Klimawandel und Landwirtschaft Landkreis Stendal: Warum es neue Stärke aus der Knolle gibt
Kreis Stendal: Klimawandel und Natur zwingen Landwirt aus Elb-Havel-Winkel zum Umdenken. Erstmals hat Hubert Aselmeyer Kartoffeln angebaut. Welche Probleme er meistert.

Rehberg. - „Wir haben die Kartoffeln ganz früh in diesem Jahr roden können“, sagt Landwirt Hubert Aselmeyer auf seinem Feld bei Rehberg, gute 20 Kilometer südöstlich von Havelberg. Er blickt zufrieden auf den vollen Hänger hinter seinem Traktor. Zum ersten Mal hat der 51-Jährige Kartoffeln auf seinem Acker angebaut. Und das aus gutem Grund.
Karger Boden und Klimawandel haben dazu beigetragen. Stolz ist er, dass sich seine Söhne Nick und Tom für die Landwirtschaft entschieden haben. Noch ein Argument mehr, an die Zukunft zu denken und mit neuen Ideen für eine gute Ernte in Rehberg bei Kamern zu sorgen.
Erste Kartoffelernte bei Rehberg eingefahren
„Unsere Kartoffeln liefern wir in die Stärkefabrik nach Kyritz, die Annahme dort hat gerade wieder begonnen“, so der Landwirt. „Wir haben eine gute Ernte, rund 45 Tonnen pro Hektar. In der Kartoffel stecken rund 20 Prozent Stärke.“ Er hat für sein erstes Jahr im Kartoffelanbau zusammen mit seinem Sohn Nick Aselmeyer auf eine stärkereiche Sorte für Abnehmer in der Industrie gesetzt. Die Stärke ist für die Verarbeitung in vielfacher Hinsicht gefragt. Wer frühzeitig liefern kann, bekommt einen etwas besseren Preis ausgezahlt.

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Das trockene Frühjahr war eine Herausforderung. Der Regen im Juli hatte dem Wachstum der Erdäpfel gutgetan. „Wir hatten die Fläche in der Zeit von April bis Juni sechsmal beregnen müssen. Die Menge entsprach gut 120 Litern Wasser auf den Quadratmeter, die es so zusätzlich gab, damit die Pflanzen wachsen und Ertrag bringen können“, beschreibt Hubert Aselmeyer die Probleme im Frühjahr. Geplant hat er für die Zukunft, eine verlustarme Tröpfchenberegnung einzurichten.
Bewässerung für die Kartoffelplanzen im Landkreis Stendal
Das Zusatzwasser war von Vorteil, da der Sandboden in der Rehberger Region sonst zu trocken wäre. „Ganz ohne Wasser gedeihen Kartoffeln nicht“, so Aselmeyer. Die Bewässerung läuft mit besonderer Steuerung: Eine Bodensonde misst in rund 90 Zentimeter Tiefe die Feuchtigkeit. Die Werte werden über eine App abgerufen. Dadurch wird nur beregnet, wenn es nötig ist.
Wir müssen uns auf unseren Böden spezialisieren und die Fruchtfolgen immer wieder neu anpassen.
Hubert Aselmeyer, Rehberg
„Bei den aktuellen Werten müssten wir schon wieder beregnen. Denn es gibt Kartoffeln, die noch bis Oktober wachsen. Unser Ziel ist, 55 bis 60 Tonnen Stärkekartoffeln pro Hektar zu ernten.“

Der Landwirt blickt auf Ackerbau und Zukunft: „Wir müssen uns auf unseren Böden spezialisieren und die Fruchtfolgen immer wieder neu anpassen. Getreideanbau allein funktioniert nicht. Mais, Sonnenblumen und Kartoffeln sind für uns zu einer guten Mischung geworden.“
Ernte mit Partnern aus dem Elb-Havel-Winkel
Wenn Kartoffeln geerntet werden, kommt nur so viel aus dem Boden, wie weggefahren werden kann. Das Lagern der Knollen ist nicht einfach und würde Mehraufwand bedeuten. Drei bis vier Hektar werden pro Tag gerodet. Landwirt Aselmeyer hatte in diesem Jahr rund 40 Hektar für die Kartoffeln eingeplant. Die Fläche könnte man mit gut 57 Fußballfeldern vergleichen.
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Der Kartoffelroder, der vom Traktor über das Feld gezogen wird, gehört zum Lohnunternehmen Köpke aus Garz. „Das funktioniert prima. Auf dem Roder stehen meist zwei bis vier Leute. Alles, was nicht Kartoffel ist, wird aussortiert“, so der Fachmann. Dass sich Landwirte Technik teilen, hat sich bewährt. So arbeitet Hubert Aselmeyer auch mit Christian Knees und der Agrargenossenschaft Schollene zusammen.
Was der Kartoffelpflanze schaden kann
Zu den Dingen, die die Ernte mindern könnten, zählt nach den Worten des Landwirtes die Kraut- und Knollenfäule. „Das ist abhängig von der Witterung. Was uns zudem Sorge bereitet, ist die Kartoffelzikade, die Probleme machen könnte“, ergänzt der Rehberger Landwirt. Die Zikade breitet sich infolge der Klimaveränderung immer weiter aus. Sind Kartoffelpflanzen ohnehin durch Trockenheit geschwächt, wird bei einem Befall der Knolle die restliche Flüssigkeit entzogen, wodurch sogenannte Gummiknollen entstehen.
Damit Wild keinen Schaden auf den Flächen anrichtet, auf denen Kartoffeln, Sonnenblumen oder Mais wachsen, wurden fast 500 Hektar Ackerland eingezäunt. Das Wild hat dennoch genug Lebensraum im Rehberger Bereich.
Wenn heutzutage die Traktoren mit Komfort wie Navigation, Steuerungssystemen und Klimaanlage ausgestattet sind, bleibt Staub und Sommerhitze zur Erntezeit. Wer auf dem Kartoffelroder unter der Schutzplane schwitzt und beispielsweise Steine aussortiert, ist froh, wenn die Arbeit getan ist.
Wofür nimmt man Mehl aus Erdäpfeln?
In den Zellen der Knolle befinden sich Stärkekörner. Die glutenfreie Speisestärke, bekannt als Kartoffelmehl, wird als Koch- und Backzutat verwendet. Stärke wird als Bindemittel genutzt. Zudem kann aus ihr Bioplastik und Klebstoff hergestellt werden.mti