Kampf der MVB gegen Unkraut im Gleis Magdeburger Verkehrsbetriebe: Zurück zu Glyphosat statt Handarbeit?
Seit dem Glyphosatverbot in Magdeburg müssen die Verkehrsbetriebe Unkraut per Hand aus ihren Schottergleisen zupfen. Die AfD-Ratsfraktion will das ändern. Was die Stadt und die MVB sagen.

Magdeburg. - Seit einem Herbizidverbot auf städtischen Flächen müssen die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) ihre Schottergleise manuell von Unkraut befreien. Die AfD-Fraktion im Stadtrat will das jetzt per Antrag ändern. Das sagen die Stadtverwaltung und die MVB selbst zu dem Vorstoß.
Auf städtischen Flächen dürfen laut einem Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2018 kein Glyphosat oder andere Herbizide mehr verwendet werden. Grund: Glyphosat steht im Verdacht, Krebs auszulösen und hat laut Bundesamt für Naturschutz erhebliche Auswirkungen auf die Biodiversität.
Der Ratsbeschluss bedeutet für die Magdeburger Verkehrsbetriebe, dass die Unkrautbekämpfung in den Schottergleisen im Stadtgebiet seither per Hand ausgeführt werden muss. Das ist zeit- und personalaufwendig und teuer.
Mit sechs eigenen Kräften und beauftragten Fremdfirmen werden mehr als 60 Kilometer Schottergleise Jahr für Jahr von störendem Unkraut und Wildwuchs befreit.

Nicht etwa, damit es ordentlich aussieht, sondern weil es für die Verkehrssicherheit wichtig ist, wie die MVB erklären. Ein verunkrautetes Gleisbett beeinträchtigt die Stabilität der Schienen. Regenwasser kann nicht richtig abfließen, und die Bahnen rumpeln bei der Fahrt über unebene Gleise. Der Schotter sorgt für Stabilität und hält die Schienen in ihrer Position. Werden die Pflanzen nicht regelmäßig entfernt, verschleißen die Gleise schneller.
Glyphosatverbot: Unkrautbekämpfung per Hand ist teuer für die MVB
Für ihr Streckennetz gaben die MVB vor dem Glyphosatverbot pro Jahr rund 5.800 Euro aus, um die offenen Gleise unkrautfrei zu halten. Im vergangenen Jahr wurden für die händische Unkrautbekämpfung rund 85.000 Euro ausgegeben.
Die AfD-Fraktion im Stadtrat will mit einem Ratsantrag erreichen, dass den MVB zur Pflege der Gleise der Einsatz von Glyphosat oder andere Herbizide wieder erlaubt wird. Zudem soll die Oberbürgermeisterin beauftragt werden, zur Kostensenkung der Stadt und ihrer Eigenbetriebe weitere Ausnahmen zu prüfen.
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Der zuständige Beigeordnete für Stadtentwicklung und Umwelt, Jörg Rehbaum, reagiert in einer ersten Stellungnahme auf den AfD-Antrag eher skeptisch. Er verweist auf die Auswirkungen von Glyphosat und anderer Herbizide auf Gesundheit und Umwelt. Er macht aber auch klar, dass eine solche Ausnahmegenehmigung die Stadt nicht allein treffen könne. Hier muss die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) die Genehmigung erteilen. Und der Spielraum dafür sei sehr begrenzt.
Unkrautbekämpfung: Landesanstalt muss Ausnahmen genehmigen
Ungeachtet dessen habe die Verwaltung mit der Landesanstalt Kontakt aufgenommen. In einem ersten Schritt müssten die Flächen im Schienennetz der MVB ermittelt werden, die vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen überhaupt für den Einsatz von Glyphosat in Betracht kämen.
Die LLG würde dabei unterstützen und im Hinblick auf deren Ausnahmefähigkeit sondieren. Sollten tatsächlich Flächen ermittelt werden, die für eine Ausnahmegenehmigung in Betracht kommen, ist noch darzulegen, warum eine Unkrautbekämpfung nicht mit zumutbarem Aufwand auf eine andere Weise möglich ist.
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Die Hürden dafür wurden von der LLG als hoch beschrieben, sodass insbesondere lediglich wirtschaftliche Erwägungen wohl nicht ausreichen, so Rehbaum.
Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten wäre ein Glyphosateinsatz von Seiten der MVB zu begrüßen, hieß es. „Die Unkrautbekämpfung mit alternativen Methoden, die denselben oder nahezu ähnlichen Effekt wie Glyphosat haben, sind ungleich teurer. So würde uns die händische Entfernung des Unkrauts, in der Häufigkeit, die eigentlich notwendig wäre, in unserem Streckennetz über 1 Million Euro im Jahr kosten“, erklärte MVB-Sprecher Tim Stein auf Nachfrage.
Da diese Summe nicht aufbringbar sei, entstünden durch nicht beseitigtes Unkraut unter Umständen Schäden an der Infrastruktur, die ebenfalls mit hohem Kostenaufwand beseitigt werden müssten.
Die Verkehrsbetriebe hätten zu dem Thema sowohl zur Stadt, als auch zur Landesanstalt Kontakt aufgenommen. Aufgrund des derzeit noch gültigen Stadtratsbeschlusses gibt es seitens der MVB noch keine Entscheidung, ob ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung gestellt wird. „Dazu befinden wir uns in Abstimmungen“, so der Sprecher.
Wie die MVB muss auch die Havag in Halle zupfen
Die MVB stehen bei der händischen Unkrautbekämpfung in ihren Schottergleisen nicht allein da. Auch die Hallesche Verkehrs-AG (Havag) muss dafür Hand anlegen. Unkrautvernichtungsmittel wie Glyphosat werden nicht eingesetzt, wie eine Sprecherin auf Nachfrage erklärte.
Die Havag gehe mit Freischneidern oder Heckenscheren gegen Wildwuchs auf ihren etwa 60 Kilometern Schottergleisen vor. Wie viel Geld die Havag dafür aufbringen muss, konnte die Sprecherin nicht beziffern.
Einen Vorstoß wie in Magdeburg gibt es in Halle nicht. Der Antrag der AfD-Fraktion durchläuft zunächst die Fachausschüsse, bis er dann Ende April 2025 im Stadtrat zur Debatte auf der Tagesordnung steht.