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300 Jahre Werder So erhielt die Zollbrücke in Magdeburg ihren Namen

Im Sommer 1722 wurde der Werder, die Insel zwischen den Elbströmen, erstmals besiedelt. Heimatforscher Nadja Gröschner und Frank Kornfeld berichten Interessantes aus der Geschichte des Werders. Am 16. Juli wird das Jubiläum mit einem Fest gefeiert.

Von Nadja Gröschner und Frank Kornfeld 07.07.2022, 10:00
Blick auf die Zollbrücke. Die Postkarte zeigt den Bereich vor 1945.
Blick auf die Zollbrücke. Die Postkarte zeigt den Bereich vor 1945. Fotos: Archiv Nadja Gröschner

Magdeburg - In den ersten Jahrhunderten unserer Stadtgeschichte gab es keine Brücken, die über die Elbe führten. Zum einen gab es noch gar nicht die Technik, um Brücken zu errichten. Zum anderen war die Elbe auch Grenzfluss, dem Feind auf der anderen Seite sollte kein Weg bereitet werden. Um aber dennoch Handel mit den Slawen und Wenden östlich der Elbe zu ermöglichen, nutzte man Furten durch das seichte Wasser.

Eine erste Brücke wurde in Domhöhe erwähnt, 1275 stürzte diese während einer Prozession aber ein, dabei kamen 300 Menschen ums Leben. Einige Quellen erwähnen 1422 eine „Steenbrugge“ am Brücktor. In einer Topographie der Stadt Magdeburg von 1847 wird diese Strombrücke wie folgt beschrieben: „Die Strombrücke ist 274 Fuß lang aus zwei massiven Bögen und vier hölzernen Jochöffnungen zusammengesetzt und an den Seiten sowohl mit sandsteinernen Trottoirs als auch mit zwei Bänken an ihren Ausbuchtungen und mit Säulen zur Einfassung versehen.“ Diese Brücke bestand bis 1862, in dem Jahr wurde ein Strombrückenneubau realisiert.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs von der Wehrmacht gesprengt, folgte eine Notbrücke. Die heutige ohne Bögen errichtete Strombrücke wurde dann am 6. Oktober 1965 eingeweiht. Seit dieser Zeit gibt es Pläne zur Verlängerung des Brückenzuges in Richtung Osten. Nun wird das Projekt umgesetzt und wir sehen der Eröffnung 2023 entgegen.

Auf dem Gralswerder in Magdeburg fanden Turniere statt

Der Strombrücke folgt die Zollbrücke. Diese war ursprünglich eine hölzerne Konstruktion und wurde als Gralsbrücke bezeichnet. Der Name kommt vom Gralswerder, wo schon in frühester Zeit Turniere stattfanden. In einer Sage wird vom ersten deutschen Turnier in Magdeburg im Jahr 938 erzählt. Das geschah zur Erhöhung der Kampfbereitschaft unter Otto I. Ein Nachweis über ein Turnier geht in das Jahr 1279 zurück. Nach der Messe im Dom, vermutlich auf dem Bauplatz des Domes, zog der Schützenzug zum Gralswerder auf das Festgelände.

Um die Schifffahrt, die im Magdeburger Stadtgebiet durch das schmale Elbbett, die enge Brückendurchfahrt auf der Stromelbe und unzählige Schiffsmühlen stark behindert wurde, zu entlasten, plante man ab 1746 die Einrichtung einer Schleuse. Diese Schleuse wurde angelegt auf Befehl von Friedrich II, der die Pläne dafür persönlich entwarf. Es war ein Kanal, zwischen der Stromelbe und Zollelbe, mit einer Sandsteinschalung und Boden aus Eichenbohlen. Auf beiden Seiten befanden sich Schutztore. Die Länge betrug 60 Meter, die Breite 6 Meter bei einem Gefälle von 30 Zentimetern.

