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Basketball auf Rädern Magdeburger Schüler erfahren Alltag eines Rollstuhlfahrers

Im Rahmen einer Projektwoche erleben Schüler des Norbertusgymnasiums den Alltag im Rollstuhl – und werfen dabei Körbe wie die Basketball-Weltmeister.

Von Lucie-Marie Beutel 12.09.2023, 03:30
Schüler des Magdeburger Norbertusgymnasiums probieren Rollstuhlsport aus.
Schüler des Magdeburger Norbertusgymnasiums probieren Rollstuhlsport aus. Foto: Lucie-Marie Beutel

Magdeburg - Einen Tag, nachdem Deutschland Basketball-Weltmeister geworden ist, rasen Schüler des Magdeburger Norbertusgymnasiums in der Sporthalle von einem Korb zum anderen, aber im Rollstuhl. Sie lernen im Rahmen einer Projektwoche Basketball mal auf einer anderen Augenhöhe kennen. Die 16 Schüler der achten Klassen werden dabei von Mitgliedern des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Sachsen-Anhalt und dem Klinikum Bergmannstrost Halle unterstützt.

Mathias Sinang ist einer der Rollstuhlsportler, der den Kindern hilft, den Rollstuhl kennenzulernen. Er selbst sitzt seit 30 Jahren aufgrund einer Querschnittslähmung im Rollstuhl. Die Aussicht auf ein Leben ohne funktionierende Beine sei angsteinflößend gewesen, erzählt er. Sein erster Kontakt zu Rollstuhlsport in einer Reha-Einrichtung habe ihm unglaublich geholfen. „Ich habe über den Sport wieder den Einstieg ins Leben geschafft“, sagt er.

Weltweit an über 70 Marathons im Rollstuhl teilgenommen

Inzwischen hat er schon Sachen mit Rollstuhl gemeistert, die manch einer selbst mit funktionierenden Beinen nicht schafft. 1996 ist er seinen ersten Marathon gefahren, ist schon bei Marathons in Amerika und Australien mitgefahren und hat insgesamt bei über 70 Marathons mitgemacht. Der Rollstuhl hält ihn auch nicht vom Tauchen oder Bungeespringen ab. Bei über 35 Sportarten für Rollstuhlfahrer gäbe es eigentlich für jeden etwas.

Die Schüler sind beim Basketballspielen schon schnell unterwegs. Arne Krippendorf ist begeistert. Es sei leicht gewesen, sich beim Basketballspielen an den Rollstuhl zu gewöhnen. Das liege zum einen an den guten Leuten, die es ihm beibringen, und am Spaß.

Leichte Steigungen werden im Rollstuhl zum Hindernis

Der Spaß steht den Schülern ins Gesicht geschrieben. In der Sporthalle ist kaum ein Wort zu verstehen bei der Lautstärke und der Stimmung. Mit mindestens genauso viel Elan wie in der Weltmeister-Mannschaft wird der Ball in den Korb geworfen.

Außerhalb der Sporthalle merken die Schüler aber auch die Herausforderungen am Rollstuhlfahren. Das beginnt schon beim normalen Gehweg. Für Fußgänger nicht sonderlich auffällig, wird es für die Schüler im Rollstuhl schnell zur Geduldsprobe. Der Gehweg ist leicht abfallend zur Straßenseite und führt beim Rollstuhlfahren zu einer einseitigen Armbelastung. Auch sehr kurze Ampelphasen und leichte Steigungen im Park werden zur Herausforderung.

Schüler sollen Hemmungen verlieren und Rollstuhlfahrern helfen

Die Schüler sollen für den Alltag eines Rollstuhlfahrers sensibilisiert werden und die Hemmung verlieren, Hilfe anzubieten. Das Projekt gibt es seit 2011 und kann von Schulen ab der sechsten Klasse gebucht werden. Jedes Jahr erreicht das Projekt mehrere Hundert Schüler, erzählt Paul Beyer. Er ist für die Kommunikation mit den Schulen verantwortlich.

Viele Kinder kommen mit Hemmungen in den Rollstuhl, „aber bis jetzt haben wir jeden bewegt bekommen“, erzählt er. Ziel sei es, Barrieren abzubauen. Je mehr Schüler das Projekt erreicht, desto mehr Kinder verstehen und erkennen Herausforderungen für Rollstuhlfahrer.