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Abschrift Rarität fürs Magdeburger Telemann-Zentrum

Das Magdeburger Telemann-Zentrum beherbergt jetzt eine Abschrift des Telemann-Werkes "Der aus der Löwengrube errettete Daniel".

Von Christina Bendigs 16.11.2017, 14:00

Magdeburg l Weiße Handschuhe zog sich Carsten Lange als Leiter des Telemann-Zentrums Magdeburg am 15. November 2017 über, ehe er das kostbare Buch berührte, das an diesem Tag offiziell dem Telemann-Zentrum übergeben wurde. Es handelt sich dabei um eine Abschrift des Telemann-Oratoriums „Der aus der Löwengrube errettete Daniel“.

Lange Zeit wurde dieses Werk gar nicht als Georg Philipp Telemanns angesehen, sondern schon im 18.  Jahrhundert dem Hallenser Georg Friedrich Händel zugeordnet – als eine der zweifelhaften Kompositionen des für seine Konzertoratorien beliebten Komponisten. Vor einigen Jahren jedoch fanden Händel- und Telemann-Experten heraus, dass das Werk aus der Feder des berühmten Magdeburgers stammt, der zu einem der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit heranwuchs.

Umso schöner, dass nun auch die älteste Quelle dieses Werkes in Magdeburg aufbewahrt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Weder eine Originalschrift Telemanns noch eine andere ältere Abschrift sind überliefert. Das 84 Seiten umfassende Buch stammt von einem professionellen Berliner Kopisten aus der Zeit um 1780.

Dass das Buch, das in einem hervorragenden Zustand ist und nicht erst restauriert werden muss, überhaupt an die Öffentlichkeit gelangt sei, „grenzt an ein Wunder“, sagte Ralph-Jürgen Reipsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Telemann-Zentrums. Originale Quellen zu Kompositionen Georg Philipp Telemanns seien auf dem Antiquitätenmarkt äußerst rar. In den vergangenen Jahren wurden lediglich einige von Telemann selbst in Druck herausgegebene Werke angeboten, berichtete er weiter. Handschriftliche Musikalien hingegen würden weitaus seltener in den Handel gelangen.

Das Telemann-Zentrum hatte mit dieser Abschrift doppelt Glück. Denn wie Dr. Carsten Lange erklärte, habe sich das Telemann-Zentrum nicht einer Bieterschlacht stellen müssen. Das Werk kostete einen mittleren fünfstelligen Betrag, den sich die Kulturstiftung der Länder, das Kultusministerium Sachsen-Anhalt, die Stiftung Kloster Unser Lieben Frauen und der Arbeitskreis Georg Philipp Telemann teilten.

Warum das Werk für die Sammlung des Telemann-Zentrums so bedeutend ist? Das Oratorium besitzt, wie der gesamte Jahrgang, aus dem es stammt, für die Geschichte der protestantischen Kirchenmusik eine große Bedeutung.

Es zeigt sich Telemanns innovativer Versuch, die für das Oratorium der Zeit typischen dramatischen Elemente auch in die sonn- und festtägliche Musik der lutherischen Gottesdienste einzuführen. Telemann selbst ließ diese Werke, die wie im vorliegenden Fall auf biblische Stoffe zurückgreifen, in den Hamburger Gottesdiensten musizieren. Er beeinflusste damit auch nachfolgende Generationen von Musikern.

Dass die Magdeburger Fördergeld für den Kauf des Werkes bekamen, ist ein Zeichen dafür, dass der Komponist zunehmend wertgeschätzt und ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wird. Der Todestag des Magdeburger Barockkomponisten jährte sich in diesem Jahr zum 250. Mal. Die Stadt Magdeburg nahm dies zum Anlass, um den Komponisten im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe „Telemania“ zu würdigen. Unter anderem wurde auch die interaktive Ausstellung „Hör mal, Telemann!“ entwickelt.

Für die Zukunft sollen die Telemann-Festtage neu ausgerichtet werden. Ab 2020 soll es dafür ein Veranstaltungsbüro geben, in dem sich hauptamtlich Mitarbeiter um die Organisation der Festtage und eines damit verbundenen Wettbewerbes kümmern. Der Magdeburger Stadtrat hatte mit großer Mehrheit der Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel zugestimmt. Für die Ideengeber eine weitere Bestätigung, dass sie mit Telemann auf dem richtigen Weg sind.

Zur offiziellen Übergabe waren Vertreter des Fördervereins ebenso anwesend wie der Partner-Organisationen, die den Ankauf möglich gemacht hatten.