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Nach Beißattacke Magdeburger fordern Gnade für Kampfhund

Zwei Magdeburger Mädchen setzen sich für einen Kampfhund ein, der in Hannover seine Halter totgebissen hat.

Von Franziska Ellrich 06.04.2018, 18:23

Magdeburg/Hannover l „Der Hund ist nicht schuld, dass er so aggressiv ist, sondern er wurde nicht artgerecht gehalten“, so steht es in dem Schreiben, das Emma Klass und Chani Wedekind verfasst haben. Die beiden Magdeburgerinnen wenden sich damit an den Oberbürgermeister der Stadt Hannover. Dort kam es am 4. April 2018 zu einer tödlichen Hundeattacke. Ein Staffordshire-Terrier-Mischling hat eine 52-Jährige und ihren 27 Jahre alten Sohn in ihrer Wohnung zu Tode gebissen.

Der Hund soll laut der dpa-Nachrichtenagentur in der Wohnung eingesperrt gewesen sein, habe ständig gebellt, sein Geschäft auf dem Balkon gemacht, und nur nachts soll der verstorbene 27-Jährige mit dem Hund rausgegangen sein. Die Mutter saß im Rollstuhl, der Sohn war schwer krank. Nun müsse die Stadt Hannover entscheiden, ob Hund Chico eingeschläfert wird.

Die Viertklässlerinnen der Magdeburger Domgrundschule Emma und Chani, die diese Woche die Volksstimme im Unterricht lesen, waren geschockt. „Wir wollen den Hund retten, weil er nicht wirklich Schuld hat“, sagt Emma Klass. Deswegen die Idee mit dem Brief. „Dieser Hund braucht einen Trainer und eine Familie“, steht darin.

Emma Klass hat selbst einen Labrador-Mischling zu Hause. Die Zehnjährige könnte sich sofort vorstellen, auch Chico aufzunehmen. Natürlich nur, wenn die Eltern einwilligen.

Doch erst einmal bräuchte der Hund eine professionelle Begleitung. Dass es durchaus möglich ist, dass Chico sich wieder „normal“ verhält, bestätigt Frank Klose gegenüber der Volksstimme. Ihm gehört die Magdeburger Hundeschule Kaiserkrone. Einschläfern ist auch für ihn nicht die richtige Lösung.

Frank Klose ist überzeugt, dass in solchen Fällen die Schuld sehr wahrscheinlich beim Halter liegt. Was Hunde brauchen, sei eine gute Sozialisierung von Anfang an. Das heißt: Der Hund sollte von Klein auf den Umgang mit Artgenossen und Menschen lernen.

Was genau zu dem Unglück geführt habe, könne man von Weitem nur schlecht beurteilen, sagt Klaus Kutschmann, Präsident der Landestierärztekammer. Doch vieles deute darauf hin, dass der Hund nicht artgerecht gehalten wurde. Kommt Chico in „geeignete Hände“, kann es sehr gut sein, dass sein Verhalten sich normalisiert.

Doch der Tierarzt wirft die Frage auf, ob sich nach diesen Todesfällen wirklich wieder ein Halter für Chico finden wird. Die nächsten Jahre in einem Käfig im Tierheim bleiben zu müssen, sei in seinen Augen keine optimale Alternative.

Da auch Chani Wedekind Zweifel hat, ob sich nach der gefährlichen Attacke ein Trainer oder ein neuer Besitzer für den Hund findet, denkt sie mit Emma bereits über einen zweiten Brief nach. „Wir wollen uns überlegen, wo Chico gut unterkommen könnte“, so die Zehnjährige.

Regeln zur artgerechten Hundehaltung haben die beiden Schülerinnen bereits im ersten Brief verfasst. Darin erklären sie: Ein Hund brauche sehr viel Auslauf und dürfe auf keinen Fall geschlagen werden. Jetzt hoffen die Zwei auf eine positive Antwort aus Hannover. Von Oberbürgermeister Stefan Schostok gab es bislang noch keine Stellungnahme. Noch habe ihn der Brief nicht erreicht.

Wie würde man in Magdeburg handeln, sollte es zu so einer tödlichen Hundeattacke kommen? Wäre Einschläfern die einzige Option? Auf Nachfrage der Volksstimme erklärt Ordnungsbeigeordneter Holger Platz: „Nein, man würde immer die einzelnen Umstände abwägen und für jeden solchen Fall eine individuelle Entscheidung treffen.“