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Jubiläum 40 Jahre Neu-Olvenstedt: Wie in Magdeburg der Wohntraum der DDR in der schnellen Platte entwickelt wurde

1982 sind die ersten Bewohner im Wohnkomplex Olvenstedt in moderne Neubauten gezogen. Die Magdeburger Großsiedlung wurde im Stil der Wohnungsbauserie 70 errichtet.

Von Marco Papritz 09.01.2022, 01:00
Typisch für den Wohnkomplex Olvenstedt sind die breit angelegten Wege und fahrzeugfreien Bereiche, die von den Bewohnern genutzt werden konnten. Viele davon sind heute noch erhalten.
Typisch für den Wohnkomplex Olvenstedt sind die breit angelegten Wege und fahrzeugfreien Bereiche, die von den Bewohnern genutzt werden konnten. Viele davon sind heute noch erhalten. Archivfoto: Harri Schäfer

Magdeburg - Der Vorgänger der WBS-70-Bauserie konnte die Kostenentwicklung und die technische Entwicklung nicht erfüllen - zur Lösung des Wohnungsbedarfs in der Stadt galt es für das Wohnungsbaukombinat (WBK) Magdeburg, schneller und günstiger zu bauen. „Hauptsächlich fehlte das nötige Tempo der Plattenwerke in Magdeburg“, wie Wolfgang Redlich, einst als Produktionsdirektor vom WBK beim Aufbau vom Wohnkomplex im Westen der Stadt verantwortlich, sagt.

Einheitsbausystem erfüllte Kosten- und Zeitkriterien

Der Wohnungsnotstand sei zu damaliger Zeit stets das Hauptthema gewesen. Um diesen abzubauen, musste das entsprechende technische Niveau erreicht werden, wie Wolfgang Redlich rückblickend sagt: „Die Baukonstruktionen und Bauteile mussten auf schnellstem Wege über die Planung zur Lösung gebracht werden.“ Die Kosten spielten dabei für die vielen benötigten Sonderbauteile eine wesentliche Rolle. Die Lösung: Ein neuer Plattentyp musste her. Das Einheitsbausystem, wie es in der DDR verfolgt wurde, ging mit der Forderung nach einer billigeren wie auch schnelleren Produktion einher.

Diese konnte ab 1970 mit einer leistungsfähigen Bauserie, der WBS 70, erfüllt werden. „Aus den alten Plattenbautypen P1, P2 und QP wurde von den Architekten Stahlknecht und Felz bereits 1969 die Studie für den Aufbau einer rationelleren, konstruktiven Massenfertigung vorgelegt“, sagt der Oberingenieur. Somit war die Wohnungsbauserie 70 mit den Etappen Planung und Projektierung, Vorfertigung und Transport, Montage und Ausbau bis zur schlüsselfertigen Übergabe „leistungsfähig durch die Kapazitäten des Wohnungsbaukombinates realisierbar“.

Dreischichtenplatten und Waschbeton werden eingesetzt

Die Projektanten des Magdeburger WBK erarbeiteten im schnellen Tempo den ersten Bauabschnitt im Wohnkomplex Olvenstedt als Experimentwohnkomplex. „Dabei wurde in Olvenstedt die Dreischichtenplatte mit Waschbeton-Oberfläche und sparsam eingesetzten Keramikauflagen verwendet“, klärt Wolfgang Redlich auf.

Ab Mitte der 1980er Jahre wurde in den letzten Bauabschnitten eine für innerstädtische Baustandorte modifizierte WBS 70 verwendet. „Der fünfte Bauabschnitt ermöglichte nun nach drei Jahrzehnten der Planung und Entwicklung, dass die Zellenbauweise in offenen Baustrukturen wieder zu städtisch wirkenden Wohngebäuden zurückkehren konnte“, erklärt Wolfgang Redlich. Konkret heißt das, dass mittels hochwertiger technologischer Veränderungen geschlossene Ecken, Durchgänge und eine Differenzierung in vier bis sechs Geschossen eingesetzt und vorgenommen werden konnte. Wolfgang Redlich: „Damit wurden die Straßen und die für Olvenstedt typischen Hofräume interessant gestaltet.“

Zum Lückenfüllen in der Innenstadt entsteht neue Wohnungsbauserie

Im Rennebogen entstand ein verdichtetes Wohnquartier. Diese modifizierte Serie sah unterschiedliche Grundrisse vor. Nunmehr wurde in diesem letzten Bauabschnitt - die Wiedervereinigung Deutschlands führte dazu, dass nicht alle Bauabschnitte im WKO umgesetzt wurden – aus der WBS 70 die Serie „M 86“. „Mit diesen Konstruktionen konnten die Lücken bei der Umgestaltung im südlichen Stadtzentrum geschlossen werden“, verweist der Experte.

„Das Wohnungsbaukombinat konzentrierte sich mit allen Kapazitäten und Gewerken über viele Jahre auf die große Aufgabe, den Wohnungsbedarf zu decken“, sagt Wolfgang Redlich abschließend. Neu-Olvenstedt schreibt inklusive Planungs- und Entwicklungszeit in den 1970er Jahren und Baustart 1981 eine über 50-jährige Baugeschichte. Mit Erfolg, wie ein Blick in die Statistik zeigt. Demnach lebte jeder dritte Bürger der DDR in einer Plattenbauwohnung.

Auszug aus der Historie

1977 beschließt die Stadt, den Wohnkomplex unmittelbar östlich der Gemeinde Olvenstedt errichten zu lassen. +++ Mit der Eingemeindung des Bördedorfs (heute Alt-Olvenstedt) werden 1979 die Weichen für den Bau gestellt. +++ Am 31. Januar 1981 erfolgt die Grundsteinlegung im Wohnkomplex Olvenstedt (WKO) – der erste Bauabschnitt läuft an der Straße des X. Parteitages (heute Johannes-Göderitz-Straße) und der Hans-Grade-Straße. +++ Ende 1981 können die ersten Mieter ihre Schlüssen feierlich im Rathaus in Empfang nehmen – mit dabei ist auch das Staatsfernsehen. +++ Nach zweieinhalbjähriger Bauzeit wird am 27. April 1984 die Straßenbahnstrecke in den Wohnkomplex eingeweiht. +++ Mit der Wiedervereinigung Deutschlands endet der Bau im Wohnkomplex.

Erinnerungen werden gesucht

Welche Erinnerungen haben Sie an die Entstehung des Wohngebietes im Westen der Stadt? Zählten Sie zu den ersten Bewohnern, die das Wohngebiet mit Leben füllten? Oder waren Sie am Aufbau von Neu-Olvenstedt beteiligt? Schreiben Sie unter Stichwort „Neu-Olvenstedt“ Ihre persönliche Geschichte oder Erinnerung an Ihre ganz persönliche Zeit in Neu-Olvenstedt an Volksstimme Lokalredaktion, Bahnhofstraße 17, 39104 Magdeburg. Sie können sich auch telefonisch unter 0391/599 95 50 sowie per E-Mail an marco.papritz@volksstimme.de mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer melden, um persönliche Anekdoten und Bilder zu teilen.