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Krisenmanagement Halberstadt rüstet sich für den Blackout

Bombenfunde, schwere Unwetter – nicht nur das sind Einsatzfälle für den Krisenstab der Stadt Halberstadt. Jetzt war er wieder für drei Tage aktiviert.

Von Sabine Scholz 30.09.2022, 09:28
Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU), Referent Christian Plonski, der stellvertretende Ortswehrleiter Chris Buchold und Thomas Dittmer von der Stadtverwaltung (von links) während einer Abstimmung bei der Kristenstab-Übung.
Halberstadts Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU), Referent Christian Plonski, der stellvertretende Ortswehrleiter Chris Buchold und Thomas Dittmer von der Stadtverwaltung (von links) während einer Abstimmung bei der Kristenstab-Übung. Foto: Holger Wegener/Stadtverwaltung

Halberstadt - Klingt verwaltungsmäßig nüchtern: Stab für außergewöhnliche Ereignisse. Doch wenn der SAE in der Stadtverwaltung zusammengerufen ist, sind meist schlimme Ereignisse der Grund. Dann ist schnelles Handeln gefragt – trotz unübersichtlicher Lage.

Ein solcher Grund, den viele Halberstädter noch in Erinnerung haben, war zum Beispiel im Februar 2018 die Explosion des Wohnhauses in der Sargstedter Siedlung. Aber auch Funde von Weltkriegsbomben versetzt die Stabmitglieder in Einsatzmodus oder Massenzustrom von Menschen wie 2015. Wobei sich viele Mitarbeiter der Stadtverwaltung für diese zusätzlichen und durchaus kräftezehrenden Einsätze freiwillig gemeldet haben. Das sei ungewöhnlich, sagt Christian Plonski.

Der Norddeutsche war viele Jahre in der Gefahrenabwehr tätig, ist Psychologe und Trainer. Er schult Unternehmensleitungen ebenso wie Kommunen in Sachen Notfall- und Krisenmanagement. Die Arbeit in Halberstadt begleitet er schon seit 2016, nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause war er nun wieder in der Harzkreisstadt.

Den Faktor Mensch nicht unterschätzen

„Ich habe eigentlich inzwischen viele andere Aufgaben, aber Halberstadt ist eine Herzensangelegenheit für mich“, sagt der 44-Jährige. Eben weil sich hier so viele Mitarbeiter freiwillig gemeldet hätten und sehr motiviert seien. „Hier herrscht ein toller Spirit.“ Und Plonski ist beeindruckt, dass es hier eine „optimale Verzahnung mit der Feuerwehr gibt“, auch das sei durchaus keine Selbstverständlichkeit. Die Verzahnung zeige sich nicht nur darin, dass der Krisenstab in der Feuerwache Räume nutzt, wenn er im Einsatzmodus ist. Auch inhaltlich laufe hier vieles schon sehr gut, sagt der Fachmann, der Wissen unter anderem aus der Arbeits- und Organisationspsychologie, der pädagogischen Psychologie und seiner langjährigen Erfahrung mitbringt.

Wobei, so Plonski, für solche Verwaltungsstäbe Modelle aus Feuerwehr- und Katastrophenschutz nicht eins zu eins übertragbar seien. Was aber gleich sei: Innerhalb kürzester Zeit müssen wichtige, oft folgenreiche Entscheidungen getroffen werden. „Sie haben kaum Informationen zur Verfügung, aber müssen entscheiden. Und das sofort.“

Das stelle auch erfahrene Führungskräfte vor Herausforderungen, die sie im Alltag selten zu meistern hätten. „Der Faktor Mensch darf dabei nicht unterschätzt werden. Um in Krisenlagen dem Stress gewachsen zu sein, ist es hilfreich, solche Übungen wie hier in Halberstadt zu machen.“

Bedürfnisse der Einwohner vorher kennen

Es gab viel Theorie für die Mitarbeiter des Stabes, aber auch praktisches Training. „Und am Ende bekommen alle die Hausaufgabe, das Gelernte so aufzuschreiben, dass sie im Ernstfall die Aktionskarte ziehen und loslegen können“, beschreibt Christian Plonski eines der Ziele dieser dreitägigen Schulung. „Wir haben uns bewusst für die mehrtägige Schulung entschieden“, sagt Oberbürgermeister Daniel Szarata (CDU). Um auch den neuen Mitarbeitern die Abläufe zu verdeutlichen. „Jeder muss wissen, was zu tun ist, gerade in der aktuellen Situation.“

Denn Halberstadt wolle vorbereitet sein, sollte es wegen der Energiekrise vielleicht wirklich zu mehrtägigen und großflächigen Stromausfällen kommen. Deshalb wurde am Mittwochnachmittag nicht nur ein Bombenfund in der Dieselstraße verwaltungsintern simuliert, sondern zuvor auch das Szenario eines Blackouts genauer betrachtet.

Die Verwaltung müsse vorausdenken: Welche Bedürfnisse wird die Bevölkerung haben und wie kann man darauf reagieren? Wenn der Strom weg ist, funktioniert schlichtweg nichts mehr. Keine Trinkwasserversorgung, keine Telefone oder Funknetze, keine Tankstelle. Die Verwaltung muss dann wissen, welche Tankstelle hat ein Notstromaggregat oder kann per Handbetrieb Sprit abgeben? Plonski listet weitere Fragen auf: „Wie komme ich an Wasservorräte und Nahrungsmittel, wie organisiere ich die Verteilung? Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr? Welches Unternehmen kann ich womit unterstützen? Wie stelle ich sicher, dass die Bürger Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst benachrichtigen können, wenn keine Handys und Telefone funktionieren?“ Für letzte Frage nennt er auch eine Antwort: „An großen Kreuzungen müssen dann Feuerwehr, Rettungswagen und Polizei stehen, so dass die Menschen fußläufig Hilfe holen können.“