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Ferien  Die Dauercamper vom Plattensee

Zu DDR-Zeiten beherbergte der Campingplatz Dannigkow 54 Dauercamper. Heute sind es noch vier. Zum Beispiel die Kowalziks.

Von Thomas Schäfer 08.09.2018, 07:00

Dannigkow l Zeltplatz Dannigkow, Platz A, Parzelle 18. Zwischen hohen Kiefern ist eine riesige weiße Plane zeltförmig aufgespannt. Sie schützt vor Sonne, Regen und vor den von den Kiefern herabfallenden Nadeln, Zapfen und Ästen. Das ist wichtig, denn darunter befindet sich ein Wohnwagen Typ Tabbert 500. Klein ist er, doch urgemütlich. Seit 1997 ist er nicht mehr bewegt worden, und wurde so zum Mittelpunkt von Parzelle 18.

Am Wohnwagen schließt bündig ein Vorzelt an. Ein Tisch steht darin, Fernseher, kleine Regale und Schränke, ein Kühlschrank. An der Decke eine alte mit Stoff bezogene Lampe, auf dem Boden ein Teppich. Am Eingang stehen Badelatschen bereit. So bleibt der Dreck draußen.

Rechts neben dem Wohnwagen steht in knapp drei Metern Entfernung auf Gehwegplatten ein Zelt-Pavillon mit Hollywood-Schaukel, Tisch und Stühlen. Im gesamten Areal sind liebevoll Blumen angepflanzt, ein Vogelhäuschen wartet auf gefiederte Gäste, kleine Lampen, die nachts den Weg weisen, sind überall verteilt. Gartenzwerge begrüßen Besucher.

Dieses Kleinod ist das Refugium von Familie Kowalzik. Die Schönebecker Roswitha und Sieghard sind Dauercamper und haben sich hier ein zweites Zuhause eingerichtet, wie sie sagen. Und das schon seit 50 Jahren.

Sieghard erinnert sich noch ganz genau, wie alles anfing. „Ich hatte einen Arbeitskollegen, der hier 1967 gezeltet hat“, sagt er und deutet mit dem Zeigefinger auf die genaue Stelle. Heute ist dort alles zugewachsen - Büsche, Sträucher, Gras. „Die Natur holt sich alles zurück“, sagt Sieghard und lacht. „Jedenfalls hat uns das damals so gut gefallen, dass wir entschieden haben, auch Camper zu werden.“

Ein Jahr später war es soweit - 1968. Es war ihre erste Saison am Plattensee. Damals noch mit Zelt. „Marke Jalta, 880 Mark“, erinnert sich Roswitha. „Das war damals eine Menge Geld“, sagt Sieghard.

Ende der 60er Jahre begann die Zeit der Naherholung. Alle wollten raus aus den Städten, rein in die Natur. Ein Zeltplatz nach dem anderen wurde eröffnet, Bungalowsiedlungen entstanden, kleine Zeltstädte rund um die Seen sprossen aus dem Boden.

„Einen Bungalow konnten wir uns nicht leisten, das war viel zu teuer“, blickt Sieghard zurück. Die 880 Mark hätten schon weh getan. „Aber das Zelt Jalta war schon was“, sagt er. „Vier mal vier Meter, Steilwände, da ging was rein.“

„Oh ja“, erinnert sich Roswitha. „Die erste Saison haben wir zu Zehnt darin geschlafen“, sagt sie und lacht. Freunde, die sie schon aus Schulzeiten kannten, hätten damals auch Gefallen am Campen gefunden, hatten aber kein Zelt. „Und so haben wir 1968 zu Zehnt im Zelt campiert. Die Kinder und Frauen im Schlafzelt, die Männer im Vorzelt.“

Jede Campingsaison haben sie seitdem die Wochenenden am Plattensee verbracht. Anfangs fuhr Roswitha oft mit dem Fahrrad von Schönebeck nach Dannigkow, Sieghard hatte eine Schwalbe. Unter der Woche arbeitete Roswitha im Sprengstoffwerk Schönebeck in der Lohnbuchhaltung, Sieghard zuletzt als Betriebsleiter einer Brauerei. Mittlerweile sind beide 78 Jahre alt und im Ruhestand. Doch das Campen wollen sie noch lange nicht aufgeben.

„Die Campingkultur hatte vor der Wende ihre Hochzeit“, erzählt Sieghard. „Damals stand Zelt an Zelt. Um einen Platz zu bekommen, brauchte man Beziehungen oder reichte ein paar Scheine unter dem Tisch durch“, erinnert er sich.

Anfangs hatten sie keinen Strom und kein Wasser, es gab ein Plumpsklo. „Ohne Kühlschränke haben wir damals kleine Bunker zum Kühlen in die Erde gegraben, einen für das Essen, einen für die Getränke“, lacht Sieghard. Nach und nach bauten sich die Camper eigene Toiletten, legten Stromleitungen und sorgten für Wasserversorgung, indem sie Brunnen schlugen. „Es war eine schöne Zeit. Ein toller Zusammenhalt“, so Sieghard.

Mit der Zeit entwickelte sich der Campingplatz weiter. Eine Gaststätte wurde Anfang der 70er Jahre eröffnet, es gab einen Kiosk, Freiluftkinos entstanden, ein Sprungturm am Plattensee lockte Besucher, die immer mehr wurden.

Nach der Wende jedoch wurden es immer weniger. „Die Leute fingen an, die Welt zu entdecken, was ja verständlich ist. Campen war nicht mehr so angesagt“, sagt Roswitha. Das machte sich auch am Plattensee bemerkbar.

„Seit dem Sachsen-Anhalt-Tag 2013 ging es langsam wieder bergauf“, bemerkt Sieghard. „Die Toiletten und der Duschbereich wurden erneuert, nach und nach gibt es auch wieder mehr Veranstaltungen, und es gibt wieder eine Versorgung mit Essen und Trinken, was für steigende Besucherzahlen sorgt. Doch so viele wie früher, werden es vermutlich nie wieder werden.“