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Hotel im Jerichower Land in fünfter Genaration vor dem Aus Das nächste Hotel-Aus droht: Gastronom in Jerichow findet keinen Nachfolger

Reinhard Lucke, Inhaber von „Poeges Hotel“ in Jerichow, meisterte die letzten Turbulenzen in der Gastronomie und sucht bisher erfolglos einen Nachfolger.

Von Simone Pötschke Aktualisiert: 22.07.2024, 11:18
Reinhard Lucke, Inhaber von „Poeges Hotel“ in Jerichow, hinterm Tresen. Er hofft auf einen Nachfolger.
Reinhard Lucke, Inhaber von „Poeges Hotel“ in Jerichow, hinterm Tresen. Er hofft auf einen Nachfolger. Foto: Simone Pötschke

jerichow. Reinhard Lucke steht gut gelaunt am Tresen der urigen Gaststube in „Poeges Hotel“ in Jerichow. Hier hat er seit mehr als vier Jahrzehnten unverändert seinen Platz und will ihn, so lange es ihm noch gesundheitlich gut geht, auch noch weiter ausfüllen. Doch was kommt dann?

Der Enthusiasmus für die Gastronomie ist Reinhard Lucke trotz hoher Arbeitsbelastungen auch mit dem Rentenalter nicht verloren gegangen. Die Jerichower, die hier zu den verschiedensten Anlässen einkehren, schätzen diese Beständigkeit.

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Doch diese kommt ins Wanken. In vierter Generation betreibt Lucke das Hotel in der Klosterstadt, eine fünfte wird es jedoch nicht geben. „Ich habe zwar vier Kinder, aber keines von ihnen wird das Hotel, das vorwiegend vom Restaurant- und Küchenbetrieb lebt, übernehmen“, macht sich der gestandene Gastronom, der 1985 das Hotel von seinem Vater übernahm, nichts vor.

Hotelübernachtungen gibt es ohnehin nur noch selten. Der 73-Jährige sucht seit vielen Monaten einen Nachfolger und hat dazu auch das Internet bemüht. Erfolglos, einen ernsthaften Bewerber hat es bisher nicht gegeben.

Corona-Probleme gut in den Griff bekommen

Dabei hat Reinhard Lucke die vielen Gründe, die in den vergangenen Jahren in der Branche zum Kneipensterben geführt haben, für sein Haus gut in den Griff bekommen. Nach Corona hat Lucke, der fünf Mitarbeiter in Teilzeit beschäftigt, neben dem Restaurantbetrieb die Essenversorgung von Hort und Kitas übernommen und beliefert Senioren mit einer Mittagsmahlzeit. „Damit läuft der Betrieb sogar besser als vor Corona“, meint er.

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Der Jerichower klagt nicht darüber, dass die Gastronomie unter ständig steigenden Lebensmittelpreise zu leiden hat. Erschwerend kam jedoch dazu, dass die Branche zur höheren Mehrwertsteuer zurückkehren musste. Die damit verbundenen Preiserhöhungen seien bei ihm immer dennoch kulant ausgefallen, einen Rückgang der Gästezahlen, der allgemein in der Branche zu verzeichnen ist, trat bei ihm nicht ein. Das kann der gelernte Kellner mit einigem Stolz von sich behaupten. Es liege oft auch am Einkauf, um die Preise unter Kontrolle zu behalten, plaudert der gestandene Gastronom aus dem Nähkästchen.

Nachfolger scheuen Größe des Objekts

Solche Aussichten allein dürften einen potentiellen Nachfolger eigentlich aufmerksam werden lassen. Wobei, das sagt der Senior ausdrücklich, wer in der Gastronomie keine Erfahrung mitbringt, kann in dieser Branche nicht lange durchhalten. Doch das große Problem, einen Nachfolger speziell für „Poeges Hotel“ zu finden, sei eindeutig die Größe des Objektes, räumt Lucke ein. Ein Gastraum mit 15 bis 20 Plätzen, ein kleiner Saal mit 70 Plätzen und ein großer mit 200 Plätzen, dazu ein Biergarten mit 8.800 Quadratmetern, der mittlerweile mit Kiefern bewachsen ist.

An dem Aufschwung Jerichows um das Jahr 1900, als die Stadt eine Kleinbahnanbindung erhielt und die Heilstätten entstanden, wollte auch Reinhard Luckes Urgroßvater mit dem Bau eines Kurhotels teilhaben. Die Fassade der Gründerzeit, an der sich kaum etwas verändert hat, kündet noch davon.

Theater der Altmark gab Gastspiele

Auch noch zu DDR-Zeiten, als die Gaststätte über den Kommissionshandel geführt wurde, blieben die großzügigen Räumlichkeiten gefragt. Sie boten Voraussetzungen für Kino-Abende und Gastspiele des Theaters der Altmark.

Nach der Wende sah das anders aus. „Solange die Gastronomie hier läuft, bleiben wir dabei“, spricht Reinhard Lucke auch im Namen seine Frau. Dass es um die Aussichten auf einen Nachfolger schlecht bestellt bleibt, betrübt diesen Optimismus nicht. Reinhard Lucke hat jedenfalls genügend Pläne für die Zukunft.