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Radweg Solo für eine Zauneidechse

Die Parchener Zauneidechse erobert mit dem Radwegeprojekt Parchen-Genthin politisches Terrain.

Von Simone Pötschke 08.02.2018, 00:01

Genthin l Eigentlich hätte alles ganz ohne Aufregung über die Bühne gehen können: Der Tagesordnungspunkt Informationen zum Radwegebau Parchen-Genthin bot zunächst keine Überraschungen. Vorgegeben ist der Baubeginn im Jahr 2020, nachdem - so hieß es im November aus dem sachsen-anhaltischen Verkehrsministerium - die hier nachgewiesene streng geschützte Zauneidechse auf einer eigens angelegten Fläche - erfolgreich umgesiedelt wurde.

Ausschussvorsitzender Harry Czeke (Die Linke) verzichtete darauf, Details der Informationsvorlage, erarbeitet durch die Verwaltung, dem Gremium vorzutragen. Eher frustriert merkte er an, dass der Radwegebau mittlerweile schon im 13. Jahr in Rede stünde. Und dies, obwohl dessen Finanzierung durch den Bund gesichert ist und das Vorhaben an erster Stelle des sachsen-anhaltischen Bedarfsplanes für straßenbegleitende Radwege steht. Czeke sagte, dass aus seiner Sicht die Umsiedlung der Zauneidechsen schon längst vollzogen sein könnte. Deren Population sei bestimmt bekannt gewesen.

Mit dem Blick auf die anwesende Fachbereichsleiterin Alexandra Adel ließ Czeke dann allerdings den Geist aus der Flasche, als er den Wortlaut der Info-Vorlage genau hinterfragte: „Verstehe ich den Text richtig, dass es sich lediglich um das Vorhandensein einer einzigen Zauneidechse handelt, die für die zeitliche Verzögerung des Bauvorhabens sorgt?“ Alexandra Adel bestätigte dies mit einem knappen Ja, was unter den Ausschussmitgliedern für sofortige Entrüstung sorgte.

„Das kann man keinem mehr verklickern. Wir können das jedoch alles nur noch hinnehmen“, meinte Harry Czeke spürbar verzagt. Der Politikverdrossenheit würde damit Vorschub geleistet werden. „Man brauche sich nicht darüber wundern, dass die Leute wählen, wie sie wählen“, zeigte sich auch Helmut Halupka (SPD) desillusioniert.

Gerhard Koschnitzke (beratendes Ausschussmitglied und SPD-Mitglied) fügte an, dass man sich nur wundern könne, wie schnell ein Radweg auch gebaut werden könne. Man sehe nur nach Jerichow.

Dass in einer einzigen Zauneidechse durchaus Konfliktpotential liegen könnte, offenbarte auch die Reaktion von Bürgermeister Thomas Barz (CDU) auf eine Volksstimme-Anfrage nach Beendigung der Sitzung noch am gleichen Abend. „Bitte wenden Sie sich an die zuständige Behörde. Unsere Informationen erhalten wir auch nur von der LSBB (Landesstraßenbaubehörde). Ob es ein oder mehrere Reptilien waren/sind, wissen wir nicht“, antwortete er.

Für Aufklärung sorgte nun Peter Mennicke, Pressesprecher im sachsen-anhaltischen Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr. Im Planungsbereich seien an zwei Standorten Zauneidechsen festgestellt worden, einmal zwei Tiere im Bereich des Abzweigs Wiechenberg und außerdem ebenfalls zwei Tiere kurz vor dem Bauende am Gewerbegebiet Genthin. Die Fachleute, so der Pressesprecher, würden jedoch von einer 10-prozentigen Nachweisrate ausgehen.

Das heißt: Je kartiertem Individuum muss das 10-fache Vorkommen angenommen werden. Um wie viele Tiere es sich hier tatsächlich handele, nimmt Peter Mennicke Bezug auf die Diskussion im Umweltausschuss, sei übrigens ganz unerheblich. Denn jede einzelne der bei uns heimischen Zauneidechsen sei gemäß Bundesnaturschutzgesetz besonders und streng geschützt.