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Notfall in der Luft Warum ein Frachtflugzeug eine deutlich sichtbare Spur am Himmel über Magdeburg hinterlässt

Stundenlang kreist eine Boeing in Notlage am Dienstagabend über Magdeburg. Am Ende geht alles gut - allerdings zog das Flugzeug eine gut sichtbare Spur am Himmel - viele Menschen hatten daraufhin Fragen.

Von Rainer Schweingel, Sabine Lindenau und Thomas Schäfer Aktualisiert: 20.07.2023, 11:28
Die Boeing kreist hier über dem Magdeburger Stadtteil Kannenstieg mit einer deutlich sichtbaren Spur.
Die Boeing kreist hier über dem Magdeburger Stadtteil Kannenstieg mit einer deutlich sichtbaren Spur. Foto: Jörg Etterwendt

Magdeburg - Ein über Magdeburg und dem Umland kreisendes Riesenfrachtflugzeug hat am Dienstagabend (18. Juli 2023) die Blicke Tausender Menschen auf sich gezogen. Mittlerweile ist klar: Beim ungewöhnlichen Flug handelte sich um eine US-Boeing 747-4B5 in einer Notlage. Die Gefahr konnte nach knapp zwei Stunden gebannt werden. Doch viele Menschen am Boden hatten anschließend Fragen. Die Volksstimme klärt auf.

Lesen Sie dazu auch: Boeing 747 muss Kreise über Magdeburg und der Altmark ziehen

Jörg Etterdent sitzt am Dienstag auf seiner Terrasse im Kannenstieg und freut sich auf das Abendbrot. Doch bevor er den ersten Bissen runterschluckt, fällt sein Blick auf ein eigenartig langsam fliegendes großes Flugobjekt über seinem Wohngebiet. „Ich habe zu meiner Frau gesagt: Hole mal schnell das Fernglas.“ Als er durchblickt, sieht er: Es ist ein Riesenflieger, den er so über seinem Haus noch nie gesehen hat.

Frachtflugzeug zieht am Himmel Kreise: Dreimal steuert der Riesenvogel Magdeburg an

Mehr als eine Stunde wiederholt sich des Prozedere dann insgesamt dreimal. „Ich bin hoch zu meiner Dachluke, weil ich von dort aus bessere Fotos machen konnte“, erzählt er weiter. Fortan durchforstet er das Internet nach mehr Informationen und merkt schnell: Mit seinen Beobachtungen rund um den Riesenvogel über der Stadt ist er nicht allein. Im Internet finden sich unzählige Einträge.

Über Diesdorf, Stadtfeld-West, über Schönebeck, und vielen anderen Gemeinden rund um Magdeburg wird die Boeing immer wieder gesichtet, teils mit auffälligen Schwaden, die sie hinter ihren Tragflächen herzieht.

Frachtflugzeug über Sachsen-Anhalt: Boeing dreht Runden über Magdeburg

Aus Gommern beschreibt eine Leserin ihr Erlebnis so: „Was war das für ein Flugzeug, das drei Mal über Gommern gekreist ist? Im Tiefflug. So etwas gab es noch nie.“ Diese Fragen stellen sich auch Besucher der Strandbar oder Spaziergänger in der Abenddämmerung an der Elbe – auch dort ist die Boeing zu sehen.

Auflösung über den Vorfall gibt es dann erst am Dienstag, als das Frachtflugzeug längst wieder an seinem Startflughafen in Leipzig-Schkeuditz sicher gelandet ist. Tatsächlich war am Dienstagabend eine Boeing 747 in mehreren Runden über den Großraum Magdeburg geflogen.

Ziel sind die USA - Doch das Flugzeug muss sehr schnell umkehren

Der Frachtflieger mit dem Ziel Cincinnati/USA hatte um 20.33 Uhr vom Flughafen Leipzig/Halle abgehoben und musste die geplante Route Richtung Amerika noch in Sachsen-Anhalt verlassen. „Die Maschine hatte technische Probleme und wurde daher wieder nach Leipzig zurück beordert“, so Arne Schwerin, stellvertretender Pressesprecher des Flughafens. 22.30 Uhr landete die Maschine wieder in Leipzig.

Da die Tanks der Maschine der amerikanischen Fluggesellschaft Kalitta Air jedoch zu voll für eine Landung gewesen seien, habe die Boeing insgesamt drei große Schleifen über Magdeburg, dem Landkreis Börde und der Altmark ziehen müssen, um Treibstoff zu verbrennen und damit Gewicht zu verlieren.

Das sei ein Standardprozedere, so der Flughafensprecher. „Welcher Art die Probleme gewesen sind, dazu kann ich keine Auskunft geben. Das müsste die amerikanische Airline machen“, sagt Arne Schwerin. Ein Kontakt dorthin war am Mittwoch nicht mehr möglich.

Verwirrung um Kerosin - abgelassen oder nicht?

Interessant: Anfangs hatte es seitens der Pressestelle des Flughafens noch geheißen, dass ausdrücklich kein Treibstoff abgelassen worden sei. So war zunächst die Informationslage. Gegen 13.50 Uhr gab Arne Schwerin jedoch eine anderslautende Information heraus. „Ich muss mich korrigieren. Laut Luftfahrtbundesamt wurde doch Kerosin abgelassen, ein sogenanntes Fuel-Dumping“, so Arne Schwerin.

Über die Menge und über welchem Gebiet ist vorerst nichts bekannt. Laut einer Liste des Luftfahrtbundesamtes sollen es 94 Tonnen gewesen sein.

Wie viele Diskutanten im Internet hatte auch Jörg Etterdent aus dem Kannenstieg von Anfang an nicht glauben wollen, dass kein Kerosin abgelassen worden sei. „Auf meinen Fotos sieht man ja, wie der Flieger dunkle Streifen hinter sich herzieht. Das könnte schon Kerosin sein“, mutmaßt er.

Flugzeug lässt Kerosin ab: Notfallmaßnahme ist zugelassen

Ganz grundsätzlich können laut Luftfahrt-Bundesamt Flugzeuge in Ausnahmesituationen einen sogenannten Treibstoffschnellablass durchführen. Dies sei eine Notfallmaßnahme, die nur in Ausnahme- oder Notsituationen zulässig und auch durch EU-Recht gedeckt sei.

Das Flugzeug lasse beispielsweise Kerosin ab, wenn es einen medizinischen Notfall an Bord gibt oder es aber ein technisches Problem gebe. Grund für den Treibstoffschnellablass ist, dass die Flugzeuge kurz nach dem Start noch volle Tanks haben und damit viel zu schwer für eine sichere Landung seien. Durch das Ablassen des Treibstoffs in der Luft verringert sich das Flugzeuggewicht deutlich.