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US-Sport Spieler setzen Zeichen gegen Trump

An raue Checks ist die NFL gewohnt. An einen US-Präsidenten, der ihre Spieler als Hurensöhne beschimpft, nicht.

25.09.2017, 23:01

Washington (dpa) l Nach diesem Wochenende fragen in den USA sehr, sehr viele Kommentare und Sportler, ob der US-Präsident eigentlich nichts Wichtigeres zu tun habe als auf Footballprofis einzudreschen, die während der Hymnenzeremonie knien? Ob das Land wirklich keine anderen Probleme habe?

Es ist dabei nicht mehr entscheidend, wofür oder wogegen die Sportler ursprünglich protestiert haben. Colin Kaepernick hatte 2016 den Anfang gemacht. Als Quarterback der San Francisco 49ers wollte er ein Zeichen setzen gegen Polizeigewalt und kniete nieder. Andere schlossen sich an. Heute ist Kaepernick vereinslos. Einsetzend mit dem Neustart der Saison im September protestierten weitere Spieler.

Dann gefiel es Donald Trump, sich einzumischen. Bei einem Auftritt in Alabama führte sein mäandernder Gedankenstrom aus dem Nichts dazu, den knieenden Spielern den Respekt vor Volk und Vaterland abzusprechen. Er wünsche sich, dass einer dieser „Hurensöhne“ gefeuert werde.

Am Sonnabend legte Trump nach. Und wo er mal dabei war, lud er auch gleich Basketballer-Superstar Stephen Curry von einer Ehrung aus dem Weißen Haus wieder aus, der allerdings eh nicht mehr kommen wollte. Als Tom Brady von den New England Patriots nicht zur Ehrung ins Weiße Haus kam, schwieg Trump. Brady ist weiß. Am Montag sollte Brady Trumps Äußerungen „spalterisch“ nennen, das war aufsehenerregend.

Der ursprüngliche Anlass und das Ziel des Protests haben sich nun entkoppelt. Die Symbolik richtet sich nun auch gegen den Präsidenten selbst. Sie tritt auch ein für das Recht auf freie Meinungsäußerung, „das für Sportler bitte nicht weniger gilt als für jedermann“. Darauf hätte vielleicht nicht erst der „New Yorker“ hinweisen müssen.

Viele NFL-Spieler sind in den USA echte Helden, ihr Leben und ihre Spiele werden mit einer in Deutschland kaum nachvollziehbaren Innigkeit begleitet. Trump riet, der NFL fernzubleiben. Trumps Attacke ist gefährlich. Aber da er sie über das Wochenende fortsetzte und auch seine Büchsenspanner ausschwärmten, wird Trump davon ausgehen, dass seine Linie in seinem Lager einmal mehr verfängt. Dem harten Kern der „Die Hard“-Trumpisten, das zeigen Umfragen, ist es völlig egal, was Trump sich leistet. Er ist ihr Präsident. Strategisch ist das Vorgehen trotzdem rätselhaft. Mit einer Minderheit, sei sie noch so überzeugt, gewinnt man weder Wahlen noch Zustimmung zu Gesetzen.

Knapp 200 NFL-Spieler trotzten in den 14 Spielen des Sonntags Trumps Kritik, knieten während der Hymne oder blieben sitzen. Demonstrativ umarmten sich Teams am Spielfeldrand oder hielten sich an den Händen. Drei NFL-Teambesitzer schlossen sich an. Die Pittsburgh Steelers blieben wie zwei andere Teams während der Hymne gleich ganz in der Umkleide, was allerdings ein Verstoß gegen die Regeln der Liga ist. Trump, ganz huldvoll-gestrenger Zampano, erklärte am Sonntag: Unterhaken sei Ok, Knien nicht. Will der Präsident darüber bestimmen, welche seiner Bürger dem Recht auf freie Meinungsäußerung auf welche Weise Ausdruck verleihen möchten? Dann retweetete Trump einen beinamputierten Veteranen: Wie gern dieser Mann doch auf eigenen Beinen vor seiner Flagge stehen würde, für deren Freiheit er gekämpft habe. Der zweite Retweet legte einen Boykott der NFL nahe.

Trump gehe den Weg der Spaltung des Landes mit aller Konsequenz weiter, meinte die „Washington Post“. In Alabama trennte Trump, einmal mehr, vor einem fast ausschließlich weißen Auditorium zwischen dem „Wir, Leute wie Ihr“ des von ihm so verstandenen eigentlichen Volkes und „diesen Typen“, die da in den Stadien knieten. Die Liga wehrte sich, deutlich und scharf in der Sache, moderat und strikt inhaltlich im Ton. Sogar Robert Kraft, Besitzer der New England Patriots, kritisierte seinen guten Freund. 70 Prozent der NFL-Athleten sind Farbige, die meisten Knienden sind es auch. „Machen wir uns nichts vor“, schrieb der „New Yorker“, „natürlich sind Trumps Ausfälle rassistisch. Warum die Überraschung?“ Dass das Knien und die wütende Kritik – nicht nur aus der Sportwelt – enden, ist nicht zu erwarten. Es läuft eine richtige Welle durch das Land. Trump liegt mit der NFL seit langem überkreuz. Seit längerem kritisiert er die Einschaltquoten, die Regeln, das Spiel selbst.

In den 80er Jahren versuchte Trump, die US Football League als Konkurrenzveranstaltung aufzubauen, was ihm ebenso wenig gelang wie der Erwerb eines NFL-Teams.