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Geschichte Platzsuche fürs Magdeburger-Recht-Denkmal

Ein neuer Ideenwettbewerb fürs Denkmal Magdeburger Recht fällt aus. Doch wo der bestehende Entwurf umgesetzt wird, steht noch nicht fest.

Von Martin Rieß 11.06.2018, 01:01

Magdeburg l Wohin mit dem Denkmal fürs Magdeburger Recht? Ursprünglich wollte der Verein zur Errichtung des Denkmals dieses auf dem Ulrichplatz positionieren. Dann waren der Friedensplatz und das Gelände neben dem Allee-Center im Gespräch. Ernsthafte Kandidaten waren jetzt an der Jakobstraße: Ein paar Meter neben der Johanniskirche und neben der Einmündung der Julius-Bremer-Straße.

Der Gestaltungsbeirat, in dem Fachleute mit ihren Empfehlungen Bauvorhaben in Magdeburg zur Seite stehen, hat sich mit den potenziellen Standorten an der Jakobstraße befasst und ist zu der Überzeugung gekommen: Nein, diese Plätze wären ungeeignet. Während der Sitzung des Bauausschusses hatte Beiratsvorsitzender Carl Schagemann die Sicht des Gremiums vorgestellt: „Beide Stellen würden der Bedeutung des Denkmals nicht gerecht. Man darf dieses nicht an einem Standort minderer Qualität absetzen.“

Hinter der Ablehnung steht die Befürchtung, dass das Denkmal mangels fehlender Attraktivität der Umgebung die Menschen kaum zum Verweilen locken könnte. Und genau das soll es ja eigentlich tun: Die 13 Säulen für 13 Städte des Magdeburger Rechts sollen nach dem Entwurf von Claus Bury mit Sitzbänken verbunden werden, damit die Passanten es sich hier bequem machen können, miteinander ins Gespräch kommen können, ein Buch lesen können.

Denny Hitzeroth (SPD) zeigte sich zumindest zum Standort an der Einmündung der Julius-Bremer-Straße nicht abgeneigt. Er sähe eine solche Wahl eher als Auftrag: „Man sollte über die städtebauliche Entwicklung des ganzen Bereichs nachdenken. Und auch das BHW-Bürogebäude ein paar Meter weiter ist ja nicht der große Wurf und muss sicher nicht für immer bestehen bleiben.“ Hugo Boeck, der nicht in seiner Eigenschaft als Linke-für-Magdeburg-Stadtrat sondern als Vorsitzender des Vereins zum Aufbau des Denkmals erschienen war, zeigte sich diesem Platz auch nicht abgeneigt: „Er befindet sich schließlich in unmittelbarer Nähe zum historischen Standort des Schöffenstuhls.“

Doch der Gestaltungsbeirat geht noch weiter. Er plädiert – „ohne despektierlich wirken zu wollen“ – dafür, das Denkmal noch einmal komplett zu überdenken. Carl Schagemann brachte bei dieser Gelegenheit den Vorschlag ins Spiel, Künstler aus den 13 Städten zu einem Wettbewerb einzuladen. Es müsse darum gehen, einen Ort zu schaffen, der über die Grenzen Magdeburgs hinaus ausstrahle. Als Beispiel nannte der Architekt die Skulpturprojekte aus dem Jahr 1977, die heute ein Aushängeschild für das westfälische Münster sind. Offenbar kann das beratende Gremium ein solches Potenzial in dem Vorschlag mit Bänken, Säulen und Buchsbäumen nicht so recht erkennen.

