Science Fiction „Es gibt konkrete Vorhaben zu Verfilmungen“
Andreas Eschbach gehört in Europa zu den bekanntesten Science-Fiction-Autoren. Doch in den USA und England kennt ihn kaum jemand. Und das hat Gründe.

Oliver Schlicht
Herr Eschbach, in den vergangenen 30 Jahren wurden Ihre Bücher ins Französische, Russische, ja sogar ins Finnische, Rumänische und Koreanische übersetzt, um nur einige Sprachen zu nennen. Auffällig ist: Erst zwei Ihrer über 20 Romane gibt es in englischer Sprache. Liegt die „Marke“ Eschbach verlagstechnisch im angelsächsischen Raum in den falschen Händen?
Andreas Eschbach: Man kann als deutscher Autor kaum in besseren Händen sein, als ich es bin. Nämlich vertreten von einer der anerkanntesten Agenturen und verlegt bei zwei der größten Publikumsverlage. Das Hindernis liegt auf der englischsprachigen Seite: Verglichen mit anderen Sprachräumen ist Englisch ein exklusiver Club. Englische und amerikanische Verlage sind es gewöhnt, ihre Bücher zu exportieren, aber mit dem Import sind sie überhaupt nicht vertraut – tatsächlich kommt das so gut wie nie vor.
Wie ist denn der Anteil von Übersetzungen in beiden Sprachräumen?
Mir hat man gesagt, dass etwa vierzig Prozent der Neuerscheinungen in Deutschland Übersetzungen aus dem Englischen sind, während sich die Übersetzungen vom Deutschen ins Englische etwa in den USA im einstelligen Prozentbereich bewegen. Und darin mit eingerechnet sind schon wissenschaftliche Übersetzungen, die man zum Beispiel für das Studium der Germanistik braucht. Ich glaube, amerikanische und englische Verleger sind nicht besonders interessiert an Übersetzungen aus anderen Sprachen, weil sie überzeugt sind, dass sie ohnehin schon die besten Autoren der Welt haben. Und ehrlich gesagt, kann ich da schlecht widersprechen.
Nicht Ihr vielleicht berühmtestes Buch, „Das Jesus-Video“, sondern ausgerechnet Ihr 1995 in Deutschland veröffentlichter erster Roman, „Der Haarteppichknüpfer“, wurde in englischer Sprache verlegt. Wie kam es dazu?
Diese Veröffentlichung verdanke ich der vehementen Fürsprache des US-Autors Orson Scott Card. Einfach war es trotzdem nicht. Es dauerte – ohne Witz – drei Jahre, bis zum einen die Verträge ausgehandelt waren und zum anderen der amerikanische Verlag verstanden hatte, dass er einen Übersetzer brauchte und den auch bezahlen musste.
Die zweite Veröffentlichung, der 2011 in Deutschland erschienene Nanotechnik-Thriller „Herr aller Dinge“, ist in dem Amazon-Verlagsprogramm „Amazon Crossing“ erschienen. Dort werden gezielt internationale Titel ausgewählt und für den US-Markt übersetzt. Ist das der Weg der Zukunft?
Bei Amazon Crossing und „Lord of all things“ lief es jedenfalls viel besser. Amazon denkt eben globaler als alle anderen. Aber dort verfolgt man wohl eher eine Strategie der Breite: Wer mal dran war, muss sich erst wieder hinten anstellen.
Also dürfen die englischsprachigen Fans – und davon gibt es den euphorischen Amazon-Rezensionen zufolge viele - vorerst nicht auf weitere Veröffentlichungen hoffen?
Im Moment zumindest gibt es keine entsprechenden Pläne. Was ich natürlich bedaure, denn ich kriege fast jede Woche eine Mail mit der Frage nach einer englischen Ausgabe von diesem oder jenem Roman, den jemand englischsprachigen Freunden schenken möchte, und ich muss dann immer sagen, leider, gibt es nicht. Wer russische Freunde hat, ist da entschieden besser dran …
Ist dieser schwere Zugang zum englischen Markt auch ein Grund dafür, dass Ihre Romane – bis auf die Ausnahme „Jesus-Video“ – bislang nicht verfilmt wurden? Sind sie schlichtweg nicht den richtigen Leuten bekannt?
Zumindest was Hollywood betrifft, spielt das bestimmt eine Rolle.
Das Science-Fiction-Genre boomt – gerade auch, was Roman-Verfilmungen betrifft: zuletzt „Der Marsianer“ von Andy Weir – von Ridley Scott mit Matt Damon verfilmt. Oder „The Expanse“ von Daniel James Abraham und Ty Franck als Serien-Produktion. Auch Ihr „Türöffner“ in den USA, Orson Scott Card, kam mit „Enders Game“ mit Harrison Ford und Ben Kingsley in den Hauptrollen zu Film-Ehren. Sie schreiben seit 30 Jahren Science-Fiction-Bestseller. Wären Sie ein englischsprachiger Autor, hätte Hollywood wohl kaum einen Bogen um Sie machen können, oder?
Nun, von Orson Scott Card weiß ich, dass dieses Filmprojekt buchstäblich Jahrzehnte in der Pipeline war und er ein ständiges Hin und Her von „machen wir“ und „machen wir doch nicht“ durchlebt hat. Auch englischsprachige Science-Fiction-Autoren haben es nicht unbedingt einfach“
Gab oder gibt es Gespräche mit Ihnen zu Film- oder Serienprojekten vielleicht auch in Europa? „Herr aller Dinge“ mit seiner Mischung aus Liebes-Drama, Science-Fiction und Military-Thriller scheint doch wie geschaffen dafür zu sein?
Ja, solche Gespräche gab es, und durchaus nicht wenige. Es gibt auch konkrete Vorhaben, aber darüber darf ich nichts erzählen.
Ihr Kollege Frank Schätzing hat mal gesagt, die meistgestellte Frage seines Lebens sei die, wann denn „Der Schwarm“ verfilmt werde. In diesem Jahr – 17 Jahre nach Erscheinen des Buches – begannen die Dreharbeiten zum Öko-Fantasy-Thriller als internationale Serienproduktion. Könnte das ein Türöffner für andere europäische Produktionen sein?
Soweit ich Einblick habe in das Filmgeschäft in Europa, braucht es nicht einen Türöffner, es braucht schlicht und einfach mehr Geld. Daran scheitert fast alles, was hier scheitert.
Verraten Sie unseren Lesern, an welchem Romanstoff sie aktuell arbeiten? Wann ist mit einer Veröffentlichung zu rechnen?
Das verrate ich grundsätzlich nie im Voraus, sondern erst, wenn das Buch zumindest kurz vor dem Erscheinen steht. Fragen Sie mich also nächsten Herbst noch mal.
Noch eine private Frage: Sie leben mit ihrer Familie seit fast 20 Jahren fernab der schwäbischen Heimat in der französischen Bretagne. Hand aufs Herz: Wie oft überkommt Sie bei all dem Fisch- und Muschelzeug die Sehnsucht nach einer schönen Spätzle-Pfanne?
Oh, eine Spätzle-Pfanne kann man sich hier durchaus selber zubereiten – mit Spätzle aus dem Elsass eben. Was aber eine unerfüllte Sehnsucht bleibt, sind frische Laugenbrezeln!