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Kräftemessen Kormákurs Drama "Der Eid": Wie weit geht Vaterliebe?

Seine Tochter ist über beide Ohren verliebt, aber ihr neuer Freund ist dem isländischen Arzt Finnur ein Dorn im Auge. Er ist bereit, sehr weit zu gehen, um den Umgang zu verhindern.

Von Anna Ringle, dpa 02.02.2017, 15:27

München (dpa) - Nach dem opulenten Bergsteiger-Drama "Everest" nimmt Regisseur Baltasar Kormákur die Kinozuschauer erneut in die Natur mit - dieses Mal ins schneebedeckte Island.

Die Landschaftsbilder sind außergewöhnlich, aber die Geschichte, die in dem Thriller erzählt wird, ist mindestens genauso packend: In "Der Eid" geht es um einen Herzchirurgen, der seine Tochter beschützen will.

Der isländische Regisseur stand für den Film nicht nur hinter der Kamera - Kormákur besetzt auch die Rolle des Protagonisten Finnur. Der Arzt lebt in gut situierten und geordneten Verhältnissen. Er hat zwei Töchter und wohnt in einem edlen modernen Haus. In der Klinik gilt er als Spezialist und ist anerkannt, in seiner Freizeit sucht er Ausgleich auf dem Rennrad - auch hier will er Perfektion. Finnur wirkt ruhig, besonnen und ausgeglichen.

Doch seine immer loser werdende Beziehung zu seiner älteren Tochter Anna (Hera Hilmar), die schon volljährig und ausgezogen ist, belastet ihn zunehmend. Irgendwie kommt er an sie nicht mehr ran, findet keinen Draht. Warum? Óttar (Gísli Örn Gardarsson) ist Drogendealer und übt eine enorme Anziehungskraft auf Anna aus. Die beiden sind seit Kurzem zusammen. Als die junge Frau ihrem Vater ihren neuen Lebenspartner vorstellt, ist der überhaupt nicht begeistert. Und Anna? Für sie gibt es nur noch ein Thema: Óttar, Óttar, Óttar.

Der Film besticht durch seine ruhigen Sequenzen, die schönen, kühlen Farben und eine sanfte Emotionalität, die sich im Zuhause von Finnur zeigt. Dem gegenüber steht die eiskalte Wut, die der Arzt auf den neuen Freund von Anna hat.

Denn als klar ist, dass Óttar nicht einfach so wieder aus Annas Leben verschwinden wird, will Finnur nachhelfen. Er droht dem Drogendealer damit, zur Polizei zu gehen und seine Geschäfte auffliegen zu lassen. Doch der lässt sich nicht einschüchtern und geht in die Offensive. Hier nimmt der Thriller Fahrt auf: Ein Kräftemessen zwischen den beiden Männern beginnt. Der Verlauf ist nicht vorhersehbar, immer wieder schlägt das Pendel zur einen, dann wieder zur anderen Seite aus. Die beiden Männer begeben sich in eine Abwärtsspirale - und irgendwann traut man beiden fast alles zu.

Der Filmtitel spielt auf Finnurs Berufszunft an. Zu Filmbeginn werden Zitate des Eides des Hippokrates eingeblendet, die sich um die ärztliche Ethik drehen. Klar, die Zuschauer fragen sich: Wird dieser Eid in diesem Film gebrochen?

Der Eid, Island 2016, 110 Min., FSK ab 16, von Baltasar Kormákur, mit Hera Hilmar, Baltasar Kormákur, Gísli Örn Gardarsson

Der Eid