Dieser Vorstoß allerdings ging den Stadträten zu weit. Thomas Brestrich (CDU) sagte so: „Man kann doch nicht die Arbeit von sechs Jahren einfach vom Tisch wischen.“ Und Falko Grube (SPD) meinte: „Es gab einen Wettbewerb. Ich hätte zwar einen anderen Vorschlag gewählt. Doch dieses Thema ist vorbei.“ Und auch Roland Zander von der Gartenpartei meldete sich entsprechend zu Wort. Hugo Boeck war von diesem Vorschlag auch wenig begeistert: „Wir haben in den vergangenen Jahren viel Energie und rund 12 000 Euro in das Vorhaben gesteckt. Für uns ist ein Zurück keine Variante.“

In Sachen Standort jedenfalls brachte CDU-Stadtrat Frank Schuster eine völlig neue Variante ins Spiel: „Wie wäre es denn mit dem Gelände zwischen dem Neubau der Städtischen Werke Magdeburg an dr Stelle des abgerissenen Blauen Bocks und Karstadt?“, fragte der Christdemokrat in die Runde. Zwar handelt es sich bei dem Gelände um kein städtisches Eigentum. Auf jeden Fall muss es aber nach der Neubebauung gestaltet werden und soll erklärtermaßen eine völlig neue Aufenthaltsqualität erhalten. Zwar haben die Städtischen Werke bereits angedeutet, dass sie an dieser Stelle Andeutung an die Magdeburger Moderne, die die Stadt ab Anfang der 1920er Jahre weltweit bekannt gemacht hatte, aufnehmen möchten. Doch konkrete Pläne liegen noch nicht vor. Carl Schagemann sähe in diesem Bereich jedenfalls keinen Platz, an dem das Denkmal „einfach abgestellt wird“, und auch Hugo Boeck zeigte sich für diese Idee offen.

Einstimmiger Beschluss folglich aus dem Bauausschuss: Die Stadtverwaltung möge doch bitte bei den Städtischen Werken, an denen die Stadt maßgeblich beteiligt ist, mal nachfragen, ob die neu zu gestaltende Fläche fürs Magdeburger-Recht-Denkmal in Frage kommt.

Magdeburg gehörte bis zu seiner Zerstörung 1631 zu den größten deutschen Städten und hatte europaweite Bedeutung. Dabei gingen von der Elbestadt Neuerungen in der Rechtsprechung aus, die bis dahin in Europa unbekannt waren und die in Grundsätzen bis heute im Rechtssystem verankert sind. Im Sinne der Kaufleute – Magdeburg war später lange nach Etablierung des Magdeburger Rechts sogar eine bedeutende Hansestadt geworden – war festgelegt, dass die Verfahren von durchreisenden Kaufleuten innerhalb eines Tages verhandelt wurden. Mit dem Magdeburger Stadtrecht wurde u. a. auch die Sippenhaft abgeschafft. Zu den Städten, die mit dem Magdeburger Stadtrecht arbeiteten, gehören Budapest, Kaunas, Kiew – wo auch ein großes Denkmal an das Rechtswerk von der Elbe erinnert –, Krakau, Minsk, Posen, Prag, Radom, Stendal, Trakai, Vilnius und Warschau.

Im Jahr 2011 wurde in Magdeburg ein Verein gegründet, der die Schaffung eines Denkmals für das Magdeburger Recht in der Elbestadt auf den Weg bringen möchte. Neben dem Werben um Spenden gab es einen Wettbewerb, bei dem der Vorschlag von Claus Bury aus Frankfurt gewann. Entwürfe gab es auch von Axel Anklam aus Berlin, Wieland Schmiedel aus Mecklenburg, Anatolij Waliev und Volodymyr Zhravel (beide aus Kiew).

Seit 2013 gibt es die Vortragsreihe des Zentrums für Mittelalterausstellungen, der Otto-von-Guericke-Universität und des Kulturhistorischen Museums zum Magdeburger Recht. Nächster Termin ist am 12. Juni 2018, 19 Uhr, im Museum in der Otto-von-Guericke-Straße 68 bis 72.  Marcel Korge von der Uni Leipzig spricht an diesem Tag über die „Soziale Fürsorge durch die vormodernen Handwerksorganisationen“.