Trauer und Trost im Todesjahr Wie ein Künstler Buckau veränderte – Magdeburg erinnert an Jürgen Hänel
Ein Mensch, der Begegnungen schuf – und ein Stadtviertel prägte. Zum zehnten Todestag erinnert Buckau an Jürgen Hänel. Die Ausstellung „Spuren hinterlassen“ erzählt seine Geschichte. Ab 29. August in der Kunstwerkstatt in Magdeburg.

Magdeburg. - Es gibt Menschen, die gehen, ohne große Wellen zu schlagen. Und es gibt Menschen, deren Spuren bleiben – nicht in Monumenten, sondern in den Gesprächen, die man führt, in den Orten, die man betritt. In Magdeburg gehörte Jürgen Hänel zu diesen Menschen. Einer, der aus Scherben Geschichten machte, an grauen Fassaden farbige Ankerpunkte schuf und in Buckau Orte der Begegnung entstehen ließ. Ein Netzwerker mit Mission, der 2015 plötzlich und viel zu früh verstarb.
Ein Visionär für Magdeburg, Buckau und die Kunst
Jürgen Hänel (1955-2015) war einer jener Treiber, die den Wandel des einst tristen Arbeiterviertels Buckau voranbrachten – hin zu einem Kiez, der heute für Kunst, Kultur und Kreativität steht.
Zum zehnten Jahrestag seines Todes erinnert nun die Ausstellung „Spuren hinterlassen“ in der Stadtteilgalerie „Kunstwerkstatt“ an das Leben und Wirken des Künstlers – kuratiert von Leilani Heinicke, seiner Partnerin.
Die Vernissage findet am Freitag, 29. August 2025, um 19.30 Uhr in der Schönebecker Straße statt. Gezeigt werden ausgewählte Bilder, ergänzt durch Zeitungsartikel und Filmmaterial: Jürgen im Gespräch, Jürgen im Stadtteil, Jürgen mit Tabak in der Hand – nachdenklich über die Zukunft sinnierend.

Schauspieler Jochen Gehle eröffnet die Ausstellung. Weggefährten aus Magdeburgs und Bremens Kunst- und Kulturszene füllen den Abend mit Erinnerungen, Gesprächen, Erfahrungen.
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„Wirken und bewirken“ – Hänels Lebensmotto
Die Ausstellung zeigt nicht nur Werke, sie will auch ein Lebensgefühl zurückholen. Denn Jürgen Hänel sagte einst von sich, er wolle „wirken und bewirken“. Spuren hinterlassen – darin sah er den Sinn seines Lebens.
Nicht Ruhm, nicht Denkmäler, sondern Impulse, die weitergehen. „Eitelkeit war ihm fremd“, erzählt Leilani Heinicke. „Oft glaubte er, andere würden mehr bewegen als er selbst.“ Dabei erkannte er selten, wie viel er selbst geschaffen hatte - für Magdeburg, für die Kunst, für Buckau.

Seine Offenheit war seine Handschrift. Aus Bremen brachte er die Erfahrung mit, mit Profis, Kindern oder Menschen mit Behinderung zu arbeiten. Kunst als Einladung, als Möglichkeit für alle – das war sein Credo.
Ein Fenster zur Stadt – und zur Gemeinschaft
Legendär wurde die Fensteraktion an der ehemaligen Sket-Fassade in der Schönebecker Straße, damals Magdeburgs längste Straßengalerie: 25 Fabrikfenster, bemalt von Kindern, Berufsschülern, Nachbarn, Künstlern – ein buntes Band, das einen ganzen Straßenzug verwandelte.
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Wo andere Leerstand sahen, sah er Chancen
Wo andere Leerstand sahen, sah Jürgen Hänel Chancen. Wo andere sagten: „Da geht nichts mehr“, nahm er den Pinsel in die Hand.
Dabei verstand er sich nie als Einzelkämpfer. Er suchte den Austausch, tauchte in Ateliers auf, stellte Fragen, regte Kooperationen an. Manche seiner Ideen blieben Skizzen, andere wuchsen zu Großprojekten – stets mit dem Ziel, Gemeinschaft zu stiften und Kultur in Magdeburg greifbar zu machen.
Ein Ort bleibt – die Kunstwerkstatt
Seine 2008 eröffnete Kunstwerkstatt im Buckauer Engpass – damals noch mit Weinladen – wurde zum Treffpunkt - und ist es bis heute. Auch der jährlich stattfindende Heinz-Kunstmarkt gehört zu seinem Erbe.
Hänel engagierte sich in Magdeburg ebenso in der Flüchtlingshilfe wie für Menschen mit Beeinträchtigung. Die Ausstellungsreihe „Verrückt nach Kunst“ gab beispielsweise Menschen mit Handicap die Cance, ihre Kunst zu präsentieren. Hänels Grundsatz: Kunst ist nichts Elitäres, sondern Gemeinschaft.
Geschichte und Geschichten des Kiez in Buckau
An all diese Spuren erinnert nun die Ausstellung. Und vielleicht holt sie für einen Moment auch jenes Lebensgefühl zurück, das Jürgen Hänel stiftete und verkörperte: Mut zum Ausprobieren, Lust auf Begegnung, Freude am gemeinsamen Gestalten.
„Spuren hinterlassen“ ist mehr als ein Ausstellungstitel. Es ist eine Bestandsaufnahme dessen, was war und was geblieben ist: Geschichte und Geschichten des Kiez in Buckau.