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Stadtgeschichte Warum in Magdeburg eine ehemalige Bahnstrecke den Namen „Kanonenbahn“ trägt

Der Radweg entlang der ehemaligen „Kanonenbahn“ verläuft längs durch den Osten von Magdeburg, ehe er die Kanonenbahnbrücke an der Alten Elbe erreicht. Mit dem historischen Vorbild hat die Bezeichnung allerdings nichts gemein.

Von Konstantin Kraft 25.12.2021, 08:14
Auf der Brücke über die Alte Elbe in Magdeburg rollten einst Panzer. Allerdings nicht auf dem Weg nach Metz in Frankreich.
Auf der Brücke über die Alte Elbe in Magdeburg rollten einst Panzer. Allerdings nicht auf dem Weg nach Metz in Frankreich. Foto: Konstantin Kraft

Magdeburg - Quer durch den Magdeburger Osten erstreckt sich ein beliebter Rad- und Fußweg. Er soll sich am Verlauf der ehemaligen „Kanonenbahn“ orientieren. Gleich hinter dem Heumarkt trifft das etwa vier Kilometer lange Streckenstück dann auf eine denkmalgeschützte Eisenbahnbrücke über die Alte Elbe. Auch sie trägt umgangssprachlich den Namen „Kanonenbahnbrücke“. Darüber hinaus gibt es in Brückfeld sogar eine Straße, die den Namen „An der Kanonenbahn“ trägt. Aber woher rührt diese Namensreferenz?

Tatsächlich ist die historisch verbriefte „Kanonenbahn“, die um 1870 als militärstrategische Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Metz in Elsass-Lothringen genutzt wurde, gar nicht durch Magdeburg verlaufen.

Auf diesen Umstand wies uns Volksstimme-Leser Walter Schremmer hin, nachdem an dieser Stelle unlängst über ein aktuelles Straßenbauprojekt als Lückenschluss zwischen dem Ziegelei-Privatweg (Stadtteil Berliner Chaussee) sowie dem „Fuß- und Radweg an der ehemaligen Kanonenbahn“ berichtet worden war.

Die „Kanonenbahn“, die im Nachgang des Deutsch-Französischen Krieges gebraucht wurde, passierte die Elbe von Berlin in Richtung Frankreich auf der Elbebrücke bei Barby.

Verlängerung der ersten „Preußenbahn“

Der schon lange stillgelegte und zurückgebaute Bahnstreckenverlauf von Biederitz nach Buckau durch den Magdeburger Osten, der heute unter anderem als Geh- und Radweg fortgenutzt wird, hat seine historische Verankerung dagegen als Verlängerung der ersten preußischen Eisenbahnstrecke, der „Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahngesellschaft“, die um 1846 in Betrieb gegangen war.

Von Burg über Niegripp und Hohenwarthe, vorbei an Biederitz und über die markanten Brücken im Umflutkanal, die dort heute noch stehen, hielt sie auf ihrer Fahrt in Magdeburg-Friedrichstadt (heute Brückfeld) und nach Überfahrt der Brücke über die Alte Elbe sowie der Hubbrücke (Stromelbe) am alten Elbbahnhof.

Mit dem Anschluss des neuen Magdeburger Hauptbahnhofes in den 1870er Jahren ging eine Neutrassierung in Richtung Burg einher. Damit verlor die alte Strecke durch den Osten von Magdeburg zunehmend an Bedeutung, ehe sie zum Ende der 1990er Jahre stillgelegt wurde.

Prägung durch Panzer-Züge aus dem Grusonwerk

Die umgangssprachliche Bezeichnung der ehemaligen Bahnstrecke durch Ostelbien als „Kanonenbahn“ hat aber doch eine Gültigkeit. Der Umstand, dass noch zu Zeiten der Magdeburger Festung in der Friedrichstadt ein großer Kasernenkomplex bestanden hatte, spielt dabei jedoch keine Rolle, wie Helmut Menzel, Leiter der Fachgruppe Militär- und Garnisonsgeschichte Magdeburg, auf Nachfrage aufklärt. Der Fachmann kann indes zugleich den vermutlichen Ursprung für die begriffliche Entstehungsgeschichte der „Kanonenbahn“ nennen.

Während des Zweiten Weltkrieges sind in den Grusonwerken Panzer produziert worden. Diese seien dann per Bahn von Buckau durch den Magdeburger Osten nach Königsborn in das „Heerespanzerzeugamt“ transportiert worden, wo sie schließlich für den Fronteinsatz komplettiert wurden. „Der Volksmund hat eine Kanonenbahn daraus gemacht“, sagt Menzel.

Unterstützt wurde dies dann sicherlich auch noch durch die Präsenz der sowjetischen Truppen im Osten von Magdeburg nach 1945, die ebenfalls den ein oder anderen Militärtransport entlang der „Kanonenbahn“ fahren ließen.