Kulturschaffende in Sachsen-Anhalt starten Aufruf "5 vor 12" Rote-Karten-Aktion gegen Kulturabbau
Die Diskussionen um die Finanzkürzungen für die Hochschulen verunsichern zunehmend auch die Kulturverantwortlichen im Land. Der Deutsche Bühnenverein Landesverband Ost macht jetzt gegen einen möglichen Kulturabbau mobil.
Magdeburg/Halle l Was wird sich das Land Sachsen-Anhalt seine Kultur, seine Theater, Museen, Orchester, Bibliotheken zukünftig kosten lassen? Konkretes Zahlenwerk für das kommende Jahr liegt offiziell noch nicht vor. Gerechnet wird jedoch schon längst in den zuständigen Ministerien. "Es gibt Planungen, aber noch keinen festgelegten Kulturetat", so Pressesprecher Martin Hanusch. Man hält sich bedeckt.
Es sind diese Planungen, die der Gerüchteküche Nahrung geben. In Kulturkreisen kursiert die Zahl 80 Millionen Euro für das kommende Jahr. Das wäre eine Kürzung um fünf Millionen Euro. Derzeit liegt der bereits im vergangenen Jahr verkleinerte Kulturetat bei rund 85 Millionen. Laut Kulturkonvent sind das 15 Millionen Euro zu wenig.
Der Konvent - einstimmig von den Landtagsabgeordneten ins Leben gerufen - hatte dem Landtag im Februar neben einer Bestandsaufnahme der Kultursituation im Land auch 163 Empfehlungen mit auf den Weg gegeben. Die zweifelsohne Interessanteste war die empfohlene Aufstockung des Kulturetats ab dem kommenden Jahr auf 100 Millionen Euro. Diese Forderung stieß anfangs auch auf Kritik, vor allem in CDU-Kreisen. Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) nannte sie im Februar immerhin "keine unverschämte Empfehlung".
"Der Umgang mit den Empfehlungen lässt nichts Gutes erahnen."
Es ist das Aufarbeiten dieses Kulturkonvents, das den kulturell Tätigen zunehmend Sorge bereitet. "Der bisherige Umgang mit diesen Empfehlungen lässt nichts Gutes erwarten", heißt es in einem Brief, unterzeichnet von Ulrich Katzer, dem Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins Landesverband Ost, an Mitglieder des Verbandes und an Kolleginnen und Kollegen. "Es gibt bisher keine Reaktionen der im Landtag vertretenen Parteien", sagt Katzer. Das und die Diskussion um die Hochschulfinanzierung beunruhige nicht nur ihn außerordentlich.
Heute wird die SPD-Landtagsfraktion in Magdeburg zu einem Werkstattgespräch zusammenkommen. Thema: "Vom Konvent zum Konzept - Kultur in Sachsen-Anhalt". Geladen sind auch Olaf Zimmermann, der Moderator des Konvents, und Jan Hofmann, Staatssekretär im Kultusministerium.
Acht Tage später, am 16. Mai, sollen die Gespräche mit den kommunalen Trägern der Theater und Orchester im Land beginnen. Es geht um die finanzielle Förderung für die nächsten Jahre. Die Einladung des Kultusministeriums an die Träger lässt aufhorchen: "Aus den seit kurzem bekannten Eckwerten für die Einzelressorts ergeben sich gravierende Rückwirkungen für die Kulturförderung von 2014 an. Auch der Bereich der Theater- und Orchesterförderung wird von dieser Entwicklung erheblich betroffen sein."
Das Kultusministerium nannte dieses Treffen einen Einstieg in die Vertragsverhandlungen. Es soll, so heißt es aus dem Ministerium, um eine grobe Linie gehen, nicht schon um einzelne Summen für bestimmte Häuser.
"Wir geben dem Protest ein Gesicht."
"Wir gehen davon aus, dass wir mit erheblichen Kürzungen rechnen müssen. Wir müssen uns wehren", sagt Katzer, der gegenüber der Volksstimme unterstreicht, dass es nicht nur um Theater und Orchester gehe, sondern um die gesamte Kulturlandschaft in Sachsen-Anhalt. Es sei 5 vor 12. So heißt auch eine Aktion, die der Vorstand des Landesverbandes Ost gemeinsam mit anderen Kulturverbänden, darunter die Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e.V. und der Berufsverband Bildender Künstler Sachsen-Anhalt, und Gewerkschaften ins Leben gerufen hat. Auch der Landesmusikrat unterstützt das Anliegen. Dem Landesmusikrat gehören 50 institutionelle Mitglieder an.
Auf der Internetseite "5v12.org" sind Menschen mit roten Karten zu sehen. "Damit geben wir dem Protest ein Gesicht", sagt Katzer. "Menschen bekennen sich zur Kultur."
320 Fotos waren gestern Nachmittag bereits eingestellt. 809 Unterschriften lagen vor. Neben der Rote-Karten-Aktion (derzeit liegen 30000 Karten bereit) und der Unterschriftensammlung wird auch zu Aktionen gegen Kulturabbau aufgerufen. Ein Aktionstag am 21. Mai soll laut Vorstand des Landesverbands Ost in möglichst vielen Städten im ganzen Land aufgenommen werden. Eine gemeinsame Abschlussveranstaltung ist in Halle geplant.