Einweihung Osterwiecker Feuerwehrhaus: Für die nächsten 100 Jahre gebaut
Mit einem Umzug zum Neubau hat symbolisch ein neues Kapitel der Osterwiecker Feuerwehrgeschichte begonnen. Das neue Gerätehaus soll ähnlich lange im Dienst stehen wie dessen Vorgänger.

Osterwieck - Solch ein Ereignis hat Seltenheitswert. Denn es ist den wenigsten Ortswehrleitern vergönnt, ein neues Feuerwehrgerätehaus einzuweihen“, stellte Amtsinhaber Marco Krenge zur Einweihungsfeier fest. In Osterwieck ist das letzte Ereignis dieser Art lange her.
Frank Witschel, zur Wendezeit junger Stadtbaumeister und heute Landwirt, überraschte zur Einweihung mit den originalen Bauakten des alten Gerätehauses, das demnach 1929/1930 errichtet wurde. Fast 100 Jahre hat das altehrwürdige Haus an der Ernst-Thälmann-Straße somit seinen Dienst geleistet. Freilich nicht unverändert. Vor gut 30 Jahren, als die Feuerwehr zwei moderne und damit größere Löschfahrzeuge erwartete, wurde die Garage baulich angepasst.
Doch auch seitdem ging die Entwicklung weiter. Bürgermeister Dirk Heinemann (SPD), in Wülperode selbst Feuerwehrmann, listete Beispiele auf, woran es zuletzt im Altbau haperte. Zu wenige Parkplätze für die Kameraden, wenn sie zum Einsatz eilen. Zu wenig Stellfläche in der Fahrzeughalle, weshalb das 2022 angeschaffte Drehleiterfahrzeug zwei Kilometer außerhalb geparkt ist. Die Kameraden kleiden sich unmittelbar hinter den Fahrzeugen um. „Die Abgase kontaminieren sowohl die Schutzkleidung als auch die private Kleidung.“
Das und mehr ist in Kürze Geschichte. Am 29. November will die Ortsfeuerwehr den großen Umzug vornehmen. Vorab aber wurde am Sonnabend schon einmal die Einweihung des neuen Feuerwehrhauses groß gefeiert. Handelt es sich doch nicht zuletzt um die größte Investition seit Bestehen der 2010 gegründeten Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck. Und es wurde ja auch Platz gebraucht, um zu dieser Jahreszeit die mehrere hundert Besucher im Warmen unterzubekommen.
Gekommen waren sogar noch mehr Gäste als erwartet, vor allem interessierte Einwohner, die diese wohl einmalige Gelegenheit nutzen wollten, das großflächige Gebäude im Gewerbegebiet Lüttgenröder Straße von innen in Augenschein nehmen zu können.
„Mit der Einweihung schlagen wir ein neues Kapitel in der Geschichte unserer Wehr auf“, wählte Marco Krenge große Worte. „Ein Kapitel, das geprägt ist von Zusammenhalt, Einsatzbereitschaft und moderner Infrastruktur. Hier werden künftig Ausbildung, Kameradschaft und Einsatzbereitschaft auf einem neuen Niveau möglich sein. Und vor allem: Hier entsteht ein Ort, an dem sich Menschen treffen, die bereit sind, anderen zu helfen. Freiwillig, uneigennützig und jederzeit.“
Eine Beschreibung, die schon bald noch eine Steigerung erfahren kann. Nachbarn sind seit einigen Monaten schon die ehrenamtlichen Sanitäter der DRK-Bereitschaft, und in naher Zukunft will sich nebenan auch der hauptamtliche Rettungsdienst-Stützpunkt des Roten Kreuzes ansiedeln. Zusammen mit der auf dem Feuerwehrvorplatz markierten Hubschrauberlandefläche wird sich hier also gewissermaßen ein Zentrum für Brand-, Katastrophen- und Zivilschutz befinden.
„Die Kameraden der Feuerwehren wissen es am besten: Die Einsätze werden noch zunehmen“, sagte Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). Das liege an extremen Wetterlagen: Etwa langen Trockenperioden, die die Waldbrandgefahr erhöhen, aber auch Hochwasser, Regengüssen und Stürmen.
„Wenn die Kameraden bereit sind, für alle im Ort Hilfe zu leisten, Menschen zu retten“, hätten sie auch Anspruch auf Bedingungen wie jetzt in Osterwieck. Dazu führte die Innenministerin ebenfalls „die Fahrzeug-Beschaffungsoffensive“ an, die das Land auf den Weg gebracht habe. Mit dem Geld, das der Landtag auch weiterhin zur Verfügung stelle, könnten die Kommunen unterstützt werden. In den letzten fünf Jahren seien so mit Landeshilfe 300 Fahrzeuge beschafft worden.
Auch die Stadt Osterwieck profitierte davon, es kamen auf diese Weise Neufahrzeuge in mehrere Ortsfeuerwehren. „Die Kameraden haben das mehr als verdient“, unterstrich Zieschang.
Dass die Feuerwehr-Investitionen der letzten Jahre zu einem Aufschwung im gesamten Stadtgebiet mit den 17 Ortsfeuerwehren geführt haben, lässt sich an einigen Zahlen ablesen. Erst dieses Jahr sind in zwei Lehrgängen wieder 52 neue Einsatzkräfte ausgebildet worden, berichtete Stadtwehrleiter Olaf Chrost erfreut. Damit seien jetzt über 500 Männer und Frauen im Einsatzdienst. Mit ihren 140 Kindern und 164 Jugendlichen gilt der Feuerwehrnachwuchs als Spitze im Harzkreis. Stadtjugendwart Lars Vollroth verwies dabei auch auf insgesamt rund 100 Betreuer in den 14 Jugend- und 12 Kinderfeuerwehren.
Die Stadtfeuerwehr wird den Osterwiecker Neubau ebenfalls nutzen. Lehrgänge werden hier zentralisiert, ebenso die Uniformwäsche sowie die Lager von Uniformen bis Sandsäcken. Großeinsätze werden von hier aus koordiniert. Die Stadtwehrleitung arbeitet nicht mehr im Homeoffice, sondern hat jetzt hier ihr Büro und ihre Akten. Besonders hob Olaf Chrost die Netzersatzanlage für einen Strom-Blackout-Fall hervor. Dann sei das Haus „ein Leuchtturm der Sicherheit für alle Bürger der Stadt“.
„Osterwieck hat alles richtig gemacht und an der richtigen Stelle investiert“, unterstrich Landrat Thomas Balcerowski (CDU). „Wir haben hier“, zusammen mit dem DRK, „eine der bestausgestatteten Rettungsstellen im Landkreis Harz. Damit setzt Osterwieck Maßstäbe.“
Der Streit im hiesigen Stadtrat um die Mehrkosten von einer Million Euro für das Feuerwehrhaus wurde in den Ansprachen nicht umschifft. 5,6 Millionen Euro soll der Neubau nun kosten, abgefedert durch eine Million Euro Fördergeld, berichtete Bürgermeister Dirk Heinemann. Eine große finanzielle Herausforderung für die Kommune, wie auch Tamara Zieschang einschätzte.
Ursprünglich sollte der Bau – als Förderbedingung – schon Mitte dieses Jahres fertig sein. Die Ministerin sprach selbst von „irren Fristen“, die aber dem geschuldet seien, dass es sich um europäisches Geld handele, das man für das Land sichern wollte. Die Frist wurde verlängert. Marco Krenge fand dennoch den Zeitraum von exakt einem Jahr zwischen Richtfest und Einweihung „bemerkenswert“. Das sei nur möglich gewesen, „da Baufirmen, Verwaltung und Nutzer sehr eng und konstruktiv meist Hand in Hand gemeinsam die Baustelle vorangetrieben haben“. Der Ortswehrleiter hatte selbst an den mehr als 50 Bauberatungen teilgenommen.
Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse sagte, dass trotz der Zweifler die Gemeinde, der Stadtrat und die Stadt Osterwieck in ihrer Gesamtheit gut entschieden hätten, „dieses Gebäude hier zu errichten, auch wenn es ein bisschen teurer geworden ist“.
Marco Krenge blickte auf sehr lange und intensive Diskussionen im Stadtrat zurück. „Aber der Aufwand hat sich gelohnt.“