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Geflügelzucht Keine Ausstellungen, keine Einnahmen

Gerade erst hatte der RGZV 1894 einen Platz samt Vereinsheim übernommen. Dann machte Corona den Sanierungsplan zunichte.

Von Susanne Christmann 11.12.2020, 07:00

Genthin l „Ausstellungen sind für jeden Rassegeflügelzüchter Höhepunkte im Zuchtjahr“, sagt Uwe Balzer, erster Vorsitzender des Rassegeflügelzuchtvereins (RGVZ) 1894 Genthin im Gespräch mit der Volksstimme. Dort können die Züchter ihre Tiere durch die Preisrichter beurteilen lassen, dort halten sie Kontakt zu anderen Züchtern, nicht selten auch über die EU-Grenzen hinaus, dort tauschen Züchter Tiere, um die eigene Zucht zu verbessern, dort geht es gesellig zu, vor allem beim gemeinschaftlichen Auf- und Abbauen der Käfige.

Das alles hat Corona in diesem Jahr zunichte gemacht. Für den RGZV 1894 Genthin, der 2019 noch mit allem Drum und Dran sein 125-jähriges Bestehen feiern konnte, ist die Corona-Pandemie aber auch in einen eigentlich wasserdichten Finanzierungsplan gegrätscht. „Unser Verein“, so der gebürtige Hesse Uwe Balzer, „hat Anfang des Jahres vom Eigentümer aus Wuppertal den Platz samt Vereinsheim in Genthin an der Bahnhofstraße erworben, den bis dato der nun aufgelöste Hundeverein genutzt hat.“

Voller Tatendrang gingen viele der derzeit 38 Mitglieder in Eigenleistung an die Renovierung und Neueinrichtung von Küche und Saal des Gebäudes. Aber nicht alles lässt sich in Eigenregie stemmen, auch finanziell nicht. Die Dach- sanierung etwa oder die Elektrik. Weshalb Uwe Balzers Gattin Marion einen Fördermittelantrag im Rahmen des Leader-Programms gestellt hat. „Wir stehen dort inzwischen auch auf der Prioritätenliste recht weit oben“, so Marion Balzer.

Der Knackpunkt: Die Fördermittel werden nur gewährt, wenn der Verein 15 000 Euro Eigenmittel aufbringt. Der Plan war, einen Teil dafür aus Ausstellungen zu erwirtschaften. Ein weiterer Teil sollte die Vergütung für den Auf- und Abbau der Käfige bei der Landesschau in Magdeburg erbringen. Weil die Rassegeflügelzüchter weit und breit keine Unterstützung in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit sehen, müssen sie nun voll und ganz auf die finanzielle Hilfe von weiteren Sponsoren setzen. Denn wenn das Vereinsheim erst einmal fertig saniert ist, dann kann es nicht nur der Verein nutzen, sondern auch an andere vermietet werden. Und so wiederum für Einnahmen für den Verein sorgen.

Unterkriegen lassen wollen sich die Genthiner Rassegeflügelzüchter auf keinen Fall. Schließlich gibt es auch wieder eine Jugendgruppe mit sechs jungen Züchtern. Der Zusammenhalt und die sozialen Kontakte, die das Vereinsleben biete, seien, so Uwe Balzer, vor allem auch für die älteren Mitglieder sehr wichtig. Dass für sie die Dezember-Mitgliederversammlung mit Weihnachtsfeier wegen Corona auch ausfallen muss, haben Uwe Balzer und sein 2. Vereins-Vorsitzender mit folgender Aktion kompensiert: Sie setzten sich am Nikolaus-Sonntag jeder eine rote Wichtelmütze auf, luden den Kofferraum voll mit Weihnachtspäckchen und fuhren damit sieben Stunden lang bei jedem Vereinsmitglied vorbei und überbrachten das im Verein übliche Weihnachtsgeschenk.

Hoffnung mache auch, so Uwe und Marion Balzer, dass Corona möglicherweise auch positive Effekte hervorbringe. Sie beobachten, dass wieder mehr Menschen aufs Land gehen, dass Kleingärten einen Aufschwung erleben würden und die Tierhaltung auch. Immer mehr Menschen würden sich wieder mit der Haltung von Hühnern beschäftigen, weil sie so Eier, bei denen sie wüssten, wo sie herkommen, für den eigenen Verzehr bekämen.

 Das bringe einem Rassegeflügelzuchtverein nicht unbedingt die gewünschten neuen Mitglieder, aber das Verständnis für die Tierhaltung wachse so auf natürliche Art und Weise. Der Verein müsse sich aber Gedanken machen, wie mit neuen Ideen neue Mitglieder gewonnen werden könnten. „Bei uns kann jeder Mitglied werden, der möchte“, wirbt Balzer. Auch wenn er selbst kein Rassegeflügel halten und züchten wolle. Ein wesentlicher Vorteil einer Mitgliedschaft sei auch, dass sich der Verein um die Organisation und Dokumentation der Impfpflichten für das Federvieh kümmere.

Uwe Balzer, der derzeit selbst 80 Zwerghühner und 100 Tauben in selbst gebauten Volieren hält, weiß, dass es einiges an Organisation bedeutet, wenn mal eine Reise ansteht. In seiner Nachbarschaft in Mangelsdorf sei das kein Problem, da helfe man sich selbstverständlich gegenseitig bei der notwendigen Versorgung der Tiere. Und wenn die Arbeit getan ist, dann könne man sich schon mal einen Schluck vom selbst gemachten Eierlikör genehmigen.