Serie „Otto ist Einheit“ über 35 Jahre Wiedervereinigung Mit Video: Magdeburg hat viel anzubieten
Eva Heidbreder ist Professorin an der Uni Magdeburg - hat aber schon in der ganzen Welt gelebt. Was sie Magdeburg schätzt.

Magdeburg - In einer Serie erzählen Menschen aus Magdeburg mit Ost- oder West-Hintergrund ihre Geschichte über Wiedervereinigung und Deutsche Einheit seit 35 Jahren. Hier Eva Heidbreder, Professorin an der Universität Magdeburg.
In der im schönen Münsterland verlebten Kindheit von Eva Heidbreder war die DDR allgegenwärtig. Ein „Teil des Aufwachsens“, wie sie heute sagt. „Wir hatten als Familie sehr intensive Verbindungen in die DDR. Ich möchte fast sagen, sie war ständig Thema“, blickt die Professorin für Politikwissenschaft an der Fakultät für Humanwissenschaften der Otto-von-Guericke-Universität zurück.
Video: Serie 35 Jahre Deutsche Einheit: Eva Heidbreder, Proessorin an der Uni Magdeburg
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Als Pfarrerstochter sei für sie „eine gewisse Auseinandersetzung mit dem Staatsregime“ omnipräsent gewesen. „Mein Vater hat mit uns beispielsweise darüber gesprochen, wie dort die Kinder in den Pfarrhaushalten aufwachsen. Wir wussten, wer die Stasi ist, und das sie mithört. Denn wir kannten dieses ‚klick-klick‘ im Telefon, wenn wir zum Beispiel mit dem Patenonkel aus Leipzig telefoniert haben.“
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Zu Weihnachten kommt der Stollen aus der DDR und ausrangierte Spielzeuge gehen als Westpaket dorthin. „Ich erinnere mich sehr gut, an den Familienbesuch nahe Leipzig 1987“, berichtet Eva Heidbreder, die 1977 im nordrhein-westfälischen Münster das Licht der Welt erblickt. „Schon als Kind war mir bewusst, was Freiheit ist und dass nach dem Mauerfall neue Möglichkeiten entstehen.“
Arbeiten und Leben in Südafrika, Wien, London und Antwerpen
Eva Heidbreder legt ihr Abitur in Greven ab und geht von 1993 bis 1994 als Austauschschülerin nach Südafrika. Das Reisen sowie das Leben und Arbeiten in anderen Ländern werden von diesem Zeitpunkt an zur Konstante in ihrem Leben. „Ich bin an so vielen Orten gewesen. Ich habe in Wien und London studiert, in Florenz promoviert und bin unter anderem Gastdozentin in Antwerpen und Grenoble gewesen“, erzählt sie. „Aber das liegt in der Logik der Karriere.“
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Im April 2017 kommt sie nach Magdeburg an die hiesige Universität. Weder Stadt noch Hochschule sind Eva Heidbreder damals ein Begriff. „Mir war die Aufgabe wichtiger“, sagt sie. „Die Universität beginnt zum Zeitpunkt meines Ankommens eine große Strukturreform umzusetzen. Es gab viele Veränderungen, viel war im Umbau.“ Eva Heidbreder leitet als Professorin für „Multilevel Governance in Europe“ (Regieren im Europäischen Mehrebenensystem) den Bachelor- und Masterstudiengang European Studies. „Als ich nach Magdeburg gekommen bin, ging es für mich zunächst vor allem darum, Entscheidungen, die vor mir getroffen worden sind, umzusetzen.“
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2022 wird Eva Heidbreder mit dem Jean-Monnet-Lehrstuhl ausgezeichnet, der von der Europäischen Kommission gefördert wird. Da ist die Ottostadt Magdeburg längst ihr Zuhause. Empfängt die Politikwissenschaftlerin heute Gäste, so zeigt sie ihnen voller Stolz die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. „Dann erlebe ich Begeisterung.“
Magdeburg ist eine sehr historische Stadt
Eva Heidbreder liebt die Elbe, das viele Grün und die Vielfalt der Architektur. „Magdeburg ist eine sehr historische Stadt. Mit einem ganz tief ausgeprägten Bewusstsein für Geschichte und für den Reichtum dieser Geschichte.“ Das sei etwas Besonderes, ordnet Eva Heidbreder ein. „Aus diesem Bewusstsein erwächst die Motivation, Dinge neu zu gestalten. Das Erinnern bringt die Magdeburger ebenso zusammen, wie das gemeinsame Formen von Projekten und Visionen.“ Und sie betont: „Wenn alle diesen Geist leben, dann geht etwas voran.“ Ganz egal, ob jemand seine Wurzeln im Osten oder Westen Deutschlands hat. „Nur, wenn Ängste und Sorgen aufkommen, schaut man mehr, wer von wo kommt. Die Sensibilität ist schon noch da.“
Anpassung kann nicht das Ziel sein
Eva Heidbreder fragt sich, was wir 35 Jahre nach dem Mauerfall als „vereint“ definieren und was wir erwarten. „Das wird ja immer auf Ost und West projiziert und als Fremdheit definiert“, sagt sie. Beständig den Stand des deutsch-deutschen Vereinigungsprozesses abzufragen, störe das Zusammenwachsen. „Weil wir da etwas ansetzen, von dem wir gar nicht wissen, was das ist.“
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Anpassung sei nicht das Ziel, vielmehr gehe es doch um die Vielfalt der Ansichten und Lebensgewohnheiten. „Das sollten wir mehr hören und sehen.“ In Magdeburg sieht Eva Heidbreder an jeder Stelle ganz viel Potenzial. „Wir sind in einem Moment, in dem wir massive Umbrüche haben. Aber wir haben die Möglichkeiten und Ressourcen, ganz viel daraus zu machen. Magdeburg hat da aus meiner Sicht viel anzubieten.“