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Leichtathletik Wrobel vom SCM muss früh die Segel streichen

Diskuswerfer David Wrobel vom SC Magdeburg hat bei den deutschen Meisterschaft den Titel verpasst.

Von Daniel Hübner 10.08.2020, 15:25

Braunschweig l Noch schlechter war zuletzt Rolf Danneberg. Am 16. August 1980 hat der damals 27-Jährige den Diskus auf 60,20 Meter gebracht und ist damit deutscher Meister geworden. 40 Jahre später heißt der Titelträger Clemens Prüfer, er kommt vom SC Potsdam und ist 22 Jahre jung. Er gewann am Sonnabend bei sengender Hitze in Braunschweig mit 62,97 Metern. Prüfer ist derjenige gewesen, den David Wrobel vom SCM als seinen größten Konkurrenten ausgemacht hatte im Kampf um Gold. Nur war der Topfavorit Wrobel selbst kein Konkurrent. „Der Favorit ist gefallen“, sagte der 29-Jährige nach dem Wettbewerb.

Und in diesem Moment hatte sich seine Stimmung hörbar erhellt, in diesem Moment hatte er die Niederlage akzeptiert. Wie auch die Gründe dafür. Direkt nach seinem dritten ungültigen Versuch, mit dem er sich aus der Meisterschaft geworfen hatte, hatte Wrobel sich noch im Ring das Shirt vom voluminösen Oberkörper gezogen, war traurig und enttäuscht aus dem Kessel getreten und konnte auch von Teamgefährte Henrik Janssen nicht getröstet werden, der ihn klatschend versuchte aufzumuntern. Janssen, ein Profiteur des Ausscheidens. Janssen, der letztlich Bronze gewann.

Mit 64,24 Metern war Wrobel als bester Deutscher in diesem Jahr zum Titelkampf angereist, aber schon einige Tage zuvor hatte er im Training berichtet: „Ich bin froh, wenn mein Ellenbogen bis Braunschweig durchhält.“ Die freien Gelenkskörper im rechten Wurfarm hatten aber alles dafür getan, einen gültigen Wurf des Magdeburgers zu verhindern.

„Ich hatte schon beim Einwerfen gemerkt, dass es für mich sehr schwer werden würde“, berichtete Wrobel. Es ging nicht um Hitze, nicht um fehlenden Wind. Es ging allein um den Schmerz, der mit einer Operation Ende August vergehen soll. „Dann lasse ich meinen lädierten Ellenbogen richten, um kraftvoll in Richtung Olympische Spiele in Tokio starten zu können“, sagte er. Den seelischen Schmerz hatte er schnell überwunden. Erst recht in dem Bewusstsein, dass sein Start von vornherein auch ein großes Risiko bedeutete.

Mit solch einem Risiko trat Henrik Janssen nicht an, aber mit ebenso großer Hoffnung auf eine Medaille wie Wrobel auf den Titel. Gerade aufgrund der Abwesenheit seines SCM-Gefährten Martin Wierig und des Olympiasiegers Christoph Harting, die ihre Saison bereits beendet haben. Dabei spielte die Weite gar keine Rolle für Janssen, der mit der Bestleistung von 61,16 Metern angetreten war. „Bei der Meisterschaft geht es allein um die Platzierung“, bestätigte nämlich der 22-Jährige. „Da ist die Weite zweirangig.“

Entsprechend glücklich durfte er auch die widrigen Bedingungen in Braunschweig resümieren. „Wir hatten über den Tag hinweg 36 Grad, zum Wettkampf waren es nur fünf Grad weniger. Es fehlte komplett der Wind“, sagte er zur Stille im Stadion, das zudem coronabedingt leer bleiben musste. „Deshalb bin ich mit meiner Leistung vollkommen zufrieden.“ Das wird auch Thore Nahrstedt gewesen sein, der mit 50,71 Metern nach drei Versuchen vorzeitig Abschied von seiner ersten Elite-Meisterschaft nehmen musste. Damit hatte der 20-Jährige aber seine Bestleistung (52,49) bestätigt.

Das hat auch Jule Steuer. „Ich bin als Achtbeste in diesen Wettkampf gegangen und bin als Sechste herausgekommen, deshalb bin ich happy“, sagte die 19-jährige Kugelstoßerin vom SCM, die sich mit 15,26 Metern im fünften und besten Versuch ihrer Bestleistung bis auf 23 Zentimeter genähert hatte. Auch Teresa Wagner, ihre Trainerin, war zufrieden mit ihrem Schützling. „Zumal man bedenken muss, dass es Jules erste große Meisterschaft war“, sagte sie. „Und das ist eben immer noch was anderes als im Juniorenbereich.“

Genau in diesem tritt Steuer am kommenden Wochenende wieder an, wenn die U 23 des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) ihre inoffizielle Meisterschaft in Halle abhält. Nicht dabei wird die deutsche Meisterin vom Sonnabend sein. Alina Kenzel, 23 Jahre, gewann in Abwesenheit von Christina Schwanitz und Sara Gambetta mit 17,96 Metern. Schlechter war zuletzt Gambetta vor drei Jahren mit 17,38 und vor ihr wiederum Eva Wilms am 19. Juli 1981 mit 16,63 Metern.

Wenn es in Anbetracht dieses allgemein schwachen Niveaus, das sicher auch auf Corona zu schieben ist, eine Hoffnung gibt, dann diese: Diskuswerfer Rolf Danneberg hat vier Jahre nach seinem Meistertitel anno 1980 Gold bei den Sommerspielen in Los Angeles gewonnen: mit 66,60 Metern.