Verkehr sorgt für weitere Elbquerungen

Die Stadt wurde angewiesen, einen Klappmechanismus in die Gralsbrücke einzubauen, um den Schiffen ungehinderte Durchfahrt zu gewähren. Nun musste Brückenzoll entrichtet werden. Sowohl von den Schiffen als auch von den Fuhrwerken. So bekam das Bauwerk den Namen Zollbrücke. Diese wurde 1882 durch die noch heute stehende Steinbrücke mit den vier allegorischen Figuren ersetzt.

Als nächste Brücke folgt die Lange Brücke, die heutige Anna-Ebert-Brücke. Diese wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört und erst 1666 wieder aufgebaut. Sie wurde ebenfalls 1882 durch einen Neubau ersetzt.

Durch die Zunahme des Verkehrs plante der Magdeburger Magistrat 1899 den Bau einer Nordbrücke über die Stromelbe. 1903 wurde sie als Königsbrücke eingeweiht. Die Bogenbrücke mit den zwei imposanten Toren wurde 1927 in Hindenburgbrücke umbenannt. Ihre Zerstörung erfolgte in den letzten Kriegstagen durch die Wehrmacht. 1952 begann der Wiederaufbau als Wilhelm-Pieck-Brücke.

Wege auf dem Werder in Magdeburg wurden zu Straßen 

Aufgrund des stark gewachsenen Straßenverkehrs begann 1994 stromabwärts der Neubau einer weiteren Elbebrücke für den westlichen Richtungsverkehr, beide Brücken heißen heute Jerusalembrücke.

Interessant sind auch die Hintergründe der Namensgebung der Straßen auf dem Werder. Als einzige Straßenverbindung gab es von der Zollbrücke aus den Weg entlang der Zollelbe, welcher Mitte des 18. Jahrhunderts den Namen Zollstraße erhielt. Mit der weiteren Besiedlung wurden weiter Wege angelegt. So der Mittelweg und der Gartenweg. Mit dem Bau von großen Mietshäusern in der Gründerzeit waren auch neue Straßen vonnöten.

Aus dem Mittelweg und Gartenweg wurden Straßen. Die Mittelstraße wurde erst mit Anlegung der Pferdebahn 1882 zur Zollbrücke durchbrochen. Es folgte die Badestraße, die zur Schwimmanstalt Katerbow führt. Dann die Kahnstraße, in Erinnerung an die vielen Kähne, die auf der Elbe verkehrten.

Magdeburg und der Blick nach Arkona

Die Arkonastraße, vermutlich erinnerte der Blick über die Elbe zur Altstadt an Kap Arkona. Die Weidenstraße erinnert an die Zeit der Weidenanpflanzungen auf dem Werder. Hinter den Holzstrecken, erst seit Mitte der 1950er Jahre so bezeichnet, vormals Hubbestraße, erinnert an den Beginn der Besiedlung durch Holzhändler. Die Lückestraße ist nach der Stifterin Ida Lücke benannt, die unter anderem auf dem Werder ein Heim für unverheiratete oder verwitwete „Damen gebildeter Stände“ gründete.

Die Oststraße ist nach ihrer Himmelsrichtung benannt. An ihr lagen unter anderem die Badeanstalt „Ostende“, der Magdeburger Ruder Club und die Radrennbahn. Die Wasserstraße verbindet die Gartenstraße mit der Oststraße, an ihr lag bis 1905 das Feuerwehrhäuschen.

Blick auf die Königsbrücke in Magdeburg.
Blick auf die Königsbrücke in Magdeburg.
Archiv Nadja Gröschner

Und zuletzt die Theaterstraße, die ihren Namen vom Victoria-Theater hatte. Nach Abriss des Theaters 1930 wurde die Straße umbenannt in Lingnerstraße. Nach Karl August Lingner, 1861 in Magdeburg geboren, Unternehmer, der hauptsächlich in Dresden wirkte und dort 1892 ein noch heute beliebtes Mundwasser auf den Markt brachte.