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Gedenken an NS-Opfer Stolperstein für KZ-Häftling aus Nordgermersleben

Nordgermersleben erhält den ersten Stolperstein gegen das Vergessen in der Gemeinde Hohe Börde. Der Stein wird in der Hauptstraße für ein Oper des Nationalsozialismus verlegt. Um wen geht es dabei?

Von Carina Bosse 12.08.2025, 06:30
Musiker Johann Voß begleitet die Stolperstein-Verlegung wie hier in Emden mit seiner Musik und nachdenklich stimmenden Texten.
Musiker Johann Voß begleitet die Stolperstein-Verlegung wie hier in Emden mit seiner Musik und nachdenklich stimmenden Texten. Foto: Carina Bosse

Nordgermersleben - Der erste „Stolperstein“ in der Gemeinde Hohe Börde soll am Freitag, 15. August 2025, um 12 Uhr in Nordgermersleben verlegt werden.

Mit dem vor rund 20 Jahren vom Künstler Gunter Demnig initiierten Projekt „Stolperstein“ sollen Einwohner und Gäste an den letzten Wohnorten von Opfern des Nationalsozialismus erinnert werden. Die Steine, die auf der Oberseite kleine Messingplatten mit den Namen der Opfer tragen, werden vor deren einstigen Wohn- und Lebensorten im Straßen- oder Gehwegpflaster verlegt.

In Nordgermersleben geht es um Heinrich Kasten, einen 1909 in Hornhausen bei Oschersleben geborenen Melker, dem 1938 vorgeworfen wurde, ein Dieb und Zuspätkommer zu sein. Er wurde am 21. April 1938 verhaftet und am 21. Mai 1938 im Konzentrationslager inhaftiert. Die kleine Gedenktafel wird in Nordgermersleben an der Hauptstraße 22 direkt neben dem „Kronprinz“ verlegt.

Zwei Jahre im KZ Buchenwald

Die AWO AG „MeGa – Mauern einreißen, Grenzen abbauen“ aus Hötensleben hat den Ort gewählt, weil Heinrich Kasten dort bis zu seiner Verhaftung mit seiner Ehefrau Marta gewohnt hatte. Kasten wurde im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert und saß dort beinahe zwei Jahre ein.

Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ bezeichnet zwei Verhaftungswellen im Frühjahr 1938, bei der mehr als 10.000 Männer in Deutschland und Österreich als sogenannte Asoziale in Konzentrationslager verschleppt und unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht worden sind.

Der „Stolperstein“ in Nordgermersleben wird in dieser Woche in einer öffentlichen Veranstaltung unter dem Motto „Erinnerungskultur Stolpersteine“ neben einer ganzen Reihe weiterer Erinnerungssteine in Barneberg, Völpke, Eilsleben, Offleben und Hötensleben verlegt. Alle Interessierten sind zu diesem Anlass willkommen.

Die feierliche Verlegung wird musikalisch vom Liedermacher Johann Voß aus Belsdorf umrahmt. Ein Redebeitrag von Ruben Herm, Leiter der AWO AG „MeGa“, gibt Einblick in den geschichtlichen Hintergrund.

Nie wieder zurückgekehrt

„Gut, dass es Menschen wie Ruben Herm gibt, die sich der Sache gegen das Vergessen annehmen“, sagt Ortsbürgermeister Albrecht von Bodenhausen. Auch er habe sich ein wenig mehr über die Person Heinrich Kasten schlau gemacht. Er wurde nach Buchenwald deportiert, weil er als Melker entweder zu spät zur Arbeit kam oder angeblich geklaut hätte. Es wurde also denunziert beziehungsweise nach einem Vorwand gesucht. Er war kein Jude, sondern gehörte der Gruppe der Inhaftierten an, die einen schwarzen Winkel auf der Häftlingskleidung trugen, das Zeichen für einen Dieb oder Zuspätkommer.

Es gab noch rosa Winkel für die Homosexuellen, aber auch andere farblich Unterschiede in den Winkelzeichen, die ihre Bedeutung hatten.

Heinrich Kasten wurde am 20. März 1940 nach zwei Jahren Haft entlassen, kehrte aber nicht zurück nach Nordgermersleben. „Er blieb wohl aus Sorge vor erneuter Denunziation fern. Die Entlassenen durften auch nicht über das Erlebte erzählen unter Androhung von erneuter Strafe“, berichtet Albrecht von Bodenhausen.