Handball: Nach emotionalen Wochen hat der SCM gezeigt, dass er sich der nüchternen Pflicht erfolgreich entledigen kann Keine Ruhe nach der Euphorie Natek: "Weiter hart arbeiten"
Jeder Sportler benötigt einen Antrieb: Ein Sprinter braucht Zeit, ein Speerwerfer braucht Weite, ein Handballer braucht Tore – vor allem der Mann, der aus dem Rückraum kommt. Jure Natek vom Bundesligisten SC Magdeburg wird auf halbrechts natürlich an seiner Ausbeute gemessen, in den Punktspielen waren es bislang 25 Treffer, damit führt er die SCM-Schützenliste an. Natek selbst sieht sich aber gar nicht "als Shooter, sondern als einer von 14 Feldspielern".
Magdeburg. Einen Tag nach dem 37:26-Erfolg im DHB-Pokal bei TuSEM Essen hatte Trainer Frank Carstens zum Lauftraining gebeten, für den 27-jährigen Slowenen ist das eher eine Erholung als eine Strapaze. Strapazen gab es zu Beginn der Saison ja in jeglicher Form: die emotionalen, die leistungsbezogenen. Drei Siege aus vier Spielen bestätigen den großen Hunger des SCM, den Carstens immer wieder betont, aber ebenso viel Zeit muss zur Verdauung bleiben. Natek, Nationalspieler seines Landes, hat in diesen turbulenten Wochen "eine überragende Rolle gespielt", sagt sein Coach. "Wir haben hart gearbeitet und wir arbeiten auch weiterhin hart, um so viele Spiele wie möglich zu gewinnen", so der Linkshänder, der zum Relaxen "etwas anderes für den Kopf braucht als Handball". Gassigehen mit seinem Hund, Kaffeetrinken mit seiner Frau, hauptsache alles etwas ruhiger.
Um ihn muss sich Carstens derzeit keine Gedanken machen. Für den Trainer allerdings ist die Zeit der Ruhe längst nicht angebrochen. Es sind die kleinen Probleme, die es noch zu lösen gilt. Und es gibt die Dinge, die es am Dienstag in Essen zu stabilisieren galt. Zwei Abpraller hatte die kompakte 6-0-Abwehr verloren, ein Kreisanspiel hatte sie nur zugelassen in der ersten Hälfte – mehr nicht. Es mag der Tatsache geschuldet gewesen sein, dass Essen auf vier Leistungsträger verzichten musste. Die Gastgeber brachten nicht die Qualität mit, der Deckung Sorgen zu bereiten. Etwas schwerer geatmet hatte Carstens bei sechs leichtfertig vergebenen Angriffen seines Teams, daraus resultierten Konter. Da fehlte es etwas in der Absprache, die im Angriff zwischen Bennet Wiegert als Regisseur und den anderen als Nutznießer seiner Ideen abgestellt werden müssen. Carstens benötigt "unbedingt einen zweiten Spielführer" hinter Stian Tönnesen, mit ihm läuft der Aufbau bereits perfekt.
Wiegert hat ein gutes Tempo ins Spiel gebracht, werfen kann er sowieso (sechs Tore). Zudem hinterließ Linksaußen Steffen Coßbau (vier) einen guten Eindruck beim Trainer. Dario Quenstedt hütete zirka 20 Minuten das Tor. Carstens will den ständigen Wechsel hinter Gerrie Eijlers ändern, will die feste Nummer zwei in naher Zukunft benennen: Quenstedt oder Patrick Schulz? Es ist noch nicht entschieden.
Die wohl wichtigste Erkenntnis bleibt: Der SCM ist nach Wochen der Emotionen seiner Favoritenrolle in nüchterner Pflicht gerecht geworden. "Das Normale ist passiert", so Carstens. Das sah auch Natek so. Und wie viele Tore hatte er erzielt? "Es waren vier", wusste der Slowene selbstverständlich.
SC Magdeburg: Eijlers, Quenstedt - Wiegert 6, Doborac 3, Landsberg 2, van Olphen 4, Hornke 1, Natek 4, Grafenhorst, Balogh 3, Coßbau 4, Weber 8/2, Jurecki 2.
Schiedsrichter: Methe/Methe (Vellmar). Zuschauer: 1200. Siebenmeter: Essen 5/3, SCM 3/2. Zeitstrafen: 3/2. Rot: Trodler (42./3x2/Essen).