Sanierung Ein Auszug auf Zeit

Sanierungen in Magdeburg bedeuten für Bewohner oft eine Belastung durch Lärm und Schmutz. Viele ziehen vorübergehend in Gästewohnungen.

Von Robert Gruhne 11.08.2016, 11:03

Magdeburg l Barbara Gerst hat es hinter sich. In ihrer frisch sanierten Zwei-Zimmer-Wohnung steht wieder alles an seinem Platz. Die Wobau erneuert derzeit vier Plattenbauten mit 176 Wohnungen an der Dequeder Straße im Stadtteil Neue Neustadt. Als auch Barbara Gersts Wohnblock an der Reihe war, war sie erst mal „völlig von der Rolle“, denn die 68-Jährige musste vorübergehend in eine Gästewohnung ziehen.

Doch sie war nicht allein: Martina Bombach vom Kundencenter Nord der Wobau kümmert sich in der Zeit der Sanierung um die Mieter. Diese sei für die Bewohner „schon eine Belastung, vor allem wegen des Baulärms und dem Schmutz überall“. Mit jedem Mieter wurden persönliche Gespräche geführt, wie die Beeinträchtigung am geringsten gehalten werden kann.

Von den 15 Mietparteien in Barbara Gersts Haus entschieden sich sechs für den vorübergehenden Auszug. Die Gästewohnungen sind voll möbliert, so dass nur die persönlichsten Gegenstände mitgenommen werden müssen. Den Rest ließ Barbara Gerst mit Folien abgedeckt in ihrer alten Wohnung.

Ihr Wohnblock wurde im Jahr 1968 errichtet. Seit 1984 – also fast ihr halbes Leben – wohnt Barbara Gerst hier und hat viele Erinnerungen an ihr Zuhause: „Ich habe miterlebt, wie der Block hier mitten auf den Acker gebaut wurde, und jetzt erlebe ich das sozusagen zum zweiten Mal, wie der neu gebaut wird.“

Nach so vielen Jahren ist eine Sanierung des Fünfgeschossers auch dringend nötig. Die alten Gasthermen haben ausgedient und werden durch neue elektrische Durchlauferhitzer ersetzt. „Da bauen wir gleich alles andere mit um“, erzählt Peter Lackner, der Geschäftsführer der Wobau. Neue Böden, neue Bäder und eine bessere Dämmung. Dafür wird das komplette oberste Stockwerk der Plattenbauten stillgelegt. Im Erdgeschoss wurden außerdem altersgerechte Wohnungen mit ebenerdiger Dusche geschaffen. Lackner erklärt: „Wir bringen das ganze Quartier auf moderne Standards, vor allem beim Brandschutz.“

Ganz gehen lassen wollte die langjährige Mieterin Barbara Gerst ihr Zuhause in dieser Zeit nicht. Ab und zu ist sie die zwei Haltestellen von der Gästewohnung an der Dr.-Grosz-Straße an die Dequeder Straße gefahren und hat nachgesehen, wie weit die Arbeiten am Haus sind. Eine aufregende Zeit für sie, zu sehen „wie aus dem Chaos eine Wohnung wird.“ Trotzdem wurde sie stets freundlich empfangen: „Die Handwerker haben mir so viel Mut zugesprochen und mich immer getröstet.“

Nach fünf Wochen Bauzeit konnte Barbara Gerst im Juli ihre neue Wohnung beziehen. „Wir haben die Fertigstellung so gelegt, dass Frau Gerst gleich von der Gästewohnung in die neue Wohnung ziehen konnte“, erzählt Henrik Wilhelm, der Bauleiter der Macom Bau GmbH, die den Bau ausführt. Sie nutzte die Gelegenheit nämlich gleich, um aus dem 4. Stock in eine baugleiche, frisch sanierte Wohnung im 2. Stock zu wechseln. Dort muss Barbara Gerst nun nur noch halb so viele Treppenstufen steigen. Der Umzug von oben nach unten ging „ruckzuck“, sagt sie, denn auch hierbei hatten sie Baufirma und Wobau unterstützt und eine Umzugsfirma vermittelt.

In ihrem neuen Zuhause fühlt sich Barbara Gerst wieder heimisch: „Die Wohnung ist wirklich schön geworden.“ Auch Geschäftsführer Lackner ist zufrieden: „Es gibt genug Luxussanierung in der Stadt, aber auch diese Wohnungen hier können sich sehen lassen.“ Die Nachfrage nach bezahlbaren, kleinen Wohnungen in Magdeburg ist gut.

Bald sind auch die letzten Handwerker im Haus weg, denn nur noch zwei Wohnungen und das Treppenhaus müssen gemacht werden. Im Oktober soll die Innensanierung abgeschlossen werden.

Nur von außen erkennt man von dem modernen Innenleben noch nicht viel. Voraussichtlich 2021 will die Wobau auch die Fassade des Blocks sanieren.