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Magdeburger des Jahres Mit Video: Synagoge in Magdeburg - Wie zwei Magdeburger um einen Neubau kämpften

Vierte Sieger bei der Wahl der Magdeburger des Jahres 2023 sind Waltraut Zachhuber und Dieter Steinecke. Sie trieben unermüdlich den Neubau eines jüdischen Gotteshauses voran. Im Dezember 2023 wurde es eingeweiht.

Von Rainer Schweingel Aktualisiert: 13.01.2024, 14:29
Waltraut Zachhuber und Dieter Steinecke (r.) sind die vierten Sieger bei der Wahl der Magdeburger des Jahres 2023. Ausgezeichnet werden sie für ihren Einsatz für den Neubau einer Synagoge in Magdeburg. Volksstimme-Lokalchef Rainer Schweingel hielt die Laudatio.
Waltraut Zachhuber und Dieter Steinecke (r.) sind die vierten Sieger bei der Wahl der Magdeburger des Jahres 2023. Ausgezeichnet werden sie für ihren Einsatz für den Neubau einer Synagoge in Magdeburg. Volksstimme-Lokalchef Rainer Schweingel hielt die Laudatio. Foto: Uli Lücke

Magdeburg. Zum 32. Mal wählte die Volksstimme gemeinsam mit ihren Lesern die Magdeburger des Jahres 2023. Nachfolgend die Laudatio auf die vierten Sieger, gehalten von Volksstimme-Lokalchef Rainer Schweingel auf der Gala für die Kandidaten im Alten Theater.

Woran glauben Sie eigentlich? Irgendwann an einen Lottogewinn? An den Klassenerhalt des 1. FC Magdeburg? An sinkende Benzinpreise? An weniger Baustellen in Magdeburg? Oder an das Gute im Menschen? Oder gar an einen Gott? Das Wort Glauben hat in unserer Sprache eine so vielfältige Bedeutung. Und sehr häufig geht es dabei gar nicht um den klassisch-religiösen Sinn. So, als würde man einen Gott anbeten. Und doch tut man es - Sie und ich - wohl öfter als man es selber merkt: Dieses an jemanden glauben, den man nicht sehen kann, von dem man sich aber Unterstützung erhofft, irgendwie.

Mein lieber Gott, sagen wir dann als Ausruf, etwa wenn der Chef uns Mehrarbeit aufbrummt, die Politik uns höhere Steuern abverlangt, oder im Auto, wenn uns jemand die Vorfahrt nimmt.

Mein lieber Gott sagen wir aber auch, wenn etwas Unfassbares geschieht. Leider haben wir dazu gerade wieder mehr Anlass.

Furchtbares Leid

Auch im Rückblick auf unsere Geschichte sagt man noch immer: Mein Gott! Wie konnte dieses furchtbare Leid gegenüber den jüdischen Mitbürgern in der Nazi-Zeit geschehen?

Und mein Gott: Das leider auch in Magdeburg durch Magdeburger an Magdeburgern?

Neue Synagoge Magdeburg. Foto: Martin Rieß
Neue Synagoge Magdeburg. Foto: Martin Rieß
Foto: Martin Rieß

So fiel einst auch am 9. November 1938 die Magdeburger Synagoge verblendeten Elbestädtern zum Opfer. So stark sogar, dass deren Existenz und deren Geschichte über viele Jahrzehnte sogar nahezu vergessen wurde.

Jüdische Zuwanderer Anfang der 1990er Jahre waren es dann, die diese Erinnerung auffrischten. Alt-OB Willi Polte brachte damals die Idee für einen Synagogenneubau in die Magdeburger Stadtgesellschaft ein. Magdeburger sollten, könnten, ja müssten doch mithelfen, ein dunkles Kapitel Magdeburger Stadtgeschichte wieder mit Licht füllen und sich zum Beispiel für einen Synagogenneubau einsetzen, dachte er damals. Nicht, weil sie die Schuld von damals erbten, wohl aber die Verantwortung. Und zwar, dass so etwas nie wieder passiert.

Und so findet Willi Polte erste Unterstützer über die Jahre, deren Mitarbeit geeint, abgestimmt, nach außen getragen und vor allem über lange Strecke durchgehalten werden muss. Zwei von denen engagierten sich besonders. Genau dafür ehren wir Waltraut Zachhuber und ihren Stellvertreter Dieter Steinecke.

Und schon sind wir wieder beim Glauben. Denn Waltraut Zachhuber sagte einst: „Dennoch haben wir am Anfang gedacht: Die 400.000 Euro als Ziel schaffen wir nie.“ Geklappt hat es trotzdem, weil in der rhetorischen Frage eben auch viel Kraft steckte.

 
Inessa Myslitska über das Engagement von Zachhuber und Steinecke.

Starkes Signal

Wenn nämlich aus der Stadtgesellschaft gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde ein starkes Signal für den Neubauwillen ausgeht, werden neben den Magdeburgern auch die Politiker in Stadt, Land und Bund als Hauptgeldgeber helfen. Fortan organisieren Zachhuber und Steinecke mehr als 60 Gedenkkonzerte, sammeln bei passenden Gelegenheiten Geld und machen auf das Projekt unermüdlich aufmerksam.

Grundstück bereitgestellt

Gemeinsam mit dem leider verstorbenen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Wadim Laiter geht es voran. Die Stadt Magdeburg stellt kostenlos ein Grundstück zur Verfügung. Die Jüdische Gemeinde sammelt selbst für ihre Synagoge. Und vor allem das Land sagt die Gelder zu, Planer und Baufirmen legen sich ins Zeug.

Einweihung der neuen Synagoge Magdeburg.
Einweihung der neuen Synagoge Magdeburg.
Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Was das bedeutet, weiß natürlich vor allem die Jüdische Gemeinde zu würdigen. Vor wenigen Tagen wurde die Synagoge eingeweiht. Jüdisches Leben ist nun auch sichtbar wieder ein ganz normaler Teil des Magdeburger Alltags – so wie andere Religionen auch. Waltraut Zachhuber und Dieter Steinecke haben daran mit ihrer unermüdlichen Arbeit einen großen Anteil, auch wenn sie nicht im Vordergrund stehen wollen.

Aber auch da sind wir wieder beim Wort Glauben.

Glauben Sie mir: Mit der Wahl von Waltraut Zachhuber und Dieter Steinecke zu den vierten Siegern bei der Wahl zu den Magdeburgern des Jahres trifft es stellvertretend für viele Unterstützer die Richtigen.

Im Namen der Magdeburger

Liebe Frau Zachhuber, lieber Herr Steinecke: Ganz in diesem Sinne sage ich im Namen vieler Magdeburger: Gott sei dank gibt es solche Menschen wie Sie: Herzlichen Glückwunsch!

Am Montag: Marlen und Wolfgang Söder. Sie sind Gründer des Vereins Blickwechsel in Neu-Olvenstedt und damit Anlaufstelle für Geflüchtete sowie Menschen aller Generationen und sozialen Schichten.