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Björn Höcke Poggenburg gegen Ausschluss

Der Bundesvorstand der AfD will Rechtsaußen Höcke loswerden. In Sachsen-Anhalt hat er viele Unterstützer.

13.02.2017, 17:06

Berlin/Erfurt (dpa/js) l Die AfD-Spitze will den Thüringer Landeschef Björn Höcke wegen seiner umstrittenen Rede zum Geschichtsverständnis Deutschlands loswerden. Nach AfD-Angaben beschloss der Bundesvorstand mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit, ein Parteiausschlussverfahren gegen Höcke einzuleiten. Dieser nahm die Entscheidung „mit Bedauern und in tiefer Sorge um die Einheit der Partei zur Kenntnis“. Er sei überzeugt, weder gegen die Satzung noch die Grundsätze der Partei verstoßen zu haben, betonte Höcke nun. Dem Verfahren vor der parteiinternen Schiedsgerichtsbarkeit sehe er gelassen entgegen. Der Beschluss sei machtpolitisch motiviert, gefährde den Meinungspluralismus und besitze das Potenzial zur Spaltung der AfD.

Begründet wurde der Schritt mit Höckes Rede, die der frühere Geschichtslehrer am 17. Januar in Dresden gehalten hatte. Darin hatte er eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert und beklagt, die positiven Elemente der deutschen Historie würden im Vergleich zu den Gräueltaten der Nazi-Zeit ungenügend beachtet. Der Vorstand habe vor der Abstimmung ein „juristisches Gutachten“ zu der Rede und zu den Erfolgsaussichten eines Ausschlussverfahrens eingeholt, sagte Vorstandsmitglied Dirk Driesang.

Im Bundesvorstand sitzt auch Sachsen-Anhalts Partei- und Fraktionschef André Poggenburg. Er lehnt ein Ausschluss Höckes ab. „Das bringt keine Punkte – außer dem politischen Gegner.“ Auch die Landtagsfaktion habe ein Ausschlussverfahren einstimmig abgelehnt.

Poggenburg meint, wenn man Höckes Rede als missverständlich und überzogen kritisieren will, dann hätte eine „Abmahnung“ als angemessen ausgereicht. Er erinnerte daran, dass auch Partei-Chefin Frauke Petry mit ihren Aussagen zum Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge oder einer positiven Wiederbelebung des Begriffs „völkisch“ für viele Diskussionen gesorgt hat. „Dennoch hat niemand vom nationalkonservativen Flügel ihren Parteiausschluss gefordert.“ Nicht Höckes Rede, sondern die anhaltenden innerparteilichen Grabenkämpfe seien für die sinkenden Umfragewerte verantwortlich.

Wittenbergs AfD-Kreischef Dirk Hoffmann gab hingegen in einem Punkt Petry recht: „Eine erinnerungspolitische Wende steht nicht in unserem Parteiprogramm. Allerdings halte ich von Parteiausschlussverfahren generell nicht viel.“ Hat Höcke der AfD geschadet? Hoffmann: „Er ist ein guter Mann, aber er hat das Geschick, Themen anzufassen, die uns nicht weiterbringen. Es würde reichen, wenn Björn Höcke 100 Prozent gibt. Es müssen nicht 130 Prozent sein.“

Zu den Vorstandsmitgliedern, die in Höckes Äußerung ein parteischädigendes Verhalten sehen, zählen AfD-Chefin Petry und die Spitzenkandidatin der baden-württembergischen AfD für den Bundestag, Alice Weidel. Der zweite Parteivorsitzende, Jörg Meuthen, stimmte nach eigenen Worten gegen das Ausschlussverfahren. Er sagte: „Ich glaube nicht, dass dieses Verfahren aussichtsreich ist, und ich halte es auch nicht für richtig, obwohl diese Rede wirklich sehr daneben war.“

Über den Antrag auf Parteiausschluss muss zunächst das Landesschiedsgericht des AfD-Landesverbandes Thüringen befinden. In zweiter Instanz wäre das Bundesschiedsgericht zuständig. In ihm sind etliche Anhänger des rechtsnationalen Flügels der AfD vertreten, den Höcke 2015 zusammen mit Vorstandsmitglied André Poggenburg gegründet hatte. Das Schiedsgericht hatte zuletzt mehrere Entscheidungen des Bundesvorstandes gekippt. Dazu zählten die von der Parteispitze geforderte Auflösung des Saar-Landesverbandes wegen Kontakten zu rechtsradikalen Kreisen und ein generelles Verbot von Auftritten der AfD-Politiker beim islamfeindlichen Pegida-Bündnis.

Die Maritim Hotelkette erteilte Höcke ein Hausverbot für alle ihre Hotels. „Dies gilt auch für den Bundesparteitag im April im Maritim Hotel Köln“, teilte Geschäftsführer Gerd Prochaska mit. Auch er begründete die Entscheidung mit Höckes Rede in Dresden.