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Gewalt in der Neujahrsnacht Silvester-Attacke: Innenminister verspricht Polizei-Präsenz

In der Silvesternacht wird bei Ausschreitungen in Leipzig ein Polizist schwer verletzt. In der Kontroverse über den Polizeieinsatz kündigt Sachsens Innenminister weiter Polizei vor Ort im Problemviertel Connewitz an.

03.01.2020, 19:34
Sebastian Willnow
Sebastian Willnow dpa-Zentralbild

Leipzig (dpa) - Nach der Randale in der Silvesternacht mit einem schwer verletzten Polizisten in Leipzig will Sachsens Innenminister Roland Wöller im Leipziger Problemviertel Connewitz mit Polizeipräsenz für Sicherheit sorgen.

Man werde das nicht hinnehmen, sondern der Rechtsstaat werde mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln und Möglichkeiten rechtsstaatlich vorgehen, kündigte der CDU-Politiker bei einem Besuch in Leipzig an. "Wir werden in Leipzig, aber auch in Sachsen keine rechtsfreien Räume dulden", fügte Wöller an. Unterdessen geht die politische Diskussion über den Vorfall weiter. Vor allem die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wurde für Aussagen kritisiert.

Drei Tage nach den Ausschreitungen versprachen der Innenminister und Sachsens Polizeipräsident Horst Kretzschmar bei einem gemeinsamen Auftritt vor Medienvertretern, den Polizeieinsatz aufzuarbeiten. Dies hatte zuvor die neue SPD-Co-Bundesvorsitzende Saskia Esken gefordert. "Jeder Polizeieinsatz wird kritisch ausgewertet und aufgearbeitet", sagte Wöller.

Zugleich kritisierte er Vorhaltungen aus der Bundespolitik. Je weiter man weg sei vom Einsatzgeschehen scheine die Expertise zu steigen, sagte der Innenminister. Esken hatte die Taktik der Polizei infrage gestellt. "Im Sinne der Polizeibeamten muss jetzt schnell geklärt werden, ob die Einsatztaktik angemessen war", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sollte eine falsche Einsatztaktik Polizistinnen und Polizisten unnötig in Gefahr gebracht haben, läge die Verantwortung dafür beim sächsischen Innenminister.

Unmittelbar nach so einem Einsatz falle die SPD den Beamtinnen und Beamten in den Rücken, twitterte der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner am Freitag. Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel schlug auf Twitter vor, besser über die Gewalttäter zu reden. "Die muss man politisch, medial und mit Polizei und Justiz bekämpfen, statt aus der Ferne über die Strategie der Polizei zu schlaumeiern."

Bundesagrarministerin Julia Klöckner, die auch CDU-Vize ist, fragte ebenfalls über den Kurznachrichtendienst: "Sind immer die anderen schuld? Oder kann man Extremisten einfach mal so nennen und ihren Angriff verurteilen?" Der baden-württembergische Innenminister und CSU-Vize Thomas Strobl sagte den Funke-Zeitungen: "Die Aussagen von Frau Esken sind ein hilfloser, jämmerlicher und kläglicher Versuch, an den falschen Ecken um Sympathien zu buhlen."

Am Abend erklärte Esken dann im ZDF: "Es geht mir nicht darum, Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte zu kritisieren in ihrem Handeln." Und weiter: "Dann sage ich, dass mir das leid tut, dass so eine Interpretation natürlich vollkommen falsch ist." Inhaltlich rückte sie von ihrer Aussage aber nicht ab - es gehe ihr darum, die Einsatztaktik in Frage zu stellen.

Unterdessen ermitteln die Sonderkommission Linksextremismus (Soko LinX) des Landeskriminalamtes (LKA) und die Staatsanwaltschaft Leipzig wegen des Angriffs auf den schwer verletzten Polizisten wegen versuchten Mordes. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen sei dem Schwerverletzten sowie zwei seiner Kollegen der Helm vom Kopf gerissen worden, sagte Ricardo Schulz, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Durch die massiven Einwirkungen sei der Tod des 38-Jährigen billigend in Kauf genommen worden. Laut Staatsanwaltschaft liegen niedere Beweggründe vor, der Mann sei attackiert worden, weil er Polizist ist.

Laut Anklagebehörde hatten die unbekannten Täter so massiv auf Körper und Kopf eingewirkt, dass der Beamte bewusstlos geworden sei. In diesem Zustand sei der Mann auch ins Krankenhaus gekommen, sagte Schulz. Nach Aussagen von Polizeipräsident Kretzschmar hat der Beamte eine Verletzung am Ohr erlitten. Deswegen habe er operiert werden müssen. Am Freitag ist der 38-Jährige aus der Klinik entlassen worden.

Die Polizeidirektion Leipzig konkretisierte unterdessen Angaben, wonach es sich dabei um eine Notoperation gehandelt habe. Die Polizei müsse sich den "Schuh anziehen, dass es sicherlich besser gewesen wäre, von einer operativen Maßnahme zu sprechen statt von Not-OP", sagte Sprecher Andreas Loepki MDR Aktuell. Es habe keine lebensbedrohliche Situation vorgelegen. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sprach Loepki am Freitag von einer "dringlichen OP".

Sachsens Innenminister Wöller und Polizeipräsident Kretzschmar hatten am Freitag in Leipzig den Standort der Bereitschaftspolizei besucht und mit Beamten gesprochen, die in der Silvesternacht in Connewitz waren. Anschließend bewertete Wöller die Ausschreitungen als "vorläufiger Höhepunkt von Gewalt und Auseinandersetzungen" dort.

Zuletzt war es in dem linksautonomen Stadtteil zu Anschlägen auf Baustellen und Baufahrzeuge gekommen. Zudem war eine Mitarbeiterin einer Immobilienfirma zuhause aufgesucht und angegriffen worden. "Wir haben seit einiger Zeit in Leipzig ein Problem, ein Problem mit gewalttätigen, gewaltbereiten Linksextremisten", sagte Wöller.

Mehr zum Thema: Fragen & Antworten - Was geschah in der Silvesternacht in Leipzig? "Das Ziel dieser Linksextremisten im Leipziger Süden ist, polizeifreie Räume zu gestalten", erklärte Kretzschmar. Er verteidigte das Vorgehen der Polizei in der Silvesternacht. "Die Polizei hat sich auch bis über 0.00 Uhr hinaus zurückgehalten, und es gab eine Symbolaktion, die die Angriffe eingeleitet hat", erklärte er. Die Beamten seien auch unbehelmt unterwegs gewesen. "Und nur alleine die Präsenz von Polizei darf nicht zu Eskalationen führen", sagte Kretzschmar. Die Linken-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel hatten hingegen das "rabiate Vorgehen" der Polizei kritisiert.

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