ausschreitung, in der plötzlich die Security im Fokus stand. Kabayel verurteilte die Situation: „Selbst wenn es mein engster Familienangehöriger wäre: Leute, die sich nicht benehmen können, sollten auch nicht zur Veranstaltung kommen.“
50 Personen beteiligt
Sind sie aber, und sie sorgten für „einen bitteren Moment“, wie es SES-Promoter Ulf Steinforth beschrieb. „Das war mein 150. Kampfabend, das kenne ich einfach nicht. Das ist ärgerlich und trübt das Jubiläum.“ Nach Angaben der Polizei hatten sich etwa 50 Personen eine „gewalttätige Auseinandersetzung“ geliefert, heißt es in einer Pressemitteilung. Selbst Personen aus der Mitte der gewaltbereiten Akteure versuchten, diese aufzuhalten. Doch die Unbelehrbaren warfen Stühle, drohten mit Stangen. Die Sicherheitsleute versuchten, die Lage zu beruhigen und wurden selbst Opfer der Angriffe. Bei einem Mitarbeiter musste eine Platzwunde am Kopf medizinisch versorgt werden, auch andere Kollegen wurden ambulant behandelt. „Nach bisherigen Erkenntnissen gab es keine schweren Verletzungen“, erklärte die Polizei gestern. Das dürfte auch Ulf Steinforth noch einmal etwas erleichtern. Bereits als sich die Lage beruhigt hatte, sagte er: „Ich bin froh, dass nicht noch mehr passiert ist.“
Die mit mehreren Wagen und in Mannschaftsstärke herangerückte Polizei stellte „eine Vielzahl von Personalien“ fest, außerdem konnten „Gruppierungen getrennt werden“. Es wird nun wegen schweren Landesfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Derzeit sichten die Beamten Bild- und Filmmaterial. „Wir werden nun kompromisslos gegen diese Personen vorgehen und die Ermittlungen unterstützen“, betonte Steinforth gestern.
Am Ende hatten die Täter aber nicht nur Schaden zugefügt, sie hatten auch einen großen Schatten auf einen sehr gelungenen Kampfabend gelegt, bei dem in der langen Corona-Pandemie erstmals 1000 Fans des Boxens live auf ihre Kosten kommen durften. Auch Kabayel wusste nicht recht, wie er die Geschehnisse emotional verarbeiten sollte: „Es ist sehr, sehr enttäuschend. Ich habe mich riesig auf den Kampf gefreut und habe auch einen riesigen Kampf gemacht. Aber jetzt kann ich mich über den Gürtel gar nicht freuen.“ Es klang wie ein trauriges Lied.