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Trinkwasser Neues Versorgungskonzept wird erarbeitet

Die Trinkwasserversorgung im Oberharz soll auch nach dem Verkauf der Zillierbachtalsperre an den Abwasserverband in Silstedt gesichert sein.

Von Regina Urbat 15.04.2019, 01:01

Wernigerode/Oberharz l Während im Oberharz wohl jeder Wasserhahn wie eh und je sprudelt, wird hinter den Kulissen emsig an einem neuen Versorgungskonzept gearbeitet. Hintergrund: Dem Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode (WAHB) als verantwortlicher Versorger ist zum 31. Dezember 2020 der Bezug von Trinkwasser aus dem Aufbereitungswerk an der Zillierbachtalsperre gekündigt worden. Der Eigentümer des Wasserwerkes, die Stadtwerke Wernigerode, hat die Trinkwasserversorgung in seinem Netzgebiet neu strukturiert. Die Stadtwerke wollen aus Kostengründen das Werk an der Zillierbachtalsperre, von wo aus etwa 50 Prozent ihrer Kunden versorgt werden, aufgeben.
„Das ist durchaus zu verstehen“, sagt der WAHB-Geschäftsführer Nikolai Witte im Volksstimme-Gespräch. Immerhin stehe eine grundhafte Sanierung der fast 100 Jahre alten Trinkwasserhauptleitung an. Sie ist etwa 5,3 Kilometer lang und führt von der Talsperre bis zum Mühlental am Ortseingang von Wernigerode. „Sie zu erneuern, würde Millionen kosten und ist technologisch enorm aufwändig“, sagt Witte. Deshalb habe ihn die Entscheidung der Wernigeröder, das Wasserwerk stillzulegen, nicht überrascht.
Die Entscheidung der Stadtwerke, nur noch auf eine Fernwasserversorgung über die Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH (TWM) aus der Rappbodetalsperre mit Aufbereitung im Wasserwerk Wienrode zu setzen, sei für ihn wirtschaftlich sinnvoll. „Aber nun mussten wir handeln und überlegen, wie weiter“, so Witte. „Denn die mehr als 9000 Kunden im Oberharz einschließlich im Wernigeröder Ortsteil Schierke dürfen ab dem 1. Januar 2021 nicht auf dem Trockenen sitzen.“
In der Verbandsgeschäftsstelle in Silstedt wurden Alternativen geprüft. Eine war beispielsweise, das Trinkwasser vom Fernwasserversorger TWM aus der Rappbodeltalsperre zu beziehen. Diese wurde verworfen. „Zu teuer“, begründet Witte und erläutert: Der WAHB hätte vom Hochbehälter in Hüttenrode eine gut elf Kilometer lange neue Versorgungsleitung bis Elbingerode bauen müssen. „Das wäre – ungeachtet der Kosten - rein planungsrechtlich fast ein Unding. Wir müssten in ein FFH-Schutzgebiet eingreifen, was Zeit in Anspruch nimmt, die wir nicht haben“, führt der Geschäftsführer, der von Hause aus Jurist ist, fort.
Letztendlich fiel die Entscheidung, das Oberflächenwasser weiter aus der Zillierbachtalsperre zu nutzen und es selbst in dem Wasserwerk aufzubereiten. Von der Qualität her würde es sich von dem aus der Rappbodetalsperre nicht unterscheiden. „Die Güte ist in beiden Fällen hervorragend und in der Zusammensetzung und Mineralisierung nahezu identisch“, sagt Witte.
Der Vorteil dieser Alternative sei zudem, dass die bestehende Versorgungsleitung samt Pumpstation zum Hochbehälter in Elbingerode weiter genutzt werden kann. Und der Haken? „Wir mussten das Wasserwerk kaufen, denn einen Privatanbieter wollten wir nicht noch dazwischen haben“, sagt der Geschäftsführer. Der entsprechende Vertrag sei bereits Ende vergangenen Jahres besiegelt worden, der übrigens vom Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt als Eigentümer des Gewässers sehr begrüßt wurde.
Die Kaufsumme wollte Witte nicht nennen. „Geschenkt haben wir das Wasserwerk nicht bekommen, aber der Preis war fair.“ Gebäude samt Technik seien zur sogenannten Restwertabschreibung erworben worden.
Mit dem Kauf allein war es jedoch nicht getan, denn bislang betreiben Experten der Stadtwerke die Aufarbeitung des Talsperrenwassers im Werk. „Stimmt“, lenkt Witte ein und verkündet stolz die Lösung: „Wir bilden selbst einen Wassermeister aus.“ Und dieser sei bereits emsig dabei, das Einmaleins der Wassergewinnung, -aufbereitung und -speicherung zu lernen. „Es ist mit Felix Schumann ein junger Mitarbeiter, dem wir eine völlig neue Perspektive bieten.“
Und er ist obendrein ein Elbingeröder, der sozusagen begonnen hat, für die Trinkwasserversorgung in seiner Heimatregion zu büffeln. In Teilzeitkursen absolviert Felix Schumann in gut zweieinhalb Jahren beim Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches in Dresden seine Ausbildung. Der 28-Jährige nehme diese Herausforderung gern an und freue sich auf den Job. „Besonders auf die Tätigkeiten im Bereich Technik“, so der Wassermeister in spe. Respekt habe er aber schon.
Im Werk an der Zillierbachtalsperre erwarten den Fachwirt für Wasserversorgungstechnik ganz neue Aufgaben. Doch Felix Schumann, der beim WAHB in Silstedt seine Lehrzeit absolviert hat und dort seit 2010 beschäftigt ist, wisse das Vertrauen, das in ihn gesteckt werde, zu schätzen.
Mit der Entscheidung, die Trinkwasserversorgung für etwa 4200 Grundstücke im Oberharz quasi so fortsetzen zu können, wie gehabt, sei Geschäftsführer Witte sehr zufrieden. „Ich bin zuversichtlich, dass niemand am 1. Januar 2021 merken wird, dass nur noch wir jetzt am Hahn drehen“, sagt Witte. Und dass Schierke im Oberharzer Netzgebiet bleibt, sei ein Vorteil. Gerade in dem Ort, wo sich der Tourismus zusehends entwickele, werde die Abnahmemenge steigen. Das würde dazu beitragen, dass die Trinkwasserpreise stabil bleiben können.
Vom Verbleib profitiere auch die Stadt Wernigerode, denn der WAHB traue sich durchaus zu, für Schierke die Löschwasserversorgung zu übernehmen. „Wir stellen dafür bestimmte Hydranten zur Verfügung, was wiederum der Stadt Wernigerode den Bau von teuren Zisternen erspart.“ Ein weiterer Vorzug: Wenn künftig Wernigeröder Kunden nicht mehr aus der Zilliertalsperre „trinken“, wird es dort ruhiger. Die Abnahme von weniger Oberflächenwasser bedeute weniger Aufwirbelungen, „was am Ende der Qualität des Trinkgenusses aus dem Wasserhahn zugute kommt“, sagt Nikolai Witte mit Blick auf den Neustart für die Oberharzer in zwei Jahren.