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Bürgermeisterwahl Von der Wirtschaft in die Politik

Zwei Bewerber ziehen in die Stichwahl um das Genthiner Bürgermeisteramt. Im Porträt: Matthias Günther.

Von Simone Pötschke 07.05.2018, 01:01

Genthin l Vom nahezu unbekannten Bewerber zum heißen Anwärter auf den Sessel des Stadtchefs: Matthias Günther hat sich nach dem ersten Wahl gang am 29. April zu einem Shooting-Star gemausert. Es ist nicht Arroganz oder Überheblichkeit, wenn er im Rückblick meint, damit gerechnet zu haben, im Wahlergebnis vorn mitmischen zu können.

„Ich habe mit vielen Menschen geredet, war mit Geschäftsleuten der Innenstadt im Gespräch und habe viel dafür getan, mich bekannt zu machen. Das hat sich ausgezahlt“, erklärt er seinen Wahlerfolg sachlich und ohne viel Drumherum.

Günther schwimmt als Mann der Wirtschaft, den es in die Kommunalpolitik drängt, im Wahlgetümmel gegen den Strom. Zu verlieren hat er immerhin nichts. Scheitert er am Sonntag, kehrt er in sein gewohntes berufliches Tagesgeschäft zurück. Ja, sagt Günther, trotzdem braucht man schon Mut, um als Mann der Wirtschaft kommunalpolitisches Neuland zu betreten. Dass ihn nicht Übermut umtreibt, haben ihm die Wähler am 29. April abgenommen.

„Ich bin kein Karriere-Mensch. Ich habe in meinem beruflichen Leben viel zugelernt. Ich besitze einen großen Lernwillen und habe immer versucht, die Chancen, die sich mir boten, zu nutzen“, zeigt Günther Selbstbewusstsein. Mit fast 50 Jahren sei es für ihn an der Zeit, im Bürgermeisteramt eine andere Sichtweise auf das Leben zu bekommen, ist Günther entschlossen, in die Kommunalpolitik zu wechseln. Für ihn sei deshalb die Kandidatur eine sinnvolle Herausforderung.

Günther definiert sich stark als Mann der Wirtschaft, weniger als ein politisch verorteter Bewerber. Er wolle sich nicht in die Schublade einer Partei stecken lassen. Auch mit politischen Vorbildern „habe er es nicht so“, erlaubt sich der so sachlich wirkende Altenplathower eine kleine saloppe Anmerkung.

Fast etwas zurückhaltend gibt er dennoch etwas von seiner bisher nahezu unbekannten politischen Denken preis. Sein Schützenregiment, in dem er zur Wendezeit in Brandenburg-Hohenstücken unweit von Berlin seinen Grundwehrdienst geleistet habe, sei eines der wenigen Regimenter der NVA gewesen, die während der Demonstrationen gegen die SED-Diktatur Gefechtsbereitschaft herstellen mussten. „Wir waren kurz vor einem Einsatz, die Schützenpanzer und Lkw sind stündlich angelaufen, so dass sie einsatzbereit waren. Es herrschte eine Stimmung, als ob der dritte Weltkrieg bevorstünde. So etwas möchte ich nie mehr erleben.“

In die erste Reihe hat es Günther zu DDR-Zeiten nicht gedrängt. Wohl auch deshalb, weil viele seiner Verwandten im Westen Deutschlands lebten. „Ich weiß, was eine Teilung der Familie bedeutet“, erwähnt er fast beiläufig.

Als Projektmanager ist Günther viel unterwegs, auch im Ausland. Seine Heimat blieb für ihn Genthin, in dem Haus, das sein Ururgroßvater gemeinsam mit seinem Urgroßvater gebaut hat. Berufliche Heimstatt war ihm über viele Jahre das Genthiner Waschmittelwerk. „Ich habe seither viele tolle Jobs gehabt. „Nach 20 Jahren kann ich mir nun vorstellen, etwas ganz anderes zu machen“.

Matthias Günther weiß, dass in der Verwaltung und im Stadtrat nicht gekuschelt wird. In Ausschüssen und Stadtrat herrsche ein ganz anderer Stil als in der Wirtschaft, um Entscheidungen herbeizuführen, hat er festgestellt. Immer wieder würden Emotionen mitschwingen und damit Gegenreaktionen geschürt, die nicht hilfreich seien.

„Ich setze auf Räte, die über Lösungsvarianten, die die Verwaltung vorlegt, sachlich streiten“, versucht Günther seine Erfahrungen aus der Wirtschaft einfließen zu lassen. Kriterium soll für ihn der „gute Wille“ und nicht das Parteibuch sein.