1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Verkehr: Magdeburg: Polizei lässt 28 Autos abschleppen

Verkehr Magdeburg: Polizei lässt 28 Autos abschleppen

Aufregung um die Folgen eines Polizeieinsatzes in Magdeburg. Für eine Großkontrolle wurden auf einen Schlag 28 Autos abgeschleppt. Betroffene wehren sich nun.

Von Rainer Schweingel 23.09.2023, 05:30
Ein Falschparker wird abgeschleppt. Für eine Polizeikontrolle wurden jetzt in Magdeburg auf einen Schlag 28 Autos an den Halen genommen.
Ein Falschparker wird abgeschleppt. Für eine Polizeikontrolle wurden jetzt in Magdeburg auf einen Schlag 28 Autos an den Halen genommen. picture alliance / dpa

Magdeburg - Die Polizeigroßkontrolle am Dienstag, 19. September 2023, am Schleinufer hat für 28 Autobesitzer ein unangenehmes Nachspiel, obwohl sie gar nicht überprüft wurden. Ihre Fahrzeuge waren vor Beginn des Einsatzes abgeschleppt worden – zu Unrecht, wie Betroffene aus ihrer Sicht schildern.

Als die Gardeleger Familie Quaschning am vergangenen Dienstag mit drei Autos nach Magdeburg aufbricht, freuen sich alle sechs Beteiligten auf einen wunderschönen Tag. Am Petriförder parken sie gegen 9 Uhr ihre Autos und stechen kurze Zeit später mit der Weißen Flotte zu einer Rundfahrt der „Großen Acht“ in See. Doch als sie nach vier Stunden wieder anlegen, trifft sie der Schlag. „Plötzlich waren unsere Autos weg. Wir konnten uns das nicht erklären“, berichtet Angelika Quaschning.

Blick auf den Parkplatz Petriförder Westseite des Schleinufers kurz vor Beginn der Polizeigroßkontrolle. Hier wurden  zuvor sieben Autos abgeschleppt, auf der Ostseite sogar 21. Die Streitfrage lautet: Wurde ordnungsgemäß ausgeschildert oder nicht?
Blick auf den Parkplatz Petriförder Westseite des Schleinufers kurz vor Beginn der Polizeigroßkontrolle. Hier wurden zuvor sieben Autos abgeschleppt, auf der Ostseite sogar 21. Die Streitfrage lautet: Wurde ordnungsgemäß ausgeschildert oder nicht?
Foto: Rainer Schweingel

Parkscheinautomat funktioniert wie immer

Kurze Zeit später stellt sich heraus: Sie hätten mit ihren Fahrzeugen nicht auf dem Parkplatz stehen dürfen. Das Areal war komplett für die Polizeikontrolle mit mehr als 100 Beamten und mehreren Spezialfahrzeugen vorgesehen. Im Auftrag der Polizei hatte deshalb die Stadt Magdeburg beide Parkplätze am Petriförder drei Tage vor dem Polizeieinsatz mit Sperrschildern versehen. So jedenfalls argumentieren Polizei und Stadt im Nachgang.

Doch für Familie Quaschning sind diese Angaben nicht nachvollziehbar. Sowohl sie als auch eine Reihe weiterer Autofahrer hätten morgens gegen 9 Uhr die Schilder nicht entdecken können, weil sie hinter Büschen versteckt gestanden haben sollen.

„Da auch der Parkscheinautomat funktionierte und Geld kassierte, schöpften wir beim Parkvorgang keinen Verdacht auf eine Sperrung. Man hätte den doch abkleben können“, so Angelika Quaschning. Das böse Erwachen kam demzufolge erst nach Ende der Schifffahrt in Form von Ärger, Laufereien und viel Geld, das berappt werden musste.

Kassensturz ergibt Kosten von knapp 300 Euro

Der Kassensturz ergibt diese Rechnung: Insgesamt hat die Familie pro Auto die Parkgebühr (2 Euro) bezahlt, musste obendrein ein Verwarngeld (25 Euro) fürs vermeintliche Falschparken berappen, musste zudem das Taxi (30 Euro) für die Fahrt zum Standort des Abschleppunternehmens bezahlen und „durfte“ dann auch noch das Auto für 220 Euro auslösen. Unterm Strich betragen die Gesamtkosten damit knapp 300 Euro pro Auto, also rund 900 Euro für die Reisegruppe.

Zu allen anderen Kosten gab es ein Verwarngeld von 25 Euro noch obendrauf – fürs vermeintliche Falschparken (pers. Daten gepixelt).
Zu allen anderen Kosten gab es ein Verwarngeld von 25 Euro noch obendrauf – fürs vermeintliche Falschparken (pers. Daten gepixelt).
Quäschning

„Wir fühlen uns echt vorgeführt. Für uns – und wie man an den Abschleppzahlen sieht - wohl auch für viele andere Parkplatznutzer waren die Schilder einfach nicht sichtbar genug aufgestellt“, schimpft Angelika Quaschning weiter.

Stadt und Polizei verweisen aufeinander

Unterdessen schieben sich Stadt und Polizei die Verantwortung gegenseitig zu. Während die Polizeiinspektion auf eine Volksstimme-Anfrage an die Stadt verweist, äußert die sich immerhin so zum Vorfall: Die Polizei habe das Ordnungsamt um Unterstützung gebeten. Daraufhin seien die Abschleppmaßnahmen angeordnet worden. Allerdings seien die Schilder von der Polizei aufgestellt worden. Demzufolge sei die für die ordnungsgemäße Stellung der Verkehrsschilder verantwortlich.

Stadt räumt selbst Fehler ein

Weiter erklärte Stadtsprecher Michael Reif: „Grundsätzlich waren die Verkehrszeichen am Parkplatz Petriförder Ostseite gut sichtbar aufgestellt.“ Allerdings räumt er auch ein: „Lediglich in der letzten Reihe des Parkplatzes sei die Beschilderung aus Sicht der Stadt nicht eindeutig gewesen.“ Daher sei dort nicht abgeschleppt worden.

Auch die Verkehrszeichen auf dem Parkplatz an der Westseite seien gut erkennbar gewesen, wobei in der letzten Reihe jedoch das Anfangsschild und das Ende-Schild vertauscht waren, weshalb auch dort nicht abgeschleppt worden sei. Insgesamt bestätigt die Stadt 28 abgeschleppte Autos: 21 auf dem Parkplatz an der Ostseite, 7 an der Westseite inklusive Verwarnung.

Widerspruch im Verfahren möglich

Wer nicht einverstanden sei, könne dies in einem Bußgeldverfahren klären lassen, hieß es weiter, so Reif. Allerdings hätten einige Autobesitzer im Ordnungsamt zugegeben, dass sie die Schilder zwar gesehen, aber das Datum vergessen hätten. Eine Kulanzregelung schloss Reif aus. Familie Quaschning behält sich dennoch Widerspruch vor.

Was der ADAC empfiehlt

Was empfiehlt der ADAC? Sachsen-Anhalt-Sprecherin Katharina Albat rät, sich an die Rechtsschutzversicherung zu wenden und weitere Schritte zu klären, zum Beispiel, ob ein Anwalt Akteneinsicht zum Ablauf der Maßnahmen nehmen könne.