1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Ein Kleinod in der Jercheler Kirche

Gemeindedest Ein Kleinod in der Jercheler Kirche

Der Jercheler Schnitzaltar ist ein stummer Zeuge der Reformation. Er erzählt er von den Umbrüchen der Zeit.

Von Antonius Wollmann 19.08.2016, 01:01

Jerchel lEtwas unscheinbar liegt Jerchel zwischen Solpke und Calvörde. Dennoch hat der Gardelegener Ortsteil mit dem Schnitzaltar der Dorfkirche einen wahren Schatz zu bieten. Zwölf filigran geschnitzte Heilige sind auf ihm abgebildet. Sie rahmen die im Zentrum positionierte Heilige Madonna mit der Mondsichel ein. Auf der Rückseite befindet sich ein Gemälde mit biblischen Motiven.

In diesem Jahr feiert daskunsthistorische Kleinod der Jercheler Kirche seinen 500. Geburtstag. An welchem Tag genau der Altar fertig gestellt wurde, ist nicht bekannt. Doch unzweifelhaft ist, dass ihn ein Jercheler Meister im Jahre 1516 fertigte. Davon zeugte eine Inschrift auf seiner Rückseite. Das ist Grund genug für den Pfarrbereich Letzlingen-Solpke, das diesjährige Gemeindefest am kommenden Sonntag in Jerchel zu veranstalten.

Während des Festgottesdienstes wird der Altar im Mittelpunkt stehen. „Wir wollen die Geschichte, die er erzählt, zum Leben erwecken“, sagt Pfarrer Gerd Hinke. Denn die sei sowohl kunsthistorisch, als auch religionsgeschichtlich sehr interessant.

Die Malerei auf der Rückseite weise laut Hinke daraufhin, dass der beauftragte Künstler ein genauer Kenner Albrecht Dürers, einer der wichtigsten Maler der Renaissance, gewesen sei. „Die Stilelemente wie der Schattenwurf der Figuren und die Bildgebung sind ein klarer Hinweis dafür.

Fast noch wichtiger ist die theologische Bedeutung des Altars. „Immerhin handelt es sich hier um einen Altar aus der Lutherzeit“, erzählt der Pfarrer. Bereits ein Jahr vor dem Thesenanschlag des großen Reformators in Wittenberg gefertigt, kündigt er von den Umbrüchen der Zeit. So hätte insbesondere Luther die Verehrung der Heiligen vehement abgelehnt.

Ihre Verwendung im Altar zeige aber, dass die Menschen sich nicht ohne Weiteres von ihren traditionellen religiösen Vorstellungen verabschieden wollten. „Da hat vielleicht der Aberglaube noch eine Rolle gespielt. Aber von einer klassischen Heiligenverehrung würde ich trotzdem nicht sprechen“, gibt Hinke Auskunft.

Für den Pfarrer hat die Entscheidung für Jerchel einen vom Altar abgesehen einen weiteren angenehmen Nebeneffekt: „Es hat durchaus Charme, in einem kleineren Ort zu feiern.“