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Britischer Premier in Berlin Ungleiches Paar Merkel und Johnson - "Wir schaffen das"

Der umstrittene britische Premierminister Boris Johnson ist zum Antrittsbesuch bei Kanzlerin Angela Merkel. Es ist ein schwieriges Treffen. Und dann fallen drei legendäre Worte.

Von Jörg Blank, dpa 21.08.2019, 19:17

Berlin (dpa) - Es spielen sich bemerkenswerte Szenen ab zwischen Boris Johnson und Angela Merkel.

Draußen im Ehrenhof des Kanzleramts ist der umstrittene neue britische Premierminister der Kanzlerin noch mit leicht nach vorn gebeugtem Gang und im Rücken verschränkten Händen zu den beiden Stühlen mitten auf dem Platz gefolgt. Von dort aus verfolgen Merkel und ihre Gäste die üblichen militärischen Ehren seit ihren frühsommerlichen Zitteranfällen.

Die britische Nationalhymne ("God save the Queen") fällt danach bei seinem ersten Besuch im neuen Amt in Berlin ganz schön kurz aus - ob es ein Zeichen sein sollte? Nach der deutschen Nationalhymne springt Merkel geradezu vom Stuhl auf, um mit BoJo, wie Johnson auch genannt wird, die Ehrenformation abzuschreiten. So, als wolle sie unbedingt rasch die absehbar schwierigen Gesprächen beginnen.

Bei der Pressekonferenz vor den Verhandlungen lobt Merkel dann in ihrem Statement die engen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien. Diese wünsche sie sich auch für die Zukunft - "im Geiste der Freundschaft" und "im Geiste der Überzeugung, dass uns gleiche Werte und Ansinnen verbinden". Es ist, als wolle sie Johnson ungeachtet der ganzen Brexit-Querelen besonders inständig daran erinnern, was bei dem gefürchteten und von ihm möglicherweise angesteuerten No-Deal-Brexit ohne jedes Abkommen für die beiderseitigen Beziehungen auf dem Spiel steht. Merkel schließt mit den Worten: "Ganz herzlich willkommen, sehr geehrter Herr Premierminister, lieber Boris Johnson."

Johnson antwortet mit Dankesworten, die Merkel sonst selten bei solchen Gelegenheiten zu hören bekommt. "Herzlichen Dank Frau Bundeskanzlerin, herzlichen Dank Angela dafür, dass Sie mich so herzlich willkommen geheißen haben", übersetzt die Dolmetscherin. Und der Brite, der in der Vergangenheit auch um Hitler-Vergleiche nicht verlegen war, fügt an: "So etwas Großartiges habe ich, glaube ich, überhaupt noch nicht erlebt in meinem Leben, das ist eine wunderbare Sache, dass ich heute hier in Berlin sein kann."

Das klingt angesichts der dramatischen und harten Brexit-Verhandlungen dann doch ein wenig übertrieben - Merkel jedenfalls schaut trotz der Lobeshymne des blonden Mannes rechts neben ihr ungerührt geradeaus. Sie zeigt nicht einmal ein Lächeln.

Als Beispiele für die enge Zusammenarbeit nennt Johnson das Einstehen für das regelbasierte internationale System, die Menschenrechte, den Klimawandel. "Deutschland und das Vereinigte Königreich stehen Schulter an Schulter", beteuert er - und nennt die Themen Russland, Iran, China, Hongkong, die man nun gemeinsam diskutieren wolle.

"Und natürlich auch diese kleine Angelegenheit des Brexit", fügt Johnson noch irgendwie schelmisch hinzu. Der Mann ist in seiner Heimat auch für Clownereien bekannt. Dabei wolle er nur unbedingt deutlich machen, dass man im Vereinigten Königreich einen verhandelten Austritt aus der EU wolle. "Wir schaffen das", sagt der Premierminister dann noch auf Deutsch - und fügt in seiner Muttersprache hinzu: "Ich glaube, so sagt man das."

Merkel versteht den kleinen Seitenhieb natürlich sofort: Ihr Satz "Wir schaffen das" in der Flüchtlingskrise 2015 war für die Gegner ihrer Migrationspolitik fast zum Symbol der Kritik geworden. Die Kanzlerin verzieht etwas das Gesicht bei Johnsons Worten. Es wirkt aber auch, als müsse sie sich ordentlich auf die Lippen beißen, um nicht auch etwas zu schmunzeln, als unter den Journalisten bei Johnsons Worten Gelächter ausbricht.