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Bauwerke Schönheit wird wiederentdeckt

Wer im Halberstädter Dom Orgelkonzerten lauscht, sitzt meist mit dem Rücken zum Instrument. Das könnte sich ändern.

Von Sabine Scholz 15.12.2017, 06:00

Halberstadt l „Das macht was her“, sagt Norbert Böttcher. Der Halberstädter Gerüstbau-Unternehmer steht am Mittwochabend im dunklen Dom. „So eine einmalige Orgel, da musste ich einfach helfen“, sagt er und blickt hinauf zur Orgelempore im Westwerk der gotischen Kathedrale. Dort taucht zunächst der untere Teil der Orgel aus dem Dunkel auf, dann setzen weitere Scheinwerfer das imposante hölzerne Schnitzwerk mit den riesigen Pfeifen in Szene.

„Da geht einem das Herz auf“, hört man aus den Reihen der kleinen Zuschauerschar, die diesen Probelauf verfolgen können. Sie alle gehören zu den Menschen, die dieses Projekt unterstützt und auf besondere Weise vorangetrieben haben, das am morgigen Sonnabend der Öffentlichkeit präsentiert wird. Als krönender Abschluss des Weihnachtsliedersingens, zu dem Michael-Praetorius-Chor und Kantorei um 17 Uhr in den Dom einladen.

Die Domorgel im Wortsinne wieder mehr in den Blick zu nehmen, ist eines der Anliegen des Förderkreises Musik am Dom. Mit der Beleuchtung der Orgel gehe man einen weiteren Schritt auf dem Weg zum großen Vorhaben „Durch die Orgel Licht“, sagt Ruth Hurek. Die Förderkreisvorsitzende begrüßt die Gäste am Mittwochabend und lässt gemeinsam mit Schatzmeister Dietrich Kießling noch einmal den langen Weg Revue passieren, den der Förderkreis in den vergangenen vier Jahren zurücklegte, damit nun tatsächlich die riesige Domorgel ins Licht getaucht wird.

Wer dieses Instrument sieht, wird vielleicht besser verstehen, warum die Bretterverschalung in der Mitte weg und der Durchgang wieder neu entstehen muss, so die Überlegung der Akteure, die einige Durststrecken überstehen mussten und manchmal, wie Dietrich Kießling sagt, kurz davor waren, aufzugeben.

Ideengeber des Projektes ist Rainer Fietzke. „Es war mir einfach eine Herzensangelegenheit“, sagt der Halberstädter, den es in den vergangenen Jahren störte, dass man die Orgel im Dom kaum wahrnimmt und bei Konzerten gar nicht sieht. „Dabei sind die Orgel und das Orgelspiel inzwischen sogar anerkanntes Weltkulturerbe“, fügt Dietrich Kießling hinzu.

Der dankt am Mittwoch besonders Johannes Anz, der ihn ermunterte, nicht aufzugeben. Denn als die ersten konkreten Angebote eingeholt wurden für Scheinwerfer und Installation, sollten statt zunächst geschätzter 6000 Euro plötzlich Gesamtkosten von 22.000 Euro aufgebracht werden. Doch mit ehrenamtlicher Arbeit von Handwerkern, Sparangeboten von dem Projekt wohlgesinnten Fachfirmen und intensiver Internetrecherche gelang es, die Kosten auf 11.500 Euro zu senken und dafür auch noch Spenden im Wert von über 6800 Euro einzuwerben.

So leuchten sie nun, die zwei auf der Empore fest installierten und die vier an herablassbaren Stahlseilen hängenden LED-Scheinwerfer. Diese lösen zugleich die zwei „Alupötte“ ab, die in den vergangenen Jahren Orchester und Chor bei den großen Domkonzerten Licht spendeten. Die neuen, im Stromverbrauch deutlich sparsameren Leuchten erhellen zudem zugleich einen weiten Teil des Raumes rund um das Taufbecken.

Lob gibt es am Mittwoch reichlich für alle Akteure und auch für die unkomplizierte Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung des Landes, der Eigentümerin des Domes. „Ein Antrag, und wir hatten die Zustimmung“, berichtet Kießling. Den Gemeindekirchenrat zu überzeugen, habe länger gedauert. „Aber es ist gut angelegtes Geld“, sagt Kießling. Wer mag, kann sich morgen Abend davon überzeugen – beim Weihnachtsliedersingen im Dom.