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Notgrabung der Archäologen sichert wertvollen Fund in Eilenstedt Bronzezeit-Gräber auf der Baustelle entdeckt

Von Dieter Kunze 23.07.2011, 04:33

Eine eiszeitliche Siedlung ist bei einem Eigenheimbau in Eilenstedt entdeckt worden. Sieben Gräber wurden von einem Grabungsteam gesichert. Auf 4000 bis 5000 Jahre schätzen Experten das Alter der archäologischen Funde. Sie werden jetzt im Landesamt in Halle weiter untersucht.

Eilenstedt. Wer ein neues Eigenheim baut, möchte möglichst keine Leichen im Keller haben. Doch genau das hätte in Eilenstedt passieren können, hätten die Bauleute ihre Entdeckung, nämlich frühgeschichtliche Grabstellen, nicht sofort weitergemeldet. So konnte kurzfristig eine Grabungs- und Sicherungsaktion starten.

"Eigentlich ist eine solche Situation für die Bauherren ein Supergau, weil es zu erheblichen Verzögerungen kommen kann", weiß der Kreisarchäologe Dr. Oliver Schlegel. Der Sachgebietsleiter im Landrats-amt ist froh, dass die Eilenstedter sich gleich gemeldet haben. So konnte rasch geholfen werden.

"Solch eine Dichte an Funden hat hier niemand vermutet", äußert sich Schlegel verwundert. Bei der Prüfung der beantragten Baugenehmigung habe niemand geahnt, dass es an dieser Stelle am Eilenstedter Gänsegraben solch eine Fundstelle geben könnte. "Das ist für die Region einmalig und hat uns alle überrascht", sagte er.

Beim Bau der Bundesstraße B6n hatten die Grabungsarbeiten jeweils Monate gedauert. Das könne man einem Eigenheimbauer aber nicht zumuten und außerdem habe es bei dem Straßenbauprojekt ganz andere finanzielle Mittel für solch eine Maßnahme gegeben. Man wolle auch niemanden für eine freiwillige Meldung bestrafen. Deshalb setzten sich Schlegel und sein Grabungstechniker Jens-Uwe Pflug sofort in Bewegung.

Erfreut stellten sie vor Ort fest, dass die Eilenstedter Bauherren eine Reihe von Nachbarn und Bekannten mobilisieren konnten, die sofort einstiegen. Es gab eine "Schnellbesohlung" in Sachen archäologische Grabung und los ging es. Es sollte keine großen Bauverzögerungen geben. Außerdem war ein Wetterumschwung angekündigt worden. So ging es bei trockenem Wetter ans Werk.

"Den Fund haben wir einem aufmerksamen Baggerfahrer zu verdanken"

Am zweiten Tag waren bereits sechs Gräber freigelegt worden. Und schon wieder ragten einige Knochen aus dem frei gelegten Feld. Auch bei Nummer sieben wurde man fündig. Damals wurden die Toten, darunter ein Kind, in Hock- oder Schlaf-Stellung begraben. Gefunden wurden auch Speisebeigaben in Keramikgefäßen "für den Weg ins Jenseits". Anhand der Gefäße konnte man die Datierung in die frühe Bronzezeit vornehmen.

Freigelegt wurde auch ein etwa 600 Jahre alter Kriechkeller. "Ein niedriger Platz, um Lebensmittel kühl zu lagern", erläuterte Schlegel. Der werde nur fotografiert. Die Funde aus den Gräbern kämen in das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie nach Halle.

Das Land Sachsen-Anhalt verfügt über einen ungewöhnlich reichen Bestand an archäologischen Denkmalen aller ur- und frühgeschichtlichen sowie mittelalterlichen Epochen. "Ursache und zugleich Grundlage dafür sind vor allem die hervorragenden Ackerböden vorwiegend im südlichen und mittleren Landesteil, die exzellente Voraussetzungen für alle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse angewiesene Bevölkerungsgruppen boten und bieten", so die Experten. Hinzu kommt eine vergleichsweise günstige klimatische und verkehrsgeographische Situation, ergänzt durch reiche Rohstoffvorkommen.

"Solch ein Fund kommt wirklich nicht oft vor", bestätigt Andrea Unger von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises. In Halberstadt sei beispielsweise im Sonntagsfeld eine ähnliche Fundstelle ausgiebig untersucht worden. In Eilenstedt war solch ein Siedlungsareal nicht vermutet worden. "Das sie entdeckt wurde, haben wir einem erfahrenen und aufmerksamen Baggerfahrer zu verdanken", betonte sie.