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USA Pistole am Gürtel gegen Terrorangst

Terror-Attacken heizen den Waffenabsatz in den Vereinigten Staaten an. Die Branche verdient Milliarden.

04.04.2016, 23:01

New York (dpa) l Gewehre und Pistolen stehen in den USA traditionell hoch im Kurs, aber zuletzt boomte das Geschäft mit Handfeuerwaffen regelrecht. Davon profitieren US-Waffenschmieden wie Smith & Wesson oder Ruger, deren Aktienkurse an der Börse nach oben schießen.

2015 meldete das FBI einen zehnprozentigen Anstieg der „NICS Background Checks“ genannten Überprüfungen, die vor Waffenkäufen durchgeführt werden. Insgesamt gab es 23,1 Millionen Anträge – das ist der höchste Wert seit Einführung des Prüfsystems 1998.

Experten nennen die Terroranschläge von Paris und San Bernardino als wichtigen Grund für die hohe Nachfrage. „Die Waffenverkäufe steigen nach solchen Ereignissen kurzfristig an“, sagt Politik-Professor Robert Spitzer von der State University New York in Cortland.

Ein weiterer wichtiger Umsatztreiber sei die Aussicht auf striktere Regulierung, sagt der Branchenkenner. „Der Trend ist getrieben von der Angst vor neuen Gesetzen.“ Und dann gebe es auch eine politische Motivation. „Leute kaufen Waffen, um ein Statement zu machen.“ Die Hersteller bezeichneten dieses Phänomen, das sich häufig im Wahlkampf ereigne, als „politische Verkäufe“.

Der Industrie spielt der Trend in die Karten. Die großen börsennotierten Waffenschmieden Smith & Wesson und Sturm, Ruger & Co. steigerten ihre Verkäufe im jeweils letzten Geschäftsquartal um 61 und 24 Prozent. Die Branche ist einer Studie der Georgia Regents University zufolge ein relativ kleiner Kreis, in dem 37 Hersteller 75 Prozent des Angebots liefern. Dazu zählen US-Firmen wie Remington, aber auch ausländische Vertreter wie Glock aus Österreich, Sig Sauer aus Deutschland oder Beretta aus Italien.

Das Analysehaus IbisWorld schätzt, dass die Erlöse der Hersteller von Handfeuerwaffen und Munition in den USA seit 2011 mit Jahresraten von 6,4 Prozent auf einen Jahresumsatz von 16 Milliarden Dollar gewachsen sind. Der Waffen-Hype ist so groß, dass sich Spezialanbieter den Vorlieben der Käufer widmen. Die Firma Heracles aus Texas beispielsweise verkauft kugelsichere Möbel mit Geheimfächern als Stauraum für Pistolen oder Gewehre. Die Artikel heißen „BedBunker“ oder „CouchBunker“ und können mehr als 10 000 Dollar kosten.

Doch die Supermacht zahlt einen hohen Preis: Jährlich kommen Zehntausende US-Bürger durch Handfeuerwaffen ums Leben – zuletzt waren es fast so viele wie Verkehrstote. Eine laufende Statistik zum US-Waffenbesitz gibt es nicht. Ein Kongress-Report von 2012 kam aber zu dem Schluss, dass die Zahl von 1996 bis 2009 von 242 auf 310 Millionen Stück gestiegen ist. Damit käme auf fast jeden US-Bürger – Kinder eingerechnet – eine Schusswaffe.

Trotzdem ist es nicht so, dass sich die breite Bevölkerung radikalisiert, sondern nur ein harter Kern. „Die Anzahl der Waffenbesitzer ist seit den 1970er Jahren stetig gesunken“, erklärt Professor Spitzer. Damals hätte noch die Hälfte der US-Haushalte mindestens eine Waffe gehabt.

Inzwischen seien es nur noch rund 30 Prozent. „Bemerkenswert ist aber, dass heute im Schnitt acht Waffen auf jeden Besitzer kommen – so erklärt sich die steigende Zahl